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Vorarlberg: Neuer Mehrerau-Abt Vinzenz Wohlwend ist in sein Kloster verliebt

49-Jähriger löst Anselm van der Linde ab - Abt-Weihe erfolgt am 2. Jänner
49-Jähriger löst Anselm van der Linde ab - Abt-Weihe erfolgt am 2. Jänner ©VOL.AT | APA
Der gebürtige Liechtensteiner Vinzenz Wohlwend (49) ist zum neuen Abt der Zisterzienserabtei Wettingen-Mehrerau in Bregenz bestellt worden.
Neuer Abt für die Mehrerau

Wohlwend stellte sich am Dienstag der Öffentlichkeit vor, nachdem Papst Franziskus die Wahl des Theologen am Freitag per Dekret bestätigt hatte. Wohlwend folgt Abt Anselm van der Linde nach, der im Juli 2018 überraschend zurücktrat.

Er habe sich schlicht in die Mehrerau verliebt, “als er mit elf Jahren 1981 quasi als Pimpf” in die Schule – das Collegium S. Bernardi – kam, bekannte Wohlwend bei seiner Antrittspressekonferenz, für die er ein Klassenzimmer gewählt hatte. “Ich konnte mir nichts anderes vorstellen, als hier zur Schule zu gehen”, wies der neue Abt der Zisterzienserabtei aus dem Fenster mit Blick auf den Innenhof von Kloster und Schule. In der Mehrerau seien jene Werte gelebt worden, die ihm auch seine Eltern mitgegeben hatten: die Religion, das Arbeiten und die Bildung als einer der wichtigsten Werte seiner Familie.

Wohlwend will sich selbst infrage stellen

Besonderen Wert lege er darauf, sich selbst infrage zu stellen, als Lehrer werde er auch immer wieder aufs Neue mit seinem Glauben und seinem Lebensentwurf konfrontiert. “Der Blick von außen hilft darüber hinaus beim Reflektieren, wenn ich mit meinen Brüdern darüber spreche, wie es in Zukunft weitergehen soll”, so Wohlwend. Die Abtei sieht er auch weiter als Ort, an dem gebetet, gearbeitet und gelesen wird, verwies der neue Abt auf Schüler gleichsam wie auf seine 27 Mitbrüder. “Ich träume davon, dass die Mehrerau eine geistliche Quelle für die Menschen sein kann, ein Raum des religiösen Lebens”, erklärte sich der Theologe.

Nichtsdestotrotz sieht Wohlwend die Zisterzienserabtei auch als Wirtschaftsbetrieb. Rund 50 Lehrer, zehn Erzieher und zwölf Mitarbeiter in der Tischlerei “verdienen an diesem Ort ihre Brötchen”, rund 330 Schüler würden unterrichtet. Er nehme deshalb auch die wirtschaftliche Verantwortung ernst, man werde die auf gesunden Beinen stehenden Betriebe weiter entwickeln, “um unseren Mitarbeitern, so gut wie möglich, eine sichere Zukunft bieten zu können”. “Wenn sie dann auch noch von der Spiritualität und Aufrichtigkeit etwas mitnehmen können, umso besser”, sagte Wohlwend. Passend dazu wählte der Abt den Satz “Höre, erwäge, erfülle in der Tat” aus dem Prolog der Regel des Heiligen Benedikt als seinen Wappenspruch.

Kein Angst um Zukunft des Klosters

Angst, dass sein Kloster wegen Mangels an Nachwuchs keine Zukunft haben könnte, hat Wohlwend nicht, obwohl man “wie viele andere Klöster auch, älter” werde. “Was wir allerdings lernen müssen, ist, was wir noch selbst tun können und wo wir gute Mitarbeiter brauchen”, so Wohlwend.

Wohlwend wurde am 15. Oktober 1969 als zweites von vier Kindern in Grabs (Kanton St. Gallen) geboren und wuchs in Schaan (Liechtenstein) auf. Von 1981 bis 1989 besuchte er das Gymnasium der Zisterzienser in der Mehrerau. Nach der Matura studierte er Theologie in Salzburg, im schweizerischen Einsiedeln und Benediktbeuern (Bayern). 1990 begann er als Novize in Mehrerau, 1994 legte er die feierliche Profess ab. Von 1997 bis 2009 arbeitete er als Erzieher am Collegium S. Bernardi, seit 1999 war er dort Religionslehrer. Zum Priester wurde er am 19. September 1998 geweiht. 2009 wurde Wohlwend von Abt Anselm van der Linde als Prior und Novizenmeister beauftragt. Nach dessen überraschenden Rücktritt im Juli 2018 wurde Pater Vinzenz als apostolischer Administrator eingesetzt.

Überraschender Rücktritt von Pater Anselm

Der gebürtige Südafrikaner Pater Anselm von der Linde hatte Mitte Juli 2018 überraschend angekündigt, die Leitung des Konvents in neue Hände übergeben zu wollen.

