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Was sind die Folgen des EU-Urteils zu Sozialleistungen?

Arbeitslose Zuwanderer können von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden.
Arbeitslose Zuwanderer können von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden. ©EPA
Der Europäische Gerichtshof (EuGH) sorgt für Rechtssicherheit: Bürger aus anderen EU-Staaten können von bestimmten Sozialleistungen ausgeschlossen werden. Sind damit Befürchtungen hinfällig, wonach Deutschland zu einer Oase beim Missbrauch von Sozialleistungen werden könnte?
EuGH-Urteil sorgt für Aufsehen
Keine Auswirkungen auf Österreich

1. Wie lautet das Fazit des EuGH-Urteils?

Arbeitslose Zuwanderer können von Hartz-IV-Leistungen ausgeschlossen werden. Das ist möglich, falls Ausländer nur das Ziel haben, “in den Genuss der Sozialhilfe eines anderen Mitgliedstaates zu kommen, obwohl sie nicht über ausreichende Existenzmittel (…) verfügen”, so der EuGH. Ohne solche Einschränkungen könnten Zuwanderer automatisch von Sozialleistungen profitieren.

2. Wann darf der Staat Hartz IV verweigern?

Der EuGH schneidet sein Urteil stark auf den konkreten Fall einer Rumänin in Leipzig zu: Sie ist länger als drei Monate und weniger als fünf Jahre im Land, hat nicht gearbeitet und sucht auch keine Arbeit. Die Frau bekommt allerdings Kindergeld für ihren Sohn (monatlich 184 Euro) und einen Unterhaltsvorschuss von 133 Euro pro Monat. Um diese Leistungen ging es in dem Fall nicht. Der EuGH gibt vor, jeden Einzelfall zu prüfen.

3. Bekommen EU-Ausländer Hartz IV?

Nur in einigen Fällen. Wer eine schlecht bezahlte Arbeit findet, die nicht zum Lebensunterhalt reicht, kann als Aufstockungsleistung Hartz-IV-Leistungen beantragen. Wer in Deutschland arbeitet und in die Arbeitslosenversicherung einzahlt, hat bei Jobverlust Anspruch auf Arbeitslosengeld, später auch auf Hartz-IV-Leistungen nach dem Sozialgesetzbuch II. Wer mindestens fünf Jahre in Deutschland lebt, hat die gleichen Ansprüche wie deutsche Staatsangehörige. Nach EU-Recht sind dann keine Ausnahmeregelungen mehr zulässig.

4. Profitieren besonders Rumänen und Bulgarien von staatlicher Hilfe?

Nein, wie Forscher des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung (IAB) herausgefunden haben. Mitte des Jahres waren demnach 13,6 Prozent aller Bulgaren und Rumänen in Deutschland auf Hartz-IV-Bezug angewiesen. Der Wert steigt zwar kontinuierlich und liegt über der Quote der Gesamtbevölkerung (7,5 Prozent). Er liegt aber immer noch unter der Quote aller Ausländer in Deutschland (16,2 Prozent). Der Satz für Hartz IV beträgt maximal 391 Euro im Monat plus Kosten für die Unterkunft. Die IAB-Experten rechnen in diesem Jahr mit 120.000 bis 130.000 Neuankömmlingen aus Rumänien und Bulgarien.

5. Bekommen EU-Ausländer Kindergeld?

Ja. Auf das Kindergeld haben EU-Bürger vom ersten Tag an Anspruch. Das gilt auch für Kinder, die nicht in Deutschland, sondern in ihrem Heimatland leben. Das hat der EuGH im Juni 2012 entschieden. Dies muss aber mit Kindergeldbezügen in der Heimat verrechnet werden. Das deutsche Kindergeld beträgt 184 Euro im Monat für die ersten beiden Kinder, danach steigt es. Laut Finanzministerium entstehen dem Staat pro Jahr 200 Millionen Euro Kosten durch Kindergeldansprüche von Saisonarbeitern aus EU-Staaten für ihre zu Hause lebenden Kinder. Kommunen vermuten, dass Kindergeld Anreize für eine Zuwanderung nach Deutschland setzt.

6. Wie will die Bundesregierung gegen Missbrauch vorgehen?

Der Deutsche Bundestag hat in der vergangenen Woche eine Reihe von Maßnahmen zur Eindämmung sogenannter Armutsmigration beschlossen. Der Bundesrat muss allerdings den neuen Regelungen noch zustimmen. Demnach sollen Zuwanderer bei Täuschung der Behörden mit befristeten Wiedereinreiseverboten rechnen. Das Aufenthaltsrecht zur Arbeitssuche wird auf sechs Monate beschränkt – außer bei konkreter Aussicht auf Erfolg. Um den Mehrfachbezug von Kindergeld auszuschließen, wird die Vorlage einer Steueridentifikationsnummer verlangt. Die CSU hat Anfang des Jahres mit dem Slogan “Wer betrügt, der fliegt” die Debatte angeheizt. Daraufhin hatte die schwarz-rote Koalition einen Ausschuss eingesetzt, die den Maßnahmen-Katalog erstellte.

(APA)

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