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Weiter kein Durchbruch im Nahen Osten: "Die Gräben sind tief"

Hamas will sich nicht beugen
Hamas will sich nicht beugen
Bei den Verhandlungen über ein Ende des Gaza-Kriegs ist kein Durchbruch in Sicht. "Die Gräben zwischen den Seiten sind tief und es gibt keinen Fortschritt bei den Verhandlungen", teilten israelische Regierungsvertreter am Dienstag mit. Die Differenzen zwischen beiden Seiten seien "noch immer erheblich". Die Hamas hat Israel unterdessen einen Bruch der Waffenruhe vorgeworfen.
Gespräche während Waffenruhe
Waffen schweigen für drei Tage

Nach Augenzeugenberichten hätten israelische Schiffe Schüsse auf einen Küstenstreifen im Süden Gazas abgegeben. Die beschossenen Abschnitte seien leer gewesen, niemand sei verletzt worden. Wahrscheinlich handle es sich um “Warnschüsse”, die palästinensische Fischer daran hindern sollten, die von Israel auferlegte Fangzone zu verlassen. Der Hamas-Sender Al-Aqsa TV wertete die Schüsse als Bruch der Waffenruhe.

Gespräche nur über ägyptische Vermittler

Der Palästinenservertreter in Kairo nannte die kommenden Stunden entscheidend: “In 24 Stunden werden wir sehen, ob wir eine Einigung haben.” Die Konfliktparteien sprechen nicht direkt miteinander, sondern über ägyptische Vermittler. Israel lehnt direkte Verhandlungen mit Hamas ab, weil die Extremistenorganisation als wichtigstes Ziel die Vernichtung des jüdischen Staates verfolgt.

Stillstand nach leichter Annäherung

Zuvor hatte es geheißen, bei den indirekten Gesprächen zwischen Israelis und Palästinensern gebe es eine leichte Annäherung. Israelische Medien berichteten am Dienstag, Israel habe sich unter anderem dafür ausgesprochen, dass Sicherheitskräfte des palästinensischen Präsidenten Mahmoud Abbas an den Kontrollen von zwei Grenzübergängen beteiligt werden.

Es handelt sich dabei um die Übergänge zwischen dem Gazastreifen und Israel sowie am Grenzübergang nach Ägypten. Israel habe zudem die Bereitschaft bekundet, der Überweisung von Gehältern an die Angestellten der im Gazastreifen herrschenden Hamas zuzustimmen, hieß es weiter. Dieser sollte von einer dritten Partei kontrolliert werden.

Auch die Einfuhr von Baumaterialien in den Gazastreifen solle durch internationale Beobachter überwacht werden, um den Missbrauch für militärische Zwecke auszuschließen. Der israelische Rundfunk berichtete, die Fangzone für Fischer im Mittelmeer solle auf sechs bis neun Seemeilen ausgeweitet werden. Der von den Palästinensern geforderte Bau eines See- und Flughafens in Gaza solle auf einen späteren Zeitpunkt verschoben werden.

Forderungen von beiden Seiten

Israel hatte nach einmonatigen heftigen Angriffen in der vergangenen Woche seine Bodentruppen aus dem Gazastreifen abgezogen. Zuvor hatte die Armee mehr als 30 Angriffs-Tunnel der radikalislamischen Hamas zerstört, die über die Grenze bis nach Israel reichten. Israel fordert in den Verhandlungen die Zusage, dass keine neuen Tunnel gebaut werden. Die Palästinenser fordern ein Ende der israelischen und ägyptischen Blockade des Küstenstreifens. Die dort herrschende Hamas will außerdem die Eröffnung eines Mittelmeer-Hafens durchsetzen.

Israel hält Gaza-Ermittler für voreingenommen

Die Regierung in Jerusalem hat den künftigen Leiter der UN-Untersuchungskommission für mögliche Kriegsverbrechen im Gaza-Konflikt als voreingenommen gegenüber Israel bezeichnet. William Schabas, kanadischer Professor für internationales Recht, sei seit Jahren für eine kritische Haltung bekannt, sagte der Sprecher des israelischen Außenministeriums, Yigal Palmor, am Dienstag.

