AA

Wer verdiente an der Finanzkrise?

Britische Northern Rock setzt über 2 Mrd. Euro in den Sand, der Schweizer Bankriese UBS verlocht 7 Mrd. Euro, die Bayerische Landesbank muss 4,3 Mrd. Euro "in den Kamin schreiben".

Nach amerikanischen Finanzgiganten wie City Group, Merrill Lynch oder Bear Stearns „erwischte“ die US-Immobilien- (und die daraus längst eskalierte beinah globale Finanz-)Krise inzwischen auch europäische Finanz-Flaggschiffe eiskalt.

Nach Einschätzung von Experten hat das in den USA ausgelöste Finanzerdbeben mittlerweile der Geldwirtschaft weltweit Verluste von über 600 Mrd. Dollar (unvorstellbaren ca. 400 Mrd. Euro) eingebrockt. Da drängt sich unwillkürlich die Frage auf, wohin denn diese Milliarden versickerten, bei wem sie gelandet sein könnten, ob es also auch Profiteure dieser in solcher Schärfe kaum je dagewesenen Finanzmarktschieflage gibt. Dazu der Volkswirt Mag. Dr. Franz R. Hahn vom Währungsreferat des Wirtschaftsforschungsinstitutes (WIFO) auf Anfrage: „Erste ,Nutznießer’ der nun manifesten Krise waren alle, die fragliche Wertpapiere im letzten Moment zu guten Konditionen abstoßen konnten – ob aus einer Art Vorahnung, oder weil man als institutioneller Investor vielleicht einen Informationsvorsprung hatte, sei dahingestellt. Gewinner sind auch jene Amerikaner, die auf Pump Häuser kauften, obwohl sie nie kreditwürdig gewesen wären: Die haben jetzt wenigstens ein Dach überm Kopf, denn die Gläubigerbanken würden ihre Verluste noch steigern, würden sie die Schuldner aus den Häusern raus- und die Häuser panikartig auf den Markt werfen – durch so eine Schwemme wären diese Immobilien praktisch gar nichts mehr wert.“

Gewinner waren laut Hahn auch jene Player im Finanzsektor, die diese Verbriefungsprodukte (sprich: faulen Kredite) vermarkteten und verkauften – sie streiften horrende Provisionen ein. Am Massaker verdient haben darüber hinaus auch Hedgefonds, Versicherungen und natürlich all jene Banken (und Pensionskassen), die ihre „Subprime-Mühlsteine“ rechtzeitig loswurden, indem sie sie noch geschäftsgierigeren, aber vor Cleverness nicht strotzenden anderen Banken um den Hals hängten.

Unsere Frage, ob demnach Österreichs Banken vor Cleverness strotzen, weil die sich ja auf Osteuropa fokussiert haben und vom US-Finanzdesaster „nur“ im Ausmaß von 1 Mrd. Euro (laut OeNB) betroffen sind, beantwortete der Finanz- und Fiskal-Experte so: „Natürlich hat der Osten unseren Banken und Versicherungen Wachstum und auch Erträge beschert. Er birgt aber auch – alle gegenteiligen Beteuerungen sind widerlegbar – beträchtliche Risken, wie z.B. Währungskrisen, Zahlungsbilanzungleichgewichte oder Liquiditätsverknappungen, etwa weil Investoren wegen politischer Vorkommnisse kalte Füße kriegen. Das war bei der Südostasien-Krise ebenso beobachtbar wie bei der Währungskrise 1998 in Russland“, erinnerte Dr. Hahn.

Man muss kein Hellseher sein, um eines schon jetzt prophezeien zu können: Dass nämlich die verlustgebeutelten Banken die naheliegendste Frage – ob Sparer und Kreditnehmer letztlich die Zeche für ihre Profitgier und/oder ihren Dilettantismus zahlen werden müssen – vehement verneinen werden. Wie jedes Mal, wenn Banken unvorstellbar viel Geld in den Sand setzen. WIFO-Hahn dazu: „In erster Linie geht das schon aufs Konto des Eigenkapitals, kommen die Aktionäre zum Handkuss. Die Sparer wird man schwer mit verlustbedingt knausrigen Zinsen abspeisen können – die sind sehr beweglich, ziehen ihre Guthaben eben zur besser zahlenden Konkurrenz ab. Zumindest teilweise überwälzt werden solche Verluste allerdings auf die Kreditnehmer: Sie können aus ihrem Vertrag nicht so gut aussteigen, und schenken tun ihnen andere Institute auch nichts.“

Versöhnliches zum Abschluss: Die Wahrscheinlichkeit einer Weltwirtschaftskrise sieht Hahn trotz der aktuellen Situation nicht wirklich. Denn noch sehen die Ökonomen eine Stagnation, im ärgeren Fall höchstens eine marginale Rezession, drohen. In den 30er Jahren war dagegen so manches Bruttoinlandsprodukt (BIP) um 30 und mehr Prozent eingebrochen . . .

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Wirtschaft
  • Wer verdiente an der Finanzkrise?