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Wie sieht "gute" Kurzarbeit aus?

Schwarzach - Über das beste Modell als Alternative zu Massenkündigungen streiten sich die Experten. Eine davon wäre die Kurzarbeit - doch wie sieht "gute" Kurzarbeit aus?

700 Betriebe österreichweit mit mehr als 150.000 Mitarbeitern leben von ihren Zulieferungen an die Autoindustrie, die sich kontinental und global in einer nie da gewesenen Abwärtsspirale befindet. Beim AMS wurden bundesweit schon über 29.000 „Frühwarnungen“ deponiert – und niemand weiß, ob’s zum Jahreswechsel vielleicht schon doppelt so viele sind. Umso lauter ertönt jetzt der Ruf nach einer Alternative zu Massenkündigungen: Kurzarbeit ist angesagt.

Berlin als Benchmark

Der FPÖ-Wirtschaftssprecher im Landtag, Ing. Fritz Amann, forderte schon vor Tagen, es den Deutschen gleichzutun: Die Regierung in Berlin hat soeben eine Zuzahlung für Kurzarbeit mit 60 Prozent des letzten Lohns auf 18 Monate verlängert. Die Bundes­agentur für Arbeit stellt die nötigen Mittel bereit. Dazu gestern ÖGB-Landeschef Norbert Loacker auf „VN“-Anfrage: „Auch im Land gibt es Unternehmen, die seit sagen wir zwei Monaten ohne viel Aufhebens ein Dutzend oder mehr Mitarbeiter abservierten. Die Firmen hierzulande haben einfach große Scheu, die Notwendigkeit vorübergehender Kurzarbeit öffentlich einzugestehen – dabei wäre dies eine viel sozialere Vorgehensweise als Mitarbeiter zu kündigen.“

Nicht gleich 18 Monate

Auch er sympathisiert mit dem Amann-Modell, vor allem weil es die Einkommensverluste in erträglichen Grenzen hielte. „Andererseits bin ich nicht so pessimistisch, hier gleich eine 18-Monate-Per­spektive zugrundezulegen – wenn Staaten und zuständige Organisationen jetzt richtig agieren, sieht die Welt schon im Frühjahr viel freundlicher aus“, outete sich Loacker trotz allem als Optimist. AMS-Landeschef Anton Strini wies darauf hin, dass früher im Land praktizierte Kurzarbeit (z. B. bei Head oder Grass) auf drei Monate ausgelegt war, was vor dem aktuellen globalen Hintergrund gewiss eine zu kurze Spanne wäre. „Es bringt nichts, wenn eine Firma ein Paket für sechs Monate schnürt, und dann müssen wegen noch immer lahmer Konjunktur dennoch Mitarbeiter gekündigt werden“, plädierte gestern auch Strini für einen mindestens einjährigen Durchrechnungszeitraum.

Bräuchte neue Regelung

Generell gab Strini zu bedenken, dass Kurzarbeit der betrieblichen Sozialpartnervereinbarung bedarf, bei uns aber viele Klein- und Mittelbetriebe auf gar keinen Betriebsrat zurückgreifen können, und dass jedes neue (zeitlich erweiterte) Modell von den Sozialpartnern auf Bundesebene abgesegnet werden müsste. Der scheidende Wirtschaftskammer-Präsident Komm.-Rat Kuno Riedmann sprach sich auf unsere Anfrage gegen neue Kurzarbeits-Konstruktionen aus.

Kein Unfähigkeitsindiz

„Wenn das Haus brennt, nimmt man die Feuerwehr, die sofort löschen kann, statt auf eine andere vielleicht schlagkräftigere zu warten“, hält Riedmann „nichts von hektischen Experimenten, wenn man zumindest jetzt auf Bewährtes zurückgreifen kann“. Kurzarbeit müsse in Vorarlberg „gesellschaftsfähig“ gemacht werden. „Klar sagt keiner gern, dass er das Instrument vorübergehend anwenden muss – wenn jedoch darüber Konsens erzielbar ist, dass Kurzarbeit kein Indiz für Unfähigkeit oder gar für Scheitern ist, sind mir kurzarbeitende Firmen allemal lieber als massenweise Personal abbauende Firmen“, formulierte Riedmann sein Credo. Als export-exponierter Wirtschaftsstandort seien unsere Unternehmen von der Krise nun einmal stärker betroffen als heimmarktlastige Firmen, so Riedmann.

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