AA

Vorarlberger schrieb über Hexenprozesse

242 Hexenprozesse in Nord, -Ost- und Südtirol im Hauptzeitraum Ende des 15. bis Ende des 18. Jahrhunderts hat Hansjörg Rabanser für das Buch "Hexenwahn" untersucht.

Das Werk wurde am Freitagabend in Meran vorgestellt. Die „klischeehaften Vorstellungen“ über die Hexenverfolgung habe sich dabei relativiert. Das Land Tirol sei bei den Prozessen und Urteilen „besonders human“ gewesen, sagte er zur APA.

Den Hexenprozessen fielen in etwa gleich viele Männer wie Frauen in Tirol zum Opfer. 13 Kinder unter 14 Jahren, davon vier Mädchen und neun Buben, wurden zum Tode verurteilt. „Bei den Prozessen ging es sich nicht nur um Hexerei. Auch wegen Zauberei oder abergläubischem Vergehen mussten sich die Leute verantworten. Rund 30 Prozent waren reine Hexenprozesse“, berichtete Rabanser.

80 „klar feststellbare Todesurteile“ habe er in den Akten gefunden. Zu 90 Prozent seien die Urteile von einer „Lebendverbrennung“ zu „Enthauptung und dann Verbrennung gemildert“ worden. Enthauptung sei „das Humanste“ gewesen. Einmal sei einem Buben auch unter Ausschluss der Öffentlichkeit die Adern geöffnet worden. „Das war eine Besonderheit in Tirol“, sagte Rabanser. Eine öffentliche Hinrichtung war im damaligen Verständnis ein große Ehrenverletzung. Kinder, Alte und Personen, „die sich weniger zu Schulden kommen haben lassen“, seien daher im Gerichtshaus getötet worden.

Die Gerichte hätten meist „Lebendverbrennungen“ gefordert. „Sie mussten aber jedes Urteil an die Regierung schicken und dort wurde es meist in Enthauptung und dann Verbrennung gemildert“, sagte er. In den Prozessakten habe er die Korrespondenz zwischen Regierung und Gerichten gefunden. Flächendeckend seien darin die Prozesse erfasst worden, weil jeder zur Beurteilung an das Land Tirol weitergeleitet werden musste.

Die Vernehmung habe immer zuerst mit einem „gütlichen Verhör“, also Fragen zum Sachverhalt, begonnen. War der Angeklagte nicht geständig, sei er mit Daumenschrauben, „Aufziehen“ oder Schlafentzug gefoltert worden. Beim Aufziehen sei er an seinen am Rücken zusammengebundenen Händen aufgehängt worden. „Manchmal wurde dem Verdächtigen auch noch zusätzlich Steine an die Füße gehängt“, wusste Rabanser. Bei der Schlaffolter sei der Beschuldigte 40 Stunden, auf einem spitz zugeschnittenen Holzbalken sitzend, wach gehalten worden. Kurz vor dem Einschlafen habe er mit einer Haselrute Schläge erhalten.

Bei der Arbeit mit den Quellen habe sich für ihn die Rolle der Kirche bei der Hexenverfolgung reduziert, sagte der Autor. „Sie hat zwar die Basis dafür gelegt, die Prozesse haben aber weltliche Gerichte geführt. Kleriker und Juristen haben ab dem 17. Jahrhundert die Lehre bekämpft.“ In Tirol seien die Prozesse auch nicht deswegen geführt worden, weil sich die Kirche Hab und Gut der beschuldigten Personen aneignen wollte. „Viel eher waren sie in Tirol Defizitgeschäfte. Es wurden die Ärmsten der Armen angeklagt“, erklärte er.

Die geographische Verteilung der Hexenverfolgungen sei schwer festzustellen. „Da muss man auch immer die Quellenlage beachten“, stellte er fest. Außerdem mussten viele die Prozesse an das Gericht in Innsbruck oder Meran abgeben, weil sie sie selber nicht führen durften.

Service: Hansjörg Rabanser: „Hexenwahn – Schicksale und Hintergründe“, Haymonverlag, Innsbruck, 336 Seiten, 29,90 Euro; ISBN 3-85218-509-2

home button iconCreated with Sketch. zurück zur Startseite
  • VOL.AT
  • Vorarlberg
  • Vorarlberger schrieb über Hexenprozesse