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"Weltstadt oder so?" So war Bregenzer zur Römerzeit

Neue Dauerausstellung
Neue Dauerausstellung ©Miro Kuzmanovic
War Bregenz zur Römerzeit eine Stadt? Der eindeutige Beweis dafür fehlt. Nach der vielgelobten Ausstellung Römer oder so? geht es nun in Weltstadt oder so? um den Ort Brigantium und um das Zusammenleben.
Ausstellung "Weltstadt, oder so?"

Wie sah Bregenz zur Römerzeit aus? Wie lebten die Menschen dort? Mögliche Antworten auf diese Fragen bietet die neue Dauerausstellung "Weltstadt oder so? Brigantium im 1. Jh. n. Chr." im vorarlberg museum, eine Weiterentwicklung des 2013 entstandenen, viel beachteten Formats "Römer oder so…". Zum Auftakt lädt das Landesmuseum am 19. Jänner bei freiem Eintritt zu einem "Römertag".

Vermutlich lebten im 1. Jh. zwischen 300 und 500 Menschen auf dem Gebiet des heutigen Ölrains in Bregenz, das einen Knotenpunkt im weitreichenden Handelsnetz der römischen Welt bildete. Die Römer eroberten das Bodenseegebiet um 15 v. Chr., damals eine sumpfige, stark bewaldete Gegend. Rund hundert Siedlungspunkte sind um den Bodensee aus dieser Zeit nachgewiesen, Brigantium dürfte die größte Zivilsiedlung gewesen sein. Seine Bauten, unter anderem ein fußballfeldgroßes Forum mit wohl acht Meter hohen Säulen und Großstatuen, waren überdimensioniert für die Einwohnerzahl, was laut Gerhard Grabher, Archäologe, wissenschaftlicher Leiter und stv. Leiter des Landesmuseums, wohl mit dem Hang der Römer zur Machtdemonstration zusammenhing.

Handelsgünstige Lage

Um 45 n. Chr. wurde das hölzerne Lager Brigantium für rund 500 Soldaten abgerissen, das Lagerdorf überlebte dank seiner handelsgünstigen Lage. 25 Jahre später, um 70 n. Chr., begann ein Bauboom, seine Blütezeit erlebte Brigantium in der ersten Hälfte des 2. Jahrhunderts. Im unsicheren 3. Jahrhundert verlegten die Menschen ihr Siedlungsgebiet dann in die heutige Bregenzer Oberstadt. Die Gebäude am Ölrain verfielen.

Davor dürfte in Brigantium aber reges Treiben geherrscht haben: Menschen der umliegenden Gutshöfe und Dörfer verkauften dort ihre Erzeugnisse und erwarben importierte Waren, die zumeist auf dem Schiffsweg in die Stadt kamen. Davon zeugen Amphoren für Großhandelsmengen Öl und Fischsauce, Glasgefäße und Schmuck. In der Stadt lebten und arbeiteten Schneider, Töpfer, Schuhmacher, Schmiede und Drechsler, die der Nachwelt Beile, Nähnadeln, Schuhnägel und Hammer hinterließen. Zudem wurden am Ölrain Militaria und landwirtschaftliche Geräte gefunden: Schaufeln, Wetzsteine, Sicheln, Glocken und sogar eine Kastrierzange. Daneben wurden Gegenstände des Alltags entdeckt wie Löffel, Öllämpchen, Fibeln, Spielzeug und Kochgeschirr.

Ausgrabungsobjekte am Örain

55 Reste großer Figuren des Bregenzer Forums kamen bei den Ausgrabungen zutage, etwa ein 40 Zentimeter großer Bronzeflügel der Siegesgöttin Victoria und eine 25 Kilogramm schwere goldene Bronze-Hand mit Füllhorn, die in den 1960er-Jahren bei einem Hausbau auftauchte, ebenso der Pferdehuf einer Reiterstatue, die vermutlich einen römischen Kaiser trug. "Diese Statuen dienten der Propaganda und der Kommunikation. Wie sonst sollte man in der Provinz wissen, wer aktuell römischer Kaiser ist und wie der aussieht?", so Grabher, der "Weltstadt oder so?" gemeinsam mit Lisa Noggler kuratierte. Die Schau speist sich ausschließlich aus dem reich gefüllten Depot des vorarlberg museum mit Objekten der Ausgrabungen am Ölrain, wo bereits vor 140 Jahren und erneut 2016/17 große Ausgrabungen stattfanden, die wichtige Erkenntnisse brachten.

3D-Projektionen von Brigantium

In "Weltstadt oder so?" sind etwa eine 3-D-Projektion von Brigantium mit verschiedenen Stationen der Stadtentwicklung bis zur Jetztzeit zu sehen, zudem ein Video zur Arbeit der Archäologen, eine Art Verkaufsladen mit römischen Waren sowie eine hölzerne Treppe, die vermittelt, dass Brigantium an einem Hang lag. Ein wandfüllendes Fadenbild veranschaulicht die Dimensionen des Forums. Wie schon im ersten Teil der Schau setzte das vorarlberg museum auf einen generationenübergreifenden Zugang und interaktive Stationen. Die Ausstellung verneint dabei nicht das Spekulative, das Archäologie stets innewohnt. "Wir sind sehr spekulativ. Wir wissen viel, aber es könnte sein, dass es nicht so war, wie wir es gerne hätten", so Grabher. Alternative Antworten seien also stets zulässig. "Wir können viele Dinge vermuten, aber wir können nicht definitiv sagen, wie es wirklich war", betonte auch Museumsdirektor Andreas Rudigier bei der Presseführung durch die auf fünf Jahre angelegte Dauerausstellung, die rund 250.000 Euro kostete. Ihr soll laut Rudigier eine dritte Römerausstellung in vergleichbarem Format folgen.

(APA)

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