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„Wer weiß, vielleicht werde ich noch Landwirt“

©MiK
Der Herr über Lindsey Vonn, Aksel Svindal, Anna Fenninger und Co. Rainer Salzgeber, Head-Rennsport­leiter und ­Ex-Skiläufer, im WANN & WO-Sonntags-Talk.
Amanda Wachter tritt in große Fußstapfen

WANN & WO: Können Sie sich an ihre ersten Schwünge erinnern?

Rainer Salzgeber: Das ist schon so lange her. Ich denke mit vier, fünf Jahren war das. Gelernt habe ich es mit meinem Vater und meinem Bruder, nicht im Skikurs. „Richtig“ dann im Wintersportverein ­Tschagguns.

WANN & WO: War der Wunsch einmal Profi­sportler zu werden immer schon da?

Rainer Salzgeber: Das hat sich eher entwickelt, Schritt für Schritt. Der Skisport war damals ein cooles Spielfeld. Alle waren interessiert, es hatte einen hohen Stellenwert, generell ein hohes Ansehen in der Gesellschaft. Bei uns hatte man ja nicht allzu viele Optionen. Im Winter war einfach überall Schnee, was macht man da sonst? Ballsportarten kamen für mich nicht in Frage, weil ich kein Gefühl für den Ball habe (lacht). Somit bin ich beim Skifahren geblieben.

WANN & WO: Gab es einen Plan B?

Rainer Salzgeber: Meine Eltern haben mich immer unterstützt. Ihnen war auch wichtig, dass meine Schulausbildung stimmt. Ich habe in Stams maturiert, das ließ alle Türen offen, auch für ein Studium. Das kam definitiv in Frage, vermutlich an einer Fachhochschule.

WANN & WO: In Richtung Sport?

Rainer Salzgeber: Nein, das Interesse wäre bei mir eindeutig im technischen Bereich gelegen.

WANN & WO: War schon zu Schulzeiten ein Konkurrenzkampf bemerkbar?

Rainer Salzgeber: Ja schon. Geschenkt wurde einem nichts, der Leistungssport prägt für ein gewisses Maß an Disziplin.

WANN & WO: Wie sind Sie mit Entbehrungen um gegangen?

Rainer Salzgeber: Die positiven Erlebnisse kompensieren viel. Ich bin mit 16 das erste Mal in die USA geflogen. Man ist im ganzen Zyklus drinnen und nimmt das nicht als Entbehrungen wahr.

WANN & WO: War Anita zu dieser Zeit schon im Gespräch?

Rainer Salzgeber: Kennengelernt habe ich sie vermutlich schon im Skiclub mit sechs Jahren. Der Rest hat sich dann einfach ergeben. Jetzt sind wir schon fast 30 Jahre zusammen, hätten also schon beinahe die Goldene Hochzeit gefeiert.

WANN & WO: Hätten. Werden Sie Anita irgendwann noch heiraten?

Rainer Salzgeber: Ja. Der Plan sieht zumindest so aus. Als Angelina – unser zweites Kind unterwegs war – hat mich der damalige Pfarrer einmal angesprochen. Ich war mit dem Mountainbike unterwegs, er hat eine Wanderung gemacht. Er meinte: „Herr Salzgeber, jetzt müssten Sie sich doch sicher sein. Man setzt schließlich kein zweites Kind in die Welt, ohne verheiratet zu sein.“ Für uns macht es keinen Unterschied, ob wir den Ring am Finger tragen oder nicht. Als „richtiger“ Vorarlberger würde es sich zwar gehören (lacht).

WANN & WO: Bleibt bei Ihrem stressigen Job überhaupt Zeit für die Familie?

Rainer Salzgeber: Wir versuchen, die gemeinsame Zeit, die wir haben, gut zu nützen. Die Interessen meiner beiden Mädels liegen auch im Sport, so lässt sich die Freizeit gut gestalten. Ich habe gerade eine Reisekostenabrechnung gemacht und die Tage, die ich unterwegs war zusammen gezählt. Das waren seit 1. Jänner 34 Tage (Anm.: das Interview fand am 18. Februar statt). Grundsätzlich kann ich schon sagen, dass ich zu viel unterwegs bin. Das Frühjahr ist noch einmal sehr intensiv, im Sommer habe ich dann ein bisschen mehr Zeit. Die gehört natürlich ganz meiner Familie.

WANN & WO: Bei der Weltmeisterschaft 1993 in Morioka holten Sie die Silbermedaille im Riesenslalom – vermutlich einer Ihrer größten Erfolge. Können Sie dem ­zustimmen?

Rainer Salzgeber: Schwierig, ich glaube es war die Zeit nach der WM 1993. Ende Februar hatte ich mich schwer am rechten Knie verletzt. Mir wurde geraten, ein Jahr auszusetzen. Im Oktober, also etwa ein halbes Jahr danach, bin ich in Sölden unter die Top 10 gefahren. Das war für mich persönlich einer der größten Erfolge.