Schabas: “Bin nicht anti-israelisch”

Dass Schabas der Leiter der UN-Kommission sein solle, bedeute, dass Israel einen “vorgefertigten Bericht” erwarten könne. Ob Israel mit der Kommission zusammenarbeiten werde, sei noch nicht entschieden, fügte Palmor hinzu. Schabas wies den Vorwurf zurück. “Ich bin nicht anti-israelisch. Ich habe oft Vorlesungen an israelischen Universitäten gehalten”, sagte er im Radio.

Der Kommissionsvorsitzende Schabas lehrt derzeit Internationales Recht in London. Er hatte unter anderem die israelische Militäroffensive “Gegossenes Blei” im Jänner 2009 scharf verurteilt. Im vergangenen Jahr hatte der Experte für Genozid-Verbrechen bei einer Konferenz erklärt, Ministerpräsident Benjamin Netanyahu sei sein “Favorit” für ein Verfahren vor dem Internationalen Strafgerichtshof in Den Haag (IStGH/ICC).

Verlobte von George Clooney nominiert

Als weitere Kommissionsmitglieder hatte der UN-Menschenrechtsrat den senegalesischen Menschenrechtsexperten Doudou Diene und die britische Anwältin Amal Alamuddin nominiert, die aus dem Libanon stammt und mit dem US-Schauspieler George Clooney verlobt ist. Laut israelischen Medienberichten lehnte Alamuddin die Berufung inzwischen allerdings “wegen beruflicher Auslastung” ab.

©Amal Alamuddin: Clooney-Verlobte gibt UN einen Korb. (Bild: AP)

Palmor gab an, es sei noch keine förmliche Entscheidung getroffen worden, ob die israelischen Behörden mit der Untersuchungskommission kooperieren werden. Im Vorfeld hatte Israel versucht, eine ausgewogene Besetzung des Gremiums zu erreichen, das auch den fortgesetzten Raketenbeschuss israelischer Wohngebiete durch die Hamas untersuchen soll. Eine vergleichbare Kommission unter Vorsitz des südafrikanischen Juristen Richard Goldstone, die einen Bericht über die Bodenoffensive von 2009 verfasste, hatte Israel boykottiert.

Österreich hilft Gaza mit einer Million Euro

Angesichts der anhaltenden Krise in Nahost gibt Österreich eine Million Euro für humanitäre Hilfe im Gazastreifen aus dem Auslandskatastrophenfonds frei. Diese “Akuthilfe” habe die Bundesregierung am Dienstag beschlossen, wie ein Sprecher des Außenministeriums der APA mitteilte. Damit soll vor allem die medizinische Versorgung aufrechterhalten werden.

Ähnlich wie im Irak werden auch diese Mittel von den Vereinten Nationen, konkret dem UN-Hilfswerks für palästinensische Flüchtlinge (UNRWA) im Gazastreifen, verwaltet. Weil während der nächsten zwei Wochen kein Ministerrat stattfindet, werde auch diese Entscheidung mittels “Umlaufbeschluss” erfolgen, der von allen Ministern unterzeichnet wird. Am Vormittag gab das Außenministerium die Freigabe von ebenfalls einer Million Euro für den umkämpften Nordirak bekannt.

Knapp 2.000 Tote in vier Wochen

In dem vor mehr als einem Monat aufgeflammten Konflikt zwischen Israel und der im Gazastreifen herrschenden radikalislamistischen Hamas wurden nach palästinensischen Angaben mehr als 1.900 Palästinenser getötet und knapp 10.000 verletzt. Auf israelischer Seite starben nach offiziellen Angaben 64 Soldaten und 3 Zivilisten, mehr als 500 Menschen wurden verletzt.

(APA)

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