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Wenn die Arbeit zur Qual wird

Feldkirch - Im Rahmen einer Pressekonferenz präsentierte der ÖGB Vorarlberg die Bilanz der Mobbingberatung von 2007. Auffallend dabei, dass zwei Drittel der Opfer im öffentlichen Dienst tätig und weiblich sind. Bilder  | Videos im Bericht

„Wir dürfen vor den zunehmenden Belastungen und dem Stress am Arbeitsplatz nicht die Augen verschließen, sondern müssen uns offensiv mit den Problemen auseinandersetzen“, erklärte ÖGB-Landesgeschäftsführerin Manuela Auer. Dabei gehe es nicht nur um Mobbing, sondern in immer stärkerem Maße um Konflikte am Arbeitsplatz und um das Thema „Burn-out“. Ganz wichtig sei daher, dass Personalleitungen die Warnsignale frühzeitig erkennen. Dies gelte aber nicht nur für Burn-out, sondern auch für Konflikte und ganz besonders für Mobbing.

Letzteres wirkt sich nicht nur negativ auf die Arbeitsqualität, sondern auch auf das persönliche Ansehen, die Berufs- und/oder Lebenssituation und die Integrität einer Person aus.

Für die Betroffenen ist dies besonders schlimm: „Sie leiden sehr und fühlen sich hilflos“, so Auer weiter. Im schlimmsten Fall könne Mobbing zu schweren Depressionen und letztendlich zur Arbeitsunfähigkeit führen. Zu diesen persönlichen Schicksalen und Einzeltragödien kämen aber auch noch erhebliche betriebliche und finanzielle Kosten durch Produktivitätsverluste und Krankenstände hinzu. So könne ein Mobbingfall im Betrieb pro Person und Jahr einen betriebswirtschaftlichen Schaden von bis zu 73.000 EURO verursachen.

Beratung: Große Nachfrage

Die Beratungsnachfrage ist unverändert groß: So wurde im Jahre 2007 die ÖGB-Mobbingberatung von über 100 Menschen in Vorarlberg in Anspruch genommen, zwei Drittel der Betroffenen waren Frauen. ÖGB-Mobbingberater und Mediator, Gerhard Pusnik, dazu: „Männer kommen mit ihrem Problem – bildlich gesprochen – erst zur Beratung, wenn sie schon am Boden liegen. Frauen sind für Beratungsgespräche wesentlich offener.“ Für etwa die Hälfte der Ratsuchenden ist eine Beratung ausreichend gewesen. „Für die andere Hälfte der betroffenen Personen waren 2 bis 3 Sitzungen nötig, für einzelne Personen auch mehr“, erläuterte Pusnik. In der Mehrzahl der Fälle waren die Hilfesuchenden über 45 Jahre alt.

Auffallend ist auch, dass die Hilfesuchenden zu zwei Drittel aus dem Öffentlichen Dienst und nur zu einem Drittel aus der Privatwirtschaft kommen. „Im öffentlichen Dienst gibt es noch hierarchische Strukturen und es ist einfach schwieriger ein Arbeitsverhältnis aufzulösen und dann wird oft probiert den Mitarbeiter „hinauszuekeln“. Die Mobbingopfer sind meistens sehr engagiert und auch fachlich kompetent, aber von den Kollegen oder Mitarbeitern nicht „erwünscht“. Viele können das gar nicht verstehen warum ausgerechnet ihnen, das passiert“, so Pusnik im VOL Live-Interview. Spitzenreiter in der ÖGB Mobbingberatung 2007 waren die Bereiche Krankenhaus/Pflegedienste, Gemeinden und Schulwesen. Auch bei den Lehrern ist ein markanter Anstieg zu vermerken.

Seit einem Jahr bietet der ÖGB Vorarlberg nicht nur eine Mobbingberatung, sondern den Betrieben im Lande auch Unterstützung bei Konflikten zwischen MitarbeiterInnen bzw. zwischen Vorgesetzten und MitarbeiterInnen an. Sowohl Groß- als auch Kleinbetriebe haben dieses neue Angebot bereits angenommen. Bewährt habe sich in diesem Zusammenhang auch die Zusammenarbeit mit den BelegschaftsvertreterInnen. Wichtig erscheint Pusnik für die Zukunft eine „verstärkte Vernetzung und ein besserer Informationsaustausch mit anderen Einrichtungen, vor allem was psychotherapeutische Hilfe und Berufslaufbahnberatung betrifft“. Der wertschätzende, kollegiale Umgang im Betrieb sollte eigentlich selbstverständlich sein. Oft ist es auch ein Problem, dass Mitarbeiter die Führungskräfte werden zwar fachlich sehr gut sind, aber bei die Führungskompetenzen nicht wirklich ausgebildet werden. „Fachliche Schulungen gibt es massenhaft, aber wie ich aus Mitarbeitern das Beste heraushole und sie richtig leite, müssen die angehenden Führungskräfte auch lernen“, erklärte Manuela Auer abschließend.

Bilanz der ÖGB-Mobbingberatung 2007

Mobbingberater im Interview

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