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Warten auf Vorschlag für Tagesvignette

In Bregenz haben am Freitag Bürgermeister Markus Linhart (V) und Vizebürgermeister Gernot Kiermayr (Grüne) im Rahmen einer Pressekonferenz die Abschaffung der Vignette gefordert.

„Das Beispiel Bregenz beweist, dass die Vignette als Lenkungs- und Finanzierungsinstrument denkbar ungeeignet ist“, sagte Linhart. Von Finanzminister Karl-Heinz Grasser (V) erwarten sich die beiden Stadtpolitiker noch in diesem Herbst einen Vorschlag zur Einführung einer Tages- bzw. Korridorvignette.

In den Augen von Linhart ist es an der Zeit, die Vignette einer grundsätzlichen Diskussion zuzuführen. Er trete für eine generelle Bemautung des Straßensystems ohne Unterscheidung von höher- und niederrangigem Straßennetz ein, sagte der Bürgermeister. Eine solche Bemautung müsste laut Linhart grenzüberschreitend, leistungsorientiert und mit ökologischem Steuerungseffekt gestaltet werden. Kiermayr sprach sich für ein flächendeckendes Road-Pricing aus.

Zunächst aber könnte eine Tages- bzw. Korridorvignette Entlastung für den Großraum Bregenz bringen. „Wir wollen jeder Möglichkeit auf eine Verbesserung nachgehen“, betonten die beiden Politiker, sahen die Chance auf eine Einführung einer solchen Vignette aber selbst als gering an. „Wegen dem Grundsatz der Gleichbehandlung wird es sie nicht geben“, räumte Kiermayr ein. Linhart versprach jedoch, „dass wir dem Bund in der Frage einer Korridor- bzw. Tagesvignette lästig bleiben werden“. Finanzminister Grasser habe im Juli zugesagt, im Herbst neue Vorschläge zu präsentieren.

Eine generelle Lösung für das Verkehrsproblem in Bregenz wollte Linhart nicht in Aussicht stellen. „Die gibt es nicht. Unsere Aufgabe wird es sein, Verbesserungspotenziale zu finden und zu verfolgen“, sagte der Bürgermeister. In diesem Zusammenhang kündigte er für den 30. September auch ein Gesprächsforum mit Vizekanzler Hubert Gorbach (B), Vertretern der Nachbargemeinden von Bregenz, süddeutschen Kommunen und zwei EU-Abgeordneten an.

Der Bregenzer SPÖ warfen Linhart und Kiermayr Populismus vor. „Es wurden Lösungsmöglichkeiten vorgetäuscht, um anschließend uns die Schuld in die Schuhe zu schieben, dass angeblich nichts passiert“, sagte Kiermayr. Linhart verwies darauf, dass die Stadt keine unmittelbaren Kompetenzen habe und listete eine Reihe von gesetzten Maßnahmen zur Verkehrsentlastung auf. Dass die SPÖ – die Bregenzer Sozialdemokraten haben kommende Woche alle Fraktionen zu einem runden Tisch eingeladen – auf die Sachebene zurückkehren wolle, werteten die beiden Politiker positiv. Bisher habe SP-Stadtvertreter Günter Wild, der in den vergangenen Wochen im Namen des Personenkomitees „Wir machen dicht“ drei Straßenblockaden organisierte, Gesprächsangebote abgelehnt.


Grüne Bregenz zu “SP-Verkehrspopulismus”

“Der Stau findet in den Köpfen statt”

“Der motorisierte Verkehr ist eine Geißel für Menschen und Umwelt. Die Grünen haben volles Verständnis für die AnrainerInnen der Reich-, Arlberg- und Rheinstraße”, stellt der Bregenzer Vizebürgermeister Dr. Gernot Kiermayr eingangs klar. “Gerade deshalb kritisieren wir die SPÖ: sie agiert ohne realistische Perspektive, also populistisch.”