Abt Anselm van der Linde
Abt Anselm van der Linde ©VOL.AT/Steurer

“Als einziger kirchlicher Vertreter Österreichs ist van der Linde das Thema Missbrauch offensiv angegangen”, zollte Wohlwend seinem Vorgänger Respekt. Der Skandal, der auch die Zisterzienserabtei betraf, habe ihn persönlich zutiefst erschüttert und ihn viel Kraft gekostet. Van der Linde befinde sich deshalb in Südafrika, um “seine Akkus wieder aufzuladen”. Wohlwend ging aber davon aus, dass van der Linde irgendwann wieder in die Mehrerau zurückkehren werde.

Die Weihe des neuen Abtes findet am 2. Jänner 2019 in der Klosterkirche Mehrerau statt.

Kloster Mehrerau hat seine Wurzeln in der Schweiz

Die Abtei selbst hat starke monastische und historische Wurzeln in der Schweiz. Das ursprüngliche Benediktinerkloster wurde 1806 durch die Bayern säkularisiert, erst 1854 kehrte das geistliche Leben zurück.

Ein halbes Jahrhundert diente die Anlage nach der Säkularisierung als Fabrik, Kaserne und Druckerei. Die barocke Klosterkirche wurde geschleift und als Baumaterial für den Hafen von Lindau verwendet. Zahlreiche Kunstschätze, Urkunden, Handschriften, Wiegendrucke und Bücher gingen verloren. 1854 ließ sich schließlich – mit kaiserlicher Bewilligung – der Konvent der 1841 im Kanton Aargau aufgehobenen Zisterzienserabtei Wettingen in Bregenz nieder.

Am 18. Oktober 1854 erweckte Abt Leopold Hoechle aus Wettingen mit sieben Patres und drei Brüdern die Mehrerau zu neuem Leben, gründete eine Schule – das heutige Collegium S. Bernardi – und baute die Kirche wieder auf. Dem Kloster am Bregenzer Bodenseeufer gehören derzeit 27 Mitbrüder an. Zur Mehrerauer Kongregation gehören sieben Männer- und 13 Frauenabteien in Österreich, der Schweiz, Deutschland, Italien, Slowenien und USA. Die Abtei ist nicht dem Diözesanbischof von Feldkirch unterstellt, sondern unmittelbar dem Heiligen Stuhl. Der Abt ist auch Mitglied der Österreichischen Bischofskonferenz.

Vielfältiges Aufgabengebiet

Zu den Schätzen der Abtei Mehrerau zählt u.a. die Originalpartitur der Schweizer Nationalhymne (“Schweizerpsalm”). Der Komponist des Schweizerpsalms war Pater Alberich Zwyssig, der 1854 als Kantor des damals neuen Zisterzienserkonvents nach Bregenz kam, wo er allerdings bald darauf verstarb. Eine Gedenktafel erinnert noch heute an ihn.

Das Aufgabengebiet der Mehrerauer Mönche ist ein vielfältiges. Neben der Seelsorge gilt es das nach wie vor bestehende Collegium S. Bernardi – Internat und Privatgymnasium – zu führen. In Bezug auf das Internat geriet die Mehrerau vor wenigen Jahren aufgrund von Missbrauchsfällen in den vergangenen Jahrzehnten in die Negativschlagzeilen. Daneben kümmern sich die Mönche auch um klösterliche Betriebe wie den Klosterkeller, eine Energiezentrale oder um eine Schreinerei. Ab 1923 wurde das Sanatorium “Maria, Heil der Kranken” betrieben, das aber mittlerweile unter der Trägerschaft der Vorarlberger Krankenhaus-Betriebsgesellschaft in ein Hospiz umgewandelt wurde.

Wichtige Stütze des Zisterzienserordens

Das Kloster Mehrerau gilt seit vielen Jahren als wichtige Stütze des Zisterzienserordens. Mehrere ehemalige und später aufgelöste Klöster wurden von Mönchen aus Mehrerau neu besiedelt, unter anderem auch das bekannte Kloster Birnau am deutschen Bodenseeufer. So entstammten auch zwei Generaläbte des Ordens aus der Mehrerau: Kassian Haid (1920-1927) und Sighard Kleiner (1953-1985). Der alte Wappenspruch des Klosters Wettingen lautet “Non mergor – ich gehe nicht unter”.

Kloster Mehrerau
Kloster Mehrerau ©VOL.AT

Der Ursprung der Abtei geht auf Graf Ulrich X. von Bregenz zurück, der einen päpstlichen Schutzbrief für ein neu zu gründendes Benediktinerkloster erhielt, das nach dem Vorbild der Hirsauer Reformbewegung in Andelsbuch im Bregenzerwald errichtet wurde. 1090 erfolgte der Ortswechsel an den Bodensee, wo 1097 der Bischof von Konstanz die neue Klosterkirche weihte. Die Mehrerau erhielt von ihren Stiftern umfangreichen Grundbesitz im Bregenzerwald, den Bereich des heutigen Bregenzer Stadtteils Vorkloster sowie Güter im Allgäu und Illergau in Deutschland.

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