WANN & WO: Stichwort Verletzung: Im Head-Rennstall sind einige Topläufer verletzt. Wie zufrieden sind Sie mit der bisherigen Saison?

Rainer Salzgeber: Wir blicken mit einem weinenden und lachenden Auge darauf zurück. Im Hinblick auf die Statistik, sind wir sehr zufrieden. Viele Top-Athleten haben sich heuer schwer verletzt. Das Ziel von uns allen ist es natürlich immer, den Gesamt-Weltcup zu gewinnen. Das sah heuer wirklich gut aus mit Aksel Svindal. Man malt sich natürlich bei jedem Rennwochenende aus, was wäre, wenn er sich in Kitzbühel nicht verletzt hätte. Aber eben: hätte, wäre, wenn … (lacht).

WANN & WO: Als Rennsportleiter haben Sie eine gewisse Verantwortung. Nehmen Sie die bewusst wahr?

Rainer Salzgeber: Wenn man eine Abteilung leitet mit 30 Personen, ist das ein Teil. Dazu kommen die Athleten, also schon eine gewisse Verantwortung. Unterm Strich muss das Unternehmen profitieren. Das ist jeden Tag eine neue Challenge. Oft kommen Entscheidungen auf mich zu, die nicht einfach sind.

WANN & WO: Mit den Skigrößen der Welt per Du zu sein, ist ein Traum von vielen. Wie kann man sich das vorstellen?

Rainer Salzgeber: Etwas, das ich für mich festgestellt habe: Die „Big Names“ sind auch nur Menschen. Teilweise ist man enttäuscht, oft aber auch überrascht von den Ansichten. Was mir grundsätzlich taugt ist die Tatsache, dass die Topstars wichtige Entscheidungen selbst treffen. Sie wissen genau, was sie wollen.

WANN & WO: Medial macht das aber einen anderen Anschein.

Rainer Salzgeber: Der Verband kann mit seinen Verbindungen schon eine zentrale Rolle spielen – der Fall Fenninger war sehr präsent in den Medien. Ob das dann gut oder schlecht ist, sei dahin gestellt. Als Sportler muss man aber einfach die Größe haben, zu sagen, so ist das. Paradebeispiel war Bode Miller. Er hat einfach gemacht, was er will.

WANN & WO: Der Großteil Ihrer Zeit dreht sich ums Skifahren. Gibt es noch andere Interessen?

Rainer Salzgeber: Wir sind eine kleine Gruppe, die sich zum Motorrad fahren trifft. Mit Bengt-Åke Gustafsson und Thomas Rundqvist – sie sind in Schweden daheim, haben früher bei der VEU gespielt und sind auch Harley-Fahrer – bin ich hin und wieder unterwegs. Es ist wie ein ungeschriebenes Gesetz, zumindest alle zwei, drei Jahre eine Woche zu investieren. Wenn wir das organisieren, wird einem bewusst, wie schwierig es ist, nur eine Woche zu finden – speziell wenn Familie und Co auch noch da sind. Das zeigt mir immer wieder, dass für Freundschaften, die sehr wichtig sind, zu wenig Zeit bleibt. Irgendwann bekommt man einen Anruf: „Hey, der ist gestorben.“ Aber so ist das Leben. Zurück blicken nützt wenig. Die Zeit, die man hat, gut nützen. Das ist natürlich eine große Herausforderung, der ich mich auch persönlich immer wieder stellen muss: Einfach die wichtigen Dinge nicht aus dem Augenwinkel zu verlieren.

WANN & WO: Drei Eigenschaften, die Sie beschreiben?

Rainer Salzgeber: Ich denke ich bin ausdauernd und versuche, den Menschen und auch Situationen mit Akzeptanz zu begegnen. Auf der anderen Seite bin ich aber zu ungeduldig, wenn mir etwas nicht auf Anhieb gelingt.

WANN & WO: Was soll die Zukunft für Rainer Salzgeber bereit halten?

Rainer Salzgeber: Im Moment bin ich zufrieden, so wie es ist.

WANN & WO: Schließen Sie eine Trainer-Karriere aus?

Rainer Salzgeber: Grundsätzlich nicht. Ich bin hin und wieder bei Anita dabei, wenn sie im Skiclub Montafon mit den Nachwuchstalenten trainiert. Es macht auf jeden Fall Spaß, ihr dabei zuzusehen. Es kann aber auch ganz etwas anderes werden. (Überlegt). Ich könnte zum Beispiel Landwirt werden.

WANN & WO: In der Pension?

Rainer Salzgeber: Nein, in die Pension hinein darf man sich keine Ziele setzen.

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