Für Kiermayr heißt Verkehrspopulismus:

  • die Betroffenen zu täuschen, indem Lösungen vorgetäuscht werden
  • das Problem zu vereinfachen und so zu tun, als läge es nur an der Untätigkeit einzelner, vornehmlich des politischen Gegners
  • Schuldige aus anderen Ländern zu suchen – da gibt es den fließenden Übergang zum Verkehrsnationalismus oder -chauvinismus.

“Zu Ferienzeiten und an den Wochenenden wälzen sich viele PKWs mit ausländischen Kennzeichen durch Bregenz. Tatsache ist dennoch: Der Verkehr im Raum Bregenz ist, wie in jeder urbanen Region, vornehmlich hausgemacht. Im Unterschied zu den Hobby-Verkehrszählern, die immer nur sehen, was sie sehen wollen – nämlich die deutschen Kennzeichen – beweist die Köll-Studie eindeutig, dass an normalen Wochentagen bis zu 90% der Autos in Bregenz entweder aus der unmittelbaren Umgebung oder aus der Stadt selbst kommen, also kein Transit-, sondern Ziel-, Quell-, Binnenverkehr sind”, hält der grüne Verkehrsstadtrat fest.

“Das Problem ist also kein nationales, auch kein regionales, sondern in erster Linie eines, das das Bewusstsein betrifft. Es lässt sich nicht durch Neu – oder Ausbau von Straßen lösen, sondern nur durch ein Umdenken und Umsteigen. Diese unangenehme Wahrheit möchten die Populisten den Menschen gern ersparen”, so Kiermayr.

“Um den Stau in den Köpfen aufzulösen, gibt es die europaweite Woche der Mobilität mit dem autofreien Tag. An letzterem könnten wir erproben, wie lebenswert unsere Stadt durch den weitgehenden Verzicht aufs Auto würde, dass für die meisten auch das Einkaufen oder der Weg zur Arbeit mit Fahrrad oder öffentlichen Verkehrsmitteln möglich wäre. Das ist eine Steigerung an Lebensqualität.

Kiermayr benennt die vordringlichen Aufgaben der Politik: den Umstieg zu ermöglichen, einen staufreien öffentlichen Verkehr anzubieten, für mehr und bessere Busspuren und eine frequenzstarke Bahnverbindung zwischen Lindau und St. Margrethen sowie der Ausbau des Stadtbusses und des Radwegenetzes zu sorgen.

“Die Grünen lehnen jede Erweiterung des bestehenden Straßennetzes – auch die zweite Pfändertunnelröhre – als Schritt in die falsche Richtung ab. Da gibt es auch keinen Konsens mit der ÖVP, auch nicht in Bregenz”, stellt der grüne Vizebürgermeister klar. “Mit der von der SPÖ geforderten direkten Verbindung Dornbirn-Schweiz würde gar eine weitere Transitschleuse geöffnet.”

“Wer behauptet oder suggeriert, dass die Tagesvignette eine nennenswerte Entlastung vom täglichen motorisierten Verkehr bringe, täuscht sich und andere. Auch technische Maßnahmen wie Ampelsteuerungen haben eine begrenzte Wirksamkeit, schon gar nicht können sie an den Staatsgrenze aufgestellt werden.” Kiermayr fasst die Kritik der Grünen zusammen: “All diese Vorschläge und Forderungen sind keine Lösungen, sondern Verkehrspopulismus.”

Der Fraktionsobmann der Bregenzer Grünen, Heribert Hehle, begründet, warum sich die Grünen nicht an den Blockaden beteiligen: “Die SPÖ hat den Verkehr als Oppositionsthema entdeckt. Im Unterschied zu den Grünen zeigt sie aber nicht Probleme und Lösungen auf, sondern beschränkt sich auf Aktionismus und Populismus – mit geringer Beteiligung der Bevölkerung.”

“Die Grünen haben in der Vergangenheit immer wieder demonstriert und blockiert, aber immer mit begründeten Forderungen und realistischen Perspektiven”, so Hehle. “Wir tragen in Bregenz Regierungsverantwortung. Regieren heißt Lösungen erarbeiten und umzusetzen. Aus diesen Gründen sehen wir in diesen Blockaden kein sinnvolles Instrument.

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