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Wenn die Kinder leer ausgehen

Sulzberg - In Sulzberg sorgt ein alter Vertrag für Streit. Die Landesvolksanwältin kritisiert diesbezüglich den Bürgermeister.

Die Gemeinde Sulzberg errichtete 1963 auf dem Grundstück eines Thalers ein Feuerwehrhaus. Ein Eintrag im Grundbuch aber blieb aus. Erst 1998 unterzeichneten der Eigentümer – mittlerweile 83-jährig – Bürgermeister Helmut Blank und Vizebürgermeister Hubert Hertnagel den Kaufvertrag. Dabei aber dachte der Verkäufer noch an seine Kinder, ließ sich im Vertrag ein Wiederkaufsrecht zu seinen und zu Gunsten seiner „Rechtsnachfolger“ zusichern – und starb fünf Wochen später. Der Vertrag geriet in Vergessenheit.

Ein Jahrzehnt später

Erst ein Jahrzehnt später trat die Gemeinde an die Familie heran – mit der Frage, ob man nicht weiteren Grund abtreten wolle, damit das Feuerwehrhaus ausgebaut werden könne. Die Kinder lehnten ab. Die Gemeinde entschied, an anderer Stelle ein neues Feuerwehrhaus zu bauen. Und teilte im Sommer 2008 im Gemeindeblatt mit, das alte Haus mit einer Grundfläche von 402 Quadratmetern verkaufen zu wollen. Zu diesem Zeitpunkt erinnerte sich ein Sohn erstmals an den 1998 abgeschlossenen Vertrag. Jurist Heimo Längle, Lebensgefährte einer der Töchter, forschte nach. Und entdeckte „Ungereimtheiten“. Erstens, den Passus mit dem Wiederkaufsrecht. Zweitens, die Tatsache, dass unter anderem auch das Wiederkaufsrecht im Grundbuch nie eingetragen worden war. Denn der Ausdruck „Rechtsnachfolger“ war dem Grundbuch-Gericht für eine Eintragung zu unbestimmt, wie sich später herausstellte.

“Seine Kinder im Sinn”

Wobei sich die Erben ja ohnehin sicher sind: „Der Eigentümer hatte ein Vorkaufsrecht für seine Kinder im Sinn – und kein Wiederkaufsrecht.“ Allerdings habe der 83-Jährige den von der Gemeinde vorgelegten Vertrag unterschrieben, ohne sich des Unterschiedes bewusst zu sein. Und was vorderhand belanglos erscheinen mag, ist juristisch eben von entscheidender Bedeutung.

Position der Gemeinde

Bürgermeister Blank beruft sich in seiner Argumentation auf ein Rechtsgutachten, wonach es in dem Fall „weder ein Vorkaufs- noch ein Wiederkaufsrecht“ gebe. Ergo: „Es gibt auch keine Erben.“ Folgerichtig könne die Gemeinde als Eigentümerin mit dem Feuerwehrhaus machen, was sie wolle, habe der Familie keine Rechenschaft abzulegen: „Weil sie keine Ansprüche haben.“ Die Familie ist empört. Auch von der Vorgangsweise der Gemeinde. Längle berichtet: Im März 2009 hieß es zunächst in der Gemeindevertretung, der bisherige Mieter des Feuerwehrhauses habe den Zuschlag erhalten. Anfang Juli 2009 erklärte Blank, der Kaufpreis liege bei 50.000 Euro. Ende Juli teilte Vizebürgermeister Rudolf Fink dem Notar der Erben dann mit, es gebe weder einen Kauf- noch einen Vorvertrag: „Sollte die Gemeinde die Veräußerung zu einem späteren Zeitpunkt in Erwägung ziehen, werden wir Sie benachrichtigen.“ Nach weiteren Interventionen – auch Landeshauptmann Herbert Sausgruber hatte auf Bitte Längles nachgefragt – ließ Blank mitteilen, das Wiederkaufsrecht sei in rechtlicher Prüfung und ihm nicht bekannt gewesen. Ende 2009 wurde dem Notar beschieden: „Ein Wiederkaufsrecht existiert nicht mehr.“

Strele ist involviert

Ab März 2010 nahm sich Landesvolksanwältin Gabriele Strele des Falles an, traf sich am 22. April mit dem Bürgermeister. Und dort erklärte Blank, die Liegenschaft sei nicht verkauft, ein Verkauf stehe noch nicht an. Ein weiterer Termin Ende Mai im Beisein des Familienanwalts fand statt. Doch da sagte Blank auf einmal, er müsse fairerweise mitteilen, die Liegenschaft sei verkauft. Neuer Eigentümer ist demnach der bisherige Mieter.

Die Sache mit der Wahrheit

Dabei war bereits am 25. Jänner 2010 der Verkauf von der Gemeindevertretung in einem als vertraulich deklarierten Tagesordnungspunkt beschlossen, der Kaufvertrag am 26. Februar beschlossen und am 20. April verbüchert worden. Zwei Tage vor dem ersten Treffen mit Strele! Strele erhebt Kritik. Erstens habe Blank nie klar gesagt, wer den Vertrag von 1998 erstellt habe. „Zweitens wurden bei Verbücherung des Vertrages die Passagen mit dem Wiederkaufsrecht und einem Geh- und Fahrweg gestrichen.“ Und: „Als Zustellbevollmächtigter war der bereits Verstorbene ausgewiesen worden – die Familie bekam den Grundbuchbeschluss nie zugestellt.“ Drittens? „Der Bürgermeister zeigte sich vordergründig gesprächsbereit – und hat dabei heimlich Fakten geschaffen.“ Längle legt nach: „Redlichkeit und Handschlagqualität haben in dem Fall keine Rolle gespielt.“ Die Familie hat sich an den Obersten Gerichtshof gewandt – und Strele mittlerweile eine Missstandsprüfung eingeleitet.

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