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Wenn Kleinkinder erben . . .

Bregenz -  Die Kripo-Ermittler haben in ihrem sehr umfangreichen Bericht zum Fall Ratz vor allem auch das angebliche Testament des Willi Mutschler, das auf den 20. März 1944 datiert ist, genau unter die Lupe genommen. Fazit: Es gab neben den handwerklichen Unzulänglichkeiten (Schreibmaschine, Stempel, Klebstoff usw.) auch eine Reihe inhaltlicher Kriterien, nach denen das Schriftstück als Fälschung hätte erkannt werden können – vor allem von juristisch geschulten Personen.

Wilhelm Mutschler hinterließ nach seinem Tod ein Vermögen im Wert von 560.000 Euro, bestehend hauptsächlich aus Grundstücken. Mutter und Tante der suspendierten Landesgerichts-Vizepräsidentin Kornelia Ratz waren die Haupterben. Geschickt stellen die Ermittler in ihrem Abschlussbericht bestimmten Formulierungen des Testaments Erklärungen gegenüber, welche die Textpassagen im Dokument als völlig unglaubwürdig entlarven.

So heißt es im angeblichen Testament des Wilhelm Mutschler vom 20. März 1944 etwa: „. . . sollen meine Schwestern, Rosa und Luise mein Nachlassvermögen erben . . .“ Dazu halten die Beamten fest: „Wilhelm Mutschler war bei der Testamentserstellung noch nicht einmal 30 Jahre alt, unverheiratet, geistig eingeschränkt und selber absolut vermögenslos; seine damals noch lebende 23-jährige Schwester Lidwina (verstorben 1966) blieb als einzige Schwester unberücksichtigt; auch seine Eltern Wilhelm Josef und Maria Mutschler, welche ebenso erst 20 Jahre später verstarben, wurden in seinem Testament nicht bedacht; ausgerechnet beim Letzten aus der Familie Mutschler taucht ein Testament auf.“

Völlig absurd 

Völlig absurd Auch die im Testament verfügte Einsetzung des Gottfried Holzer als nachrangigen Erben zerpflücken die Beamten. Ihre Bemerkungen dazu: „Gottfried Holzer wurde im Jahre 1963 Sachwalter von Wilhelm Mutschler, zuvor war er nur einer von insgesamt 17 Cousins von Wilhelm Mutschler, die damals bereits lebten. Aus den Befragungen ergab sich kein Hinweis auf ein besonderes Verhältnis des Wilhelm Mutschler zu Gottfried Holzer.“ Der völligen Absurdität überführen die Ermittler die Erwähnung „von Mathilde und Marlene als Erben . . .“. Zitat aus dem Kripo-Bericht: „Die beiden Töchter des Gottfried Holzer, Mathilde und Marlene, waren zum Zeitpunkt der Testamentserrichtung im Jahre 1944 erst zwei bzw. drei Jahre alt; dazu ist zu erwähnen, dass Gottfried Holzer im Jahre 1944 auch noch einen Sohn – nämlich den Rudolf Holzer – hatte, welcher mit keinem Wort erwähnt wird.“

Luise wehrte sich

Luise wehrte sich Akribisch genau haben die Beamten auch die Geschichte der Besachwaltungen von Mitgliedern der Mutschler-Familie recherchiert. Dabei fällt die Rolle der Holzers auf. Nachdem Gottfried Holzer 1993 die Sachwalterschaft für Wilhelm und Aloisia Rosa zurücklegte, wurde vorerst eine IFS-Mitarbeiterin als Nachfolgerin bestimmt. Doch schon einen Monat später bewarb sich Mathilde H. um Übernahme dieser Sachwalterschaften. Sie wurden ihr gewährt. Eine der ersten Handlungen von Mathilde H.: Sie suchte auch um die Sachwalterschaft für Willis zweite Schwester, Maria Luise, an.

Diese wehrte sich vehement, vor allem ­gegen Mathilde H. Trotzdem erhielt Luise in der Person des Nachbarn Ernst Riedmann einen Sachwalter. Dieser hatte von Maria Luise bereits 1985 per Leibrentenvertrag den ihr gehörenden 10/12-Anteil an ihrem Wohnhaus übertragen bekommen. Als gewöhnliche Gesetzeserben wären den sechs Holzer-Geschwistern aus dem Mutschler-Vermögen lediglich 7777 Euro zugestanden.

VN/Klaus Hämmerle

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