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Vorarlberg: Tausende "Trauergäste" für VGKK

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Die Vorarlberger Vertreter der Arbeitnehmer, Ärzte und der Betriebsrat der Krankenkasse verabschiedeten sich am Donnerstag von der VGKK. Zur Betriebsversammlung und Demonstration seien mehr als 2.000 Personen erschienen.
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Die Demonstration wurde im Vorfeld per Todesanzeige in den Vorarlberger Medien angekündigt. Zur Eröffnung der “Trauerfeier” wurde daher auch vor allem in Schottland als Trauerlied beliebte “Amazing Grace” angestimmt.

“Amazing Grace” zur Eröffnung durch Wilhelm Oss

Vor allem die Arbeitgebervertreter der Arbeiterkammer nahmen sich kein Blatt vor den Mund. AK-Direktor Rainer Keckeis und als Abschluss der Veranstaltung AK-Präsident Hubert Hämmerle schonten die Bundesregierung nicht.

AK-Direktor Keckeis

AK-Präsident Hubert Hämmerle

Gewerkschaft spricht von über 3.000 “Trauergästen”

Ähnlich angriffig zeigten sich die Vertreter der Gewerkschaften. Über alle Sprecher war man sich einig, der Verlust der Eigenständigkeit werde auf Dauer zum Schaden der Vorarlberger Arbeitnehmer sein. Als Höhepunkt der Trauerfeier wurde das Logo der VGKK mit einem Trauerflor abgehangen.

Trauerflor für VGKK

Weitere “Trauergäste” waren neben GPA-Vorsitzender Vorarlberg Fritz Dietrich der Präsident der Vorarlberger Ärztekammer Jonas Michael, Obmann der Hauskrankenpflege Herbert Schwendinger, ÖGB-Frauenvorsitzende Iris Seewald und AGV-Vorsitzender und Geschäftsführer der Vorarlberger Kinderdörfer Christoph Hackspiel.

Die gesamte Trauerfeier

Beerdigungsfeier für Vorarlberger GKK

Mit einer Trauerkundgebung haben sich am Donnerstag Gewerkschafter, Versicherte und Krankenkassenangestellte gemeinsam mit Vertretern der Ärztekammer und der Hauskrankenpflege von der Vorarlberger Gebietskrankenkasse (VGKK) verabschiedet. Mehr als 2.600 Personen nahmen laut Gewerkschaftsangaben an der einstündigen Kundgebung gegen die geplante Kassenreform in Dornbirn teil.

VGKK-Logo mit einem schwarzen Tuch verhüllt

Unter Trauermusik wurde das VGKK-Logo mit einem schwarzen Tuch verhüllt, das Gebäude per Absperrband als “Wiener Hoheitsgebiet” gekennzeichnet. Grablichter wurden entzündet, schwarze Schleifen verteilt. “Die Regierung will das weltweit beste Sozialversicherungssystem zerstören!!! Warum???” und “Hände weg von unserer GKK” stand auf Bannern am Eingang der VGKK zu lesen. Dudelsackpfeifer spielten “Amazing Grace”, eine Blasmusikkapelle Trauermärsche.

“Man gibt seine Haushaltskasse auch nicht an die Hausgemeinschaft ab und hofft, dass dann Geld zurückkommt”, so eine empörte Teilnehmerin. Sie habe als Krankenpflegerin mit der GKK stets nur positive Erfahrungen gemacht. “Man kann das nicht widerspruchslos hinnehmen. Späteres Wehklagen kommt zu spät”, begründete eine Dame auf Krücken ihre Teilnahme. Von der Landesregierung komme viel zu wenig Aufschrei, “das verstehe ich nicht”. Es sei schwer zu glauben, dass die Reform keine Verschlechterung bringen werde. Die Kundgebung war zugleich eine Betriebsversammlung für die rund 300 VGKK-Mitarbeiter. Diese seien derzeit wegen der Pläne der Regierung “nicht so entspannt”, umschrieb VGKK-Betriebsratvorsitzender Willy Oss deren Besorgnis.

Redner befürchten Leistungsabbau

Die Redner prangerten das Vorgehen der Regierung an, befürchteten einen Leistungsabbau sowie die Verschiebung der Gesundheitsversorgung vom öffentlichen in den privaten Sektor. Zudem stieß die Machtverschiebung hin zu den Arbeitgebern und nach Wien sauer auf. Die Vorarlberger National- und Bundesräte wurden aufgefordert, dem Gesetz nicht zuzustimmen. Mehrere Redner beklagten mangelnde Unterstützung der Landesregierung. So wünschte sich etwa GPA-Landesgeschäftsführer Bernhard Heinzle “etwas mehr Pfeffer” von Landeshauptmann Markus Wallner (ÖVP). ÖGB-Landesvorsitzender Norbert Loacker erinnerte an die Unterstützung durch Landeshauptmann Herbert Sausgruber (ÖVP) beim “versuchten Kassenraub 2002” bis hinauf zum Verfassungsgerichtshof. “Landeshauptmann Wallner und Landesrat Bernhard könnten sich daran ein Beispiel nehmen”, so der Gewerkschafter.

Es gebe die Zusage, dass 85 Prozent der Beiträge ins Land zurückfließen sollen, bei den übrigen 15 Prozent, das seien immerhin 102 Mio. Euro, “sind wir Bittsteller in Wien”, so AK-Direktor Rainer Keckeis. Sobald es der Wirtschaft schlechter gehe, werde es einen Verteilungskampf geben. “Er stellt sich hin und erzählt irgendeinen Blödsinn, grinst dabei und alle sind begeistert”, so der AK-Direktor über die “super PR-Maschine” Bundeskanzler Sebastian Kurz (ÖVP), was die Demonstranten mit lauten “Buh”-Rufen unterstützten.

Hämmerle schlägt Landesgesundheitszentrum vor

AK-Präsident Hubert Hämmerle erklärte, man verschließe sich Reformen nicht und schlug neuerlich ein Landesgesundheitszentrum vor. “Alle in der gleichen Kasse – egal ob Bauer, Unternehmer oder Angestellter, das wäre eine Leistungsharmonisierung”. Aber die Bundesregierung verbreite Lügen über die Kosten der Kassen und zeige nur als Alibi Gesprächsbereitschaft. “Wir müssen weiterkämpfen und wir haben einen saulangen Atem”, so der AK-Präsident.

ÖGB-Landesfrauenvorsitzende Iris Seewald fürchtete um VGKK-Projekte für Mütter, Hauskrankenpflege-Obmann Herbert Schwendinger um Förderbeiträge für Heilbehelfe, GPA-Vorsitzender Fritz Dietrich um die kostenlose Mitversicherung für Angehörige und Ärztekammer-Präsident Michael Jonas um das Darmkrebsvorsorge-Programm. Die “vom Bund verursachte Erkrankung” der VGKK wäre durch stärkeres politisches Engagement zu verhindern gewesen, war sich Jonas sicher. Christoph Hackspiel, Geschäftsführer des Vorarlberger Kinderdorfs und Vorsitzender des Arbeitgebervereins für Sozial- und Gesundheitsorganisationen, beklagte die allgemeine Verschlechterung der Gesprächskultur und die “um sich greifende neue Religion des Drüberfahrens”.

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