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Weniger Spieler und größere Tore

"Elf Freunde sollt Ihr sein": Diese im Profi-Zeitalter ohnehin schon antiquierte Fußballweisheit könnte bald tatsächlich der Vergangenheit angehören.

Alarmiert von vielen wenig berauschenden Spielen bei der Fußball-WM denkt nun auch FIFA-Präsident Joseph Blatter über mögliche Regeländerungen nach. Persönlich hält der Weltverbandschef wenig von einer bereits diskutierten Reduzierung von elf auf zehn Spieler, dennoch will der Schweizer eine Expertendebatte anstoßen. „Ich lasse die Spezialisten darüber reden, was möglich ist“, sagte der Schweizer im dpa-Gespräch.

Die traditionelle Sitzung zur nachträglichen WM-Analyse soll zu einer ersten Standortbestimmung werden. „Wir machen ein großes Symposium mit den 32 WM-Nationaltrainern, den Schiedsrichtern, Medizinern und der Technischen Studiengruppe der FIFA. Da wollen wir mal hören, was die so sagen, was man machen kann, damit der Fußball wieder attraktiver wird“, sagte Blatter. Besonders die Tor-Armut beunruhigt den 70-Jährigen. „So schlecht ist der Fußball nicht, aber es gibt zu wenig Tore. Und wenn zu wenig Tore fallen, ist das Publikum wenig begeistert. Die Essenz sind Tore“, betonte er.

Ein Durchschnitt von 2,27 Treffern pro Partie bedeutet die schlechteste Torquote seit der WM 1990 in Italien (2,21). Sollte im Spiel um Platz drei zwischen Deutschland und Portugal und im Finale Italien gegen Frankreich in regulärer Spielzeit und Verlängerung jeweils kein Treffer fallen, würde sogar dieser Negativrekord noch geknackt. Vor 16 Jahren reagierte die FIFA: Mit der Rückpass-Regel wurde das Spiel wieder schneller gemacht.

Brasiliens Ex-Star Socrates hatte schon vor der WM gefordert, die Teamstärke zu reduzieren, dem Einfluss der wachsenden Spieler-Physis zu begegnen und so mehr Platz für Kreativkünstler wie Zinedine Zidane oder Robinho zu schaffen. An weiteren Vorschlägen aus der großen Fußball-Familie für ein attraktiveres Spiel mangelt es nicht: Größere Tore, Handspiel des Torwarts nur im Fünfmeterraum oder eine Neugestaltung der Abseitsregel werden immer wieder genannt.

Blatter hofft aber eher auf Einsicht zur Abkehr von taktischem Defensivdenken. Noch vor zwei Jahren bei der EM in Portugal hatte schließlich noch ein völlig anderer Spielstil für Positivschlagzeilen gesorgt. „Wenn offen gespielt wird, ist genug Platz für elf Spieler, aber mit elf Verteidigern gibt es keinen Platz“, sagte er. Und nennt seinen eigentlichen, von Reformgedanken abweichenden Wunsch: „Das Spiel sollte so bleiben, wie es ist.“

Schnelle Veränderungen wird es ohnehin nicht geben können, wie die zunächst für die WM 2006 geplante, nun aber auf Eis gelegte Einführung des so genannten Chip-Balls zeigt. Gewöhnlich werden neue Regeln zunächst im Junioren-Bereich getestet. Das letzte Wort hat das zuständige FIFA-Board mit Mitgliedern aus England, Wales, Schottland und Nordirland sowie vier weiteren FIFA-Vertretern.

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