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"vorarlberg museum" mit Sonderschauen zu Corona

"Shutdown. Vorarlberg und Corona" dokumentiert Pandemie-Alltag in Vorarlberg
"Shutdown. Vorarlberg und Corona" dokumentiert Pandemie-Alltag in Vorarlberg ©VOL.AT/Steurer
Nach dem Kunsthaus Bregenz (KUB) widmet sich nun auch das vorarlberg museum in einer Ausstellung der Corona-Pandemie.
Sonderschauen im Vorarlberg Museum
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"Shutdown. Vorarlberg und Corona" (3. Oktober bis 24. Jänner) dokumentiert - gerade frisch gesammelt - den Alltag der Vorarlberger in der Pandemie und den Umgang mit der neuen Situation. Außerdem werden Stücke aus der Sammlung des Hauses, nämlich die Favoriten der Kuratoren, in "Top 100. Sehen, wer wir sind" (bis Februar 2021) gezeigt.

Objekte aus der Corona-Zeit

Das vorarlberg museum begann noch vor der Schließung des Hauses am 16. März mit dem Aufbau einer "rapid response collection". Über digitale Plattformen wurde die Bevölkerung eingeladen, Fotos, Aufzeichnungen aller Art sowie Objekte zur Corona-Zeit einzureichen. Aus dem eingesandten Material speist sich nun die von Ethnologin Theresia Anwander kuratierte Ausstellung im Atrium. "Wir haben begonnen zu sammeln, weil uns das helfen wird, im Rückblick diese Zeit besser zu verstehen. Erreicht hat uns dreimal so viel, wie wir hier zeigen können", so Anwander. Vieles sei noch nicht aufgearbeitet. Fotografin Sarah Mistura nahm im Auftrag des Museums leere Plätze, volle Einkaufswagen und Verbotsschilder auf, die Schriftstellerin Daniela Egger dokumentierte die Zeit in einem Corona-Tagebuch. Auch Berufsfotografen und Künstler reichten Arbeiten ein, hier seien noch weitere Ankäufe geplant.

In der Schau finden sich Fiebertagebücher, Handlungsanweisungen, Schutzmasken, Einkaufslisten, Grenzübertrittsscheine, Schnappschüsse aus dem Home Office, Erzählungen vom Gartenglück, Kinderzeichnungen, Interviews mit betroffenen Berufsgruppen und sogar gehäkelte Corona-Viren. Dazu gesellen sich Arbeiten von Vorarlberger Künstlern, etwa die lautstarke "Abstandsmaschine" von Roland Adlassnig, die der Künstler aus zwei Ferrari-Hupen und einem Druckluftkompressor konstruierte. Kuratorin Anwander unterstrich, es gebe eine Fülle an Strategien, um mit der Pandemie fertig zu werden: "Das hat auch einen Mehrwert: Zu sehen, es gibt eine Möglichkeit, die Situation zu handeln". Die Sammlung ist noch nicht abgeschlossen: "Wir sammeln immer noch, denn wir stecken ja noch mittendrin", so die Kuratorin.

Museum rechnet mit schwierigen Zeiten

Trotz des Shutdowns blieb das vorarlberg museum also alles andere als tatenlos, wie auch Direktor Andreas Rudigier betonte. Und das, obwohl die Kultur ja "zum Deppen der Nation" gemacht worden sei, so Rudigier. Er rechnete mit Blick auf die Besucherzahlen auch im zweiten Halbjahr mit schwierigen Zeiten. Man habe im Haus sehr arbeitsintensive Monate hinter sich. So habe man neben der Corona-Schau, dem digitalen Ausbau und zahlreichen Publikationen auch die Ausstellung "Sehen, wer wir sind" erarbeitet, indem das Team des Museums die Sammlung neu befragte und wie so viele in der Corona-Zeit den Blick nach innen richtete. Die Sammlung des vorarlberg museum begann mit der Gründung des Museumsvereins 1875, zunächst wurden vor allem archäologische Zeugnisse aus der Römerzeit und der Frühzeit gesammelt, aber auch Stücke aus der Kunstgeschichte und aus der bäuerlichen Alltagskultur. Von den 60 Mitarbeitern des Museums sei ein Viertel mit dem Sammeln, Dokumentieren und Erhalt der Sammlung beschäftigt, so Rudigier.

Die Mitarbeiter wählten ihre Favoriten aus der 160.000 Objekte umfassenden Sammlung des Hauses. Diese "Top 100" sind nicht nach ihrer Bedeutung für das Land ausgesucht, teilweise spielt auch der persönliche Bezug eine Rolle. So ist das Lieblingsstück des Direktors eine Sporttasche eines Sportlers mit Migrationshintergrund aus den 1970er-Jahren, jenes des Haus-Archäologen Gerhard Grabher ein 9.500 Jahre altes Halswirbel-Knöchelchen. Daneben finden sich Krippenfiguren, ein Kalkstein-Findling, Objekte aus Stickerei, ein Rudolf Wacker-Gemälde, ein prunkvoller Rennschlitten aus dem 18./19. Jahrhundert, das Kleid der "Carmen" der Festspiel-Inszenierung 2017, Harpunen aus Geweih aus dem 3. Jahrtausend v. Chr., Architekturmodelle, die Tagebücher der Schriftstellerin Grete Gulbransson, ein Snowboard von Susanne Moll und eine Montafoner Holzräderuhr.

Interessante Denkanstöße

Erscheint die Sonderausstellung auf den ersten Blick wie ein buntes Sammelsurium, eröffnet sie in der näheren Betrachtung interessante Denkanstöße. So wurde auf eine ausführliche Objektbeschreibung verzichtet, vielmehr regen ein, zwei Sätze der neun Kuratoren, die das jeweilige Objekt auswählten, zum Weiterdenken an. Sie tragen darin oft humorvoll ihre Fragen, Erlebnisse und Erinnerungen an das Exponat heran. Die Museumsmitarbeiter kommen zudem auf Video zu Wort und erzählen über ihre Arbeit im Haus und über das Sammeln. Jährlich verzeichnet das Depot über 700 Neuzugänge. Gelagert ist die Sammlung des vorarlberg museum an drei Standorten in Bregenz-Vorkloster, Lauterach und Hard.

(APA)

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