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Washington: Rekorddefizit von 422 Milliarden Dollar

Das Versprechen von blühenden Landschaften oder rosigen Zukunftsaussichten gehört zum Wahlkampf. Mit solchen Funden wuchern auch US-Präsident George W. Bush und sein Herausforderer John Kerry - trotz des Haushaltsdefizites in Rekordhöhe.

Kerry muss natürlich in die Offensive, wenn er Bush im Weißen Haus ablösen will. Zentralpfeiler seines Wahlprogramms ist eine Revolution in der Krankenversicherung, die er sich 650 Milliarden Dollar kosten lassen will. Kerry verspricht Millionen Menschen Versicherungsschutz, die sich das heute nicht leisten können.

Die Zahl der nicht Versicherten ist in Bushs Amtszeit um fast vier Millionen auf 45 Millionen Menschen gestiegen. Kerry plant Steueranreize für Unternehmen, die Mitarbeitern damit erschwingliche Versicherungen ermöglichen sollen. 37 Millionen Menschen will Kerry so zusätzlich zu Versicherungsschutz verhelfen. „Wenn wir im Weißen Haus sind, ist Amerika nicht mehr das einzige reiche Land der Welt, in dem Gesundheitsvorsorge ein Privileg der Reichen ist“, sagt Kerry.

Präsident Bush will die explodierenden Gesundheitskosten auch unter Kontrolle bringen, zum Beispiel mit einer Prozessreform, die Millionenzahlungen wegen ärztlicher Fehler unterbinden. Dieser Plan dient gleichzeitig als Breitseite gegen Kerrys Vize John Edwards, der als Anwalt mit solchen Klagen zum Millionär wurde.

Kerry verspricht Familien auch einen großzügigen Steuerfreibetrag, um die Ausbildung ihrer Kinder finanzieren zu können. Rund 200 Milliarden Dollar will er dafür locker machen. So soll es Betreuungsprogramme für 3,5 Millionen Kinder nach der Schule geben.

Wer soll das bezahlen? Kerry will alle Ausgabenpläne finanzieren, indem er die Bush-Steuersenkungen für Personen, die mehr als 200.000 Dollar im Jahr verdienen, rückgängig macht. Die Reichen müssten dann wieder 36 bis 40 Prozent an den Staat abführen. Auch die von Bush auf 15 Prozent gesenkte Dividenden- und Kapitalertragssteuer soll wieder steigen. Das bringt nach Kerrys Rechnung bis zu 860 Milliarden Dollar – genug zur Finanzierung aller Versprechungen. „Wir haben alles durchgerechnet – das reicht“, gibt er sich überzeugt.

Bush macht den Wählern gerne mit „Kerrys Steuerkeule“ Angst. „Das Geld wird er sich aus eurer Tasche holen“, warnt Bush fast bei jedem Wahlkampfauftritt und zitiert die Rechnung des konservativen Enterprise-Instituts, wonach Kerrys Pläne über zehn Jahre mehr als zwei Billionen Dollar kosten würden. Kerry weist dies als maßlose Übertreibung brüsk zurück.

Doch auch Bushs eigene Wahlversprechen haben ihren Preis. Er will in seiner zweiten Amtszeit durchsetzen, dass Arbeitnehmer einen Teil ihrer Sozialabgaben privat anlegen können. Der Ausfall in der staatlichen Pensionskasse würde nach Expertenschätzung bei zwei Billionen Dollar über zehn Jahre liegen. Und sollte Bush seine Steuersenkungen im Umfang von mehr als 1,7 Billionen Dollar, die zeitlich begrenzt waren, wie geplant für immer festschreiben, fehlte eine weitere Billion in den Staatskassen.

Und dann war da noch das Haushaltsdefizit von 422 Milliarden Dollar, entstanden durch ein galoppierendes Verteidigungsbudget, eine Rezession und die Steuersenkungen. Bush will das Defizit innerhalb von fünf Jahren halbieren, was sich durch die Wachstumsanreize dank der Steuersenkungen und damit wieder höhere Steuereinnahmen fast ganz von selbst ergeben soll. Kerry verspricht auch eine rigorose Haushaltspolitik. Er will seine Unterschrift nur unter Ausgabenprogramme setzen, wenn das Geld dafür da ist.

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