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Warnstreiks in der Metalltechnischen Industrie ab Montag

PRO-GE-Chef Rainer Wimmer (SPÖ) während einer Betriebsversammlung
PRO-GE-Chef Rainer Wimmer (SPÖ) während einer Betriebsversammlung ©APA
Nachdem es in der Nacht auf Freitag zu keiner Einigung in den Metaller-KV-Verhandlungen gekommen ist, gibt es ab Montag Warnstreiks in Betrieben der Metalltechnischen Industrie (FMMI).
Metaller-KV: Warnstreiks ab Montag

Dafür werden zuletzt lediglich unterbrochene Betriebsversammlungen wieder aufgenommen. Die Arbeitgebervertreter überlegen nun, ihren Betrieben “freiwillige Lohn-/Gehaltserhöhungen zu empfehlen”.

Beide Verhandlungsseiten – Arbeitnehmer- und Arbeitgebervertreter – haben ihre Standpunkte zu den derzeit unterbrochenen KV-Verhandlungen im Ö1-“Morgenjournal” bekräftigt. Die Warnstreiks richteten sich nicht gegen die ÖVP/FPÖ-Regierung, sagte PRO-GE-Chef Rainer Wimmer (FSG) zum Vorgehen der Gewerkschaft. “Es geht einfach darum, für die Kolleginnen und Kollegen ein ordentliches Ergebnis zu erzielen – wie alle Jahre und so ist es natürlich auch heuer.” Man wolle von den Arbeitgebern ernst genommen werden.

Arbeitgeber sprechen von “fairem Angebot”

Während Wimmer bekräftigte, dass sich die Gewerkschaften nicht ernst genommen fühlten und ein telefonisches Angebot der Arbeitgeber nach der Verhandlungsunterbrechung als ebenso nicht ernst zu nehmend kritisierte, sah Arbeitgebervertreter Christian Knill dieses Angebot weiter als fair an. Die Gewerkschaften wollten eine Kampagne fahren, kritisierte Knill. Die Arbeitgeber boten ein Lohn-/Gehaltsplus von 2,7 Prozent und Zugeständnisse im Rahmenrecht. “Wir waren der Meinung, unser Abgebot ist fair”, sagte Knill Donnerstagnacht im Gespräch mit der APA. Samt Zugeständnissen im Rahmenrecht “wäre das Gesamtangebot bei mehr als 3 Prozent gelegen.”

Warnstreiks zumindest bis Mittwoch

Beide Seiten gingen gestern wie auch heute davon aus, dass man sich schon wieder zusammensetzen werde. Der erste Schritt liegt aus Sicht der Arbeitgeber nun aber bei den Arbeitnehmern, um einen neuen Termin zu finden. “Sollten die Gewerkschaften nicht an den Verhandlungstisch zurückkehren (…), denkt der Fachverband daran, den Mitgliedsbetrieben in den nächsten Tagen zu empfehlen, freiwillige Erhöhungen der Löhne und Gehälter in Höhe von 2,7 Prozent rückwirkend per 1.11. durchzuführen”, teilte die Arbeitgeberseite in der Nacht in einer Aussendung mit. Ein ähnliches Vorgehen gab es zuletzt rund um den Eisenbahner-KV und rief massive Kritik der dortigen Gewerkschaft vida hervor.

Streiks in Österreich seit 1945
Streiks in Österreich seit 1945 ©APA

Während der Warnstreiks werde sich zeigen, wie lange diese dauern. Die Streiks dürften zumindest bis Mittwoch laufen und so die KV-Gespräche in kleineren Metallerbranchen begleiten, die für Montag, Dienstag und Mittwoch angesetzt sind. Auch dort werde der Druck erhöht, kündigte Wimmer schon gestern nach Abbruch der Verhandlungen an. In der Metalltechnischen Industrie arbeiten gut 130.000 Menschen, in den fünf weiteren, viel kleineren Metallerbranchen sind es noch einmal rund 60.000. “Wir werden den gemeinsamen KV (für alle Metaller der verschiedenen Unterbranchen mit insgesamt gut 190.000 Mitarbeitern, Anm.) mit ganzer Kraft verteidigen”, sagte Wimmer.

Spaltungsvorwürfe

Dass die Arbeitgeber im Metaller-KV zumindest für die 1.200 Betriebe der Metalltechnischen Industrie überlegen, eine freiwillige Lohn-/Gehaltserhöhung von 2,7 Prozent umzusetzen, stößt bei der Gewerkschaft auf massive Kritik. “Es scheint modern zu werden, dass die Arbeitgeber versuchen, die Belegschaft zu spalten”, kritisierte GPA-djp-Chef Karl Dürtscher im APA-Interview am Freitagvormittag.

Abschlüsse der Metaller
Abschlüsse der Metaller ©APA

“Das lassen wir uns nicht gefallen. Es wird versucht, die Arbeitnehmer mit einem Prozentsatz abzuspeisen, der den wirtschaftlichen Rahmenbedingungen nicht entspricht.” Dürtscher spielte damit auf ein ähnliches Vorgehen beim Eisenbahner-KV an, das für die Gewerkschaften nicht akzeptabel sei. Man werde zeigen, dass die Beschäftigten hinter dem Vorgehen der Gewerkschaft stünden und es der Gewerkschaft nicht um den Selbstzweck gehe.

Ansonsten ließ der Gewerkschafter auch kein gutes Haar am Vorgehen der Arbeitgeberverhandler bei den KV-Verhandlungen in der Metalltechnischen Industrie (FMMI). Gestern sei es zuerst einen Schritt nach vorne, dann aber zwei, drei Schritte zurückgegangen. Zuerst habe es Zusagen zu rahmenrechtlichen Forderungen der Gewerkschaft gegeben. “Plötzlich hat es geheißen, diese können nicht gehalten werden. Das ist eine absolut unübliche Vorgehensweise, eigentlich eine Frechheit”, sagte Dürtscher.

Angriff auf Arbeitgeber-Sprecher

Es stimme auch nicht, dass die Arbeitgeber mehr als 3 Prozent geboten hätten. Der GPA-djp-Mann griff heute auch einmal mehr den Sprecher der Arbeitgeber, Christian Knill, an: Dieser sitze selbst nicht am Verhandlungstisch, “und behauptet dann Angebote, die es so nicht gegeben hat”.

Wie sollen Arbeitnehmer und Arbeitgeber in der verfahrenen Situation nun doch noch zusammenfinden? “Es wird wieder eine Gesprächsbasis geben müssen. Es ist ganz klar, es wird ein Ergebnis geben. Auf Arbeitgeberseite muss aber Vernunft einkehren.” Leider habe man derzeit aber den Eindruck, dass seitens der Arbeitgeber bisher “kein Abschlusswille vorhanden” war bzw. ist. Bisher seien die Arbeitgeber nicht bereit gewesen, die Beschäftigen am Ertrag teilhaben zu lassen. Die wirtschaftliche Lage sei sehr gut. “Die Gewinnmitnahmen der Unternehmenseigentümer sind auch hoch. Die Beschäftigten haben sich einen gerechten Anteil an den Gewinnen verdient.”

“Montag beginnen nun einmal die Warnstreiks – vorzugsweise ab Mittag.” Diese Warnstreiks würden sich dann in die kommende Woche hinein ziehen, aber nicht allzu lange dauern. Wo und wann genau sei noch offen, sagte Dürtscher im Gespräch mit der APA.

Filzmaier: “Elchtest für die Sozialpartnerschaft”

Der Politologe Peter Filzmaier ist am Freitag auf die politische Tangente eingegangen, die hinter den heurigen Herbstlohnrunden liegt. Es ist ein Elchtest für die Sozialpartnerschaft selbst”, sagte Filzmaier im Ö1-“Mittagsjournal” des ORF-Radio. In Österreich stelle sich durch die neue Regierungskoalition aus ÖVP und FPÖ nämlich eine “Grundsatzfrage: Welches Modell der Interessenvertretung wollen wir eigentlich?” Es gehe darum, ob man ein konsensuales oder ein pluralistisches System mit einem freien Interessenwettbewerb haben wolle.

Schließlich sei die Sozialpartnerschaft nicht mehr so gut eingebunden, wie bei SPÖ/ÖVP-Koalitionen. Die FPÖ stelle zudem die Sozialpartnerschaft grundsätzlich infrage, gab der Politikwissenschafter zu bedenken. Die großen Streitthemen zwischen der Regierung und der Opposition seien auch in den Metaller-Verhandlungen zu sehen.

Eskalationsspirale

Der Arbeitgeberseite bei den Metallern könne man vorwerfen, von der wirtschaftsliberalen Gesinnung der Regierung zu wissen und den gegebenen Spielraum nutzen zu wollen. Umgekehrt könne man der Gewerkschaft vorwerfen, in die Oppositionsrolle zu schlüpfen. Hier könnte es auch innerhalb der SPÖ darum gehen, zu zeigen, wie wichtig man innerhalb der Sozialdemokratischen Partei sei, mutmaßte Filzmaier. Es gehe auch um die Frage, wie stark die Gewerkschaft die Organisationsarbeit in der SPÖ mitübernehmen solle. Denn sie sei “der stärkste Teil, den die SPÖ überhaupt noch hat”.

Bis gestern gegen 22 Uhr hätte Filzmaier noch “übliche Streitrituale” gesehen, sagte er konkret zu den Metaller-Gesprächen. Durch die gescheiterte Runde sieht er die Sache jetzt aber etwas anders: “Es häufen sich die Indizien, dass es schon grundsätzlicher ist.” Der Streit gehe wohl über den unmittelbaren Interessenbereich der beiden direkten Verhandlungspartner hinaus. “Es geht auch um die Grundsatzfrage, wie verhält sich der Arbeitgeber gegenüber den Arbeitnehmern – auch im öffentlichen Interesse. Die Eskalationsspirale kann da natürlich noch weitergedreht werden.”

 

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