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Vorarlberg: Kinderonko - So läuft die Kooperation mit St. Gallen

Mathis Fotografie
Mathis Fotografie ©Gemeinsame Sprechstunden ermöglichen Austausch und Abstimmung auf mehreren Ebenen.
Seit Anfang Dezember läuft die Kooperation mit dem Ostschweizer Kinderspital St. Gallen - die Verantwortlichen ziehen Zwischenbilanz.
Keine Interessenten für Zusatzausbildung
Das ist derzeit in Dornbirn möglich
„Die St. Gallen-