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Vorarlberger Arzt soll gefälschtes Medikament verkauft haben

Festnahmen und 92 Geschädigte - Schwerkranke bekamen überteuerte und wirkungslose Substanzen.
Festnahmen und 92 Geschädigte - Schwerkranke bekamen überteuerte und wirkungslose Substanzen. ©Symbolbild/Bilderbox
Ein Vorarlberger Allgemeinmediziner soll seit August 2015 das angebliche Krebsheilmittel "Powerlight" verkauft haben, bei der Substanz handelte es sich aber nur um eine Kochsalzlösung. Die Tochter eines Opfers erstattete Anzeige.

Die Verzweiflung schwerkranker Patienten haben zwei voneinander unabhängig agierende Tätergruppen in Österreich ausgenützt. Wie das Bundeskriminalamt (BK) am Freitag mitteilte, wurden den Betroffenen Ampullen zu überhöhten Preisen verkauft, deren Inhalt von Kochsalzlösungen bis hin zu nicht zugelassenen Produkten reichte. Bisher gab es vier Festnahmen, 92 Geschädigte wurden identifiziert.

Der Handel mit den Präparaten “Powerlight” und “GcMAF” ist laut Bundeskriminalamtssprecher Vincenz Kriegs-Au ein EU-weites Phänomen. In Österreich stieß man in Vorarlberg bzw. Oberösterreich auf derartige Fälle. Die Verdächtigen nahmen jeweils Kontakt zu Patienten auf, deren Chance auf Heilung durch die Schulmedizin gering war.

Vorarlberger Arzt verkauft Kochsalzlösung als “Allheilmittel”

Im ersten Fall kam man einem Vorarlberger Allgemeinmediziner auf die Spur, nachdem die Tochter eines Opfers im Mai 2016 Anzeige wegen Betrugs erstattet hatte. Die Ermittlungen ergaben, dass der Verdächtige seit August 2015 das angebliche Krebsheilmittel “Powerlight” verkaufte. Nach der Untersuchung der Plastikampullen stellte sich heraus, dass es sich bei der Substanz um eine Kochsalzlösung handelte. Der Verdächtige vertrieb das Mittel über eine eigens dafür in Österreich gegründete Firma, bei der man das Produkt online bestellen konnte. “Powerlight” sollte dabei sämtliche Krankheiten heilen, der Preis richtete sich nach der Schwere der Krankheit. Im Schnitt kosteten vier Ampullen rund 1.580 Euro, berichtete das BK.

80 Geschädigte bezogen das Produkt nach dem derzeitigen Ermittlungsstand, einige davon waren bei Bekanntwerden des Falles bereits verstorben. Der Gesamtschaden belief sich bisher auf 70.000 Euro. Der Mediziner und ein Mittäter wurden infolge auf freiem Fuß angezeigt. Sie bestritten eine Betrugsabsicht.

Zweiter Fall in Oberösterreich

Der zweite Fall wurde dem Bundeskriminalamt im November 2016 bekannt, nachdem Europol mitteilte, dass österreichische Abnehmer das Präparat “GcMAF” der Firma FirstImmune gekauft haben sollen. Dabei handelte es sich ebenfalls um ein nicht zugelassenes Präparat, das zur Behandlung zahlreicher schwerer Erkrankungen beworben wurde. Das Produkt sollte unter anderem Tumorzellen angreifen. Es gab laut BK sogar inzwischen wieder zurückgezogene Publikationen in wissenschaftlichen Fachmagazinen.

Bei den Ermittlungen stieß man auf neun Verdächtige in Oberösterreich, die schwerstkranke Patienten zur Behandlung mit dem Produkt angeworben haben. Zwölf Opfer sind bisher bekannt. Die Verdächtigen kauften die Ampullen um rund 500 Euro an und veräußerten sie ihren Opfern mit einem Gewinnaufschlag von 200 Prozent. Auch hier richtete sich der Preis nach dem Einkommen und der Schwere der Krankheit. Den Kranken wurde in diesem Fall jedoch noch Siedebenzin, Kohlenstoff und THC-haltige Substanzen verabreicht, was schwerste Nebenwirkungen zur Folge hatte.

Insgesamt geht man von vier Haupttätern aus, die sich seit Dezember des Vorjahres in Untersuchungshaft befinden: Ein 52-jähriger Steinmetz, ein 33-jähriger Wettlokalbetreiber, ein pensionierter Zahnarzt und ein 53-jährigen Baumeister. Diese gaben sich gegenüber den kranken Opfern als Apotheker oder als Onkologen aus. Auch hier wurde eine Betrugsabsicht bestritten.

Aufgrund der österreichischen Erkenntnisse zu “GcMAF” wurde laut BK im Februar 2017 in Frankreich und auf der britischen Kanalinsel Guernsey gegen Hersteller und Organisatoren des Vertreibernetzwerkes vorgegangen. Es wurden demnach mehrere Untergrundlabore ausgeforscht und mehrere Beschuldigte festgenommen. Das Bundeskriminalamt ersucht weitere Opfer der beiden Tätergruppierungen um Kontaktaufnahme unter BMI-II-BK-3-1-6@bmi.gv.at.

(APA)

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