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Mesut Özil
Mesut Özil ©APA (dpa)
Nach seinem Abschied aus der deutschen Nationalmannschaft bereitet sich Mesut Özil mit seinem Verein FC Arsenal auf die neue Saison vor.
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DFB weist Rassismus von sich

In Singapur nahm der 29-Jährige am Mittwoch am Training teil – vorerst ohne Kommentar zu seinem Rücktritt. In dem südostasiatischen Stadtstaat stehen für die Gunners zwei Begegnungen gegen Europa-League-Sieger Atletico Madrid und Frankreichs Meister Paris Saint-Germain (PSG) auf dem Programm. Der Auftakt gegen Atletico ist am Donnerstagabend. Am Samstag folgt das Spiel gegen den neuen Verein des ehemaligen Dortmund-Trainers Thomas Tuchel.

Der neue Arsenal-Trainer Unai Emery, früher bei PSG, sagte zu Özils Rücktritt: “Das ist Mesuts persönliche Entscheidung. Ich respektiere sie. Alle Spieler werden dafür da sein, dass er sich zuhause fühlt. Wir sind eine Familie.” Özil sei erfahren genug, um mit der Situation umzugehen. “Ich bin mir sicher, dass er eine klasse Saison spielen wird.”

Nach 92 Spielen im deutschen Nationaltrikot hatte Özil am Sonntagabend über Twitter seinen Rücktritt erklärt. Er begründete dies auch mit Rassismus innerhalb des Deutschen Fußball-Bunds (DFB). Zugleich warf er DFB-Präsident Reinhard Grindel vor, dieser wolle ihn zum “Sündenbock” für das schlechte Abschneiden bei der WM machen.

Rummenigge: “Viele Verlierer”

Bayern-Chef Karl-Heinz Rummenigge sieht angesichts der jüngsten Vorgänge um Özils Rücktritt und Rassismus-Kritik “viele Verlierer” im deutschen Fußball. “Ich glaube, Özil selber, aber auch der DFB haben hier eine schlechte Figur abgegeben”, sagte der Vorstandsvorsitzende des FC Bayern München am Dienstagabend (Ortszeit) auf der USA-Reise des deutschen Meisters. Rummenigge versuchte in Philadelphia zudem, die scharfe Kritik von Vereinspräsident Uli Hoeneß an Özil einzuordnen, der infolge der Affäre um Fotos mit dem türkischen Präsidenten Recep Tayyip Erdogan aus der deutschen Nationalmannschaft zurückgetreten war: “Ich bin immer nah an Uli Hoeneß dran. Ich glaube, er mochte den Spieler Özil nie so gerne. Und es ist ihm etwas auf die Nerven gegangen, dass daraus so eine Rassismus-Nummer gestrickt wurde.” Hoeneß hätten die Leistungen von Özil in den letzten Jahren insgesamt – und nicht nur bei der Weltmeisterschaft – missfallen.

Hoeneß attackierte Özil scharf

Hoeneß hatte am Montag über den 92-maligen Nationalspieler vom FC Arsenal gesagt: “Ich bin froh, dass der Spuk vorbei ist. Der hat seit Jahren einen Dreck gespielt. Den letzten Zweikampf hat er vor der WM 2014 gewonnen. Und jetzt versteckt er sich und seine Mist-Leistung hinter diesem Foto.” Abgesehen von der Personalie Özil erwartet Rummenigge einen echten Neubeginn bei der Nationalmannschaft nach dem Vorrunden-Aus bei der WM in Russland. “Ich denke, Joachim Löw wird diese Analyse, die da in Auftrag gegeben wurde, sehr seriös abarbeiten und dann für sich, für die Mannschaft und das Umfeld gewisse Konsequenzen ziehen”, sagte der 62-Jährige. Darüber hinaus wiederholte er den Wunsch, dass beim DFB “die Profis in Zukunft etwas mehr das Sagen haben und die Amateure verstehen, dass die Nationalmannschaft die wichtigste Mannschaft unseres Landes ist”. Diese müsse jetzt unterstützt und auch gefördert werden.

Grüne kritisieren Seehofer und DFB

Die Grünen kritisierten im Fall des früheren deutschen Nationalspielers Mesut Özil Innen- und Sportminister Horst Seehofer (CSU) und den Deutschen Fußball-Bund (DFB) scharf. Grünen-Chef Robert Habeck wies Seehofer eine Mitverantwortung für die Entfremdung vieler Deutsch-Türken und indirekt für den Rückzug von Mesut Özil aus der Nationalmannschaft zu. “Wenn der Sportminister sagt, dass der Islam nicht zu Deutschland gehört, dann ist das klar als Ausladung an alle muslimischen Spieler zu verstehen”, sagte Habeck der “Rheinischen Post” (Mittwoch). Özil hatte in seiner Rücktrittserklärung Rassismus-Erfahrungen angeprangert und unter anderem kritisiert, DFB-Funktionäre hätten seine türkischen Wurzeln nicht respektiert.

Seehofer hatte im März der “Bild” gesagt: “Der Islam gehört nicht zu Deutschland. Deutschland ist durch das Christentum geprägt.” Die hierzulande lebenden Muslime gehörten aber “selbstverständlich” dazu. Daraufhin war eine kontroverse Debatte entbrannt, in deren Verlauf sich nicht nur der Koalitionspartner SPD sondern auch Kanzlerin Angela Merkel (CDU) klar von Seehofers Aussage distanziert hatten.

Habeck bewertete die Wirkung von Seehofers Aussage als verheerend. “Das Signal, das so an Menschen mit unterschiedlichen Wurzeln gesendet wird, ist fatal. Denn sie spüren genau, wie sie in unserem Land immer stärker ausgegrenzt und stigmatisiert werden”, sagte Habeck. “Die Saat, die die politische Rechte gesät hat und die unter anderem von führenden CSU-Politikern gegossen wurde, geht also auf”, erklärte der Grünen-Vorsitzende.

CSU weist Rassismus-Vorwurf zurück

Widerspruch kam vom Parlamentarischen Innenstaatssekretär Stephan Mayer (CSU). “Der Fall Mesut Özil ist ein Einzelfall, den man nicht verallgemeinern darf. Das hat mit der Integration der vier Millionen türkischstämmigen Menschen in Deutschland nichts zu tun”, sagt er der “Rhein-Neckar-Zeitung” (Mittwoch). “Hier geht es um einen sehr gut verdienenden Spitzensportler.” Özils Rassismus-Vorwurf gegen den DFB und dessen Präsidenten Reinhard Grindel wies der CSU-Politiker als “vollkommen haltlos” zurück. Es sei “naiv”, wenn der Fußballprofi davon ausgegangenen sei, dass ein gemeinsames Foto mit dem türkischen Staatspräsidenten wenige Wochen vor der Präsidentschaftswahl als unpolitisch angesehen werden könne, sagte Mayer.

Roth (Grüne): “Dann ist es Rassismus”

Verständnis für Özils Rassismus-Vorwürfe äußerte Vizepräsidentin des Deutschen Bundestags, Claudia Roth (Grüne). “Wir sollten diesen Aufschrei zum Anlass nehmen, ehrlich darüber zu reden, warum diese gesellschaftliche Spaltung weiter möglich ist, warum sich Menschen, die wie Mesut Özil hier geboren und aufgewachsen sind, derart ausgebürgert fühlen”, sagte die Grünen-Politikerin der “Rhein-Neckar-Zeitung”. “Wenn im Erfolgsfall mit dem Deutschen Özil und Boateng groß gefeiert wird, wie vor vier Jahren, aber bei Misserfolgen die ‘Ausländer’ im Team als Schuldige angeprangert werden, dann ist es Rassismus”, sagte Roth.

Massiv kritisierte sie auch die DFB-Spitze: “Wo war der DFB, als im Stadion und den Medien offen gegen Özil und Gündogan gehetzt wurde?” Die Funktionäre hätten “nichts gegen die völkischen und rassistischen Anfeindungen gegen diese Spieler unternommen”, klagte Roth. “Dass der DFB diese Lawine an Ressentiments nicht wahrgenommen oder ignoriert hat, zeigt, wie groß das Rassismus-Problem bei uns ist!”

(APA/dpa)

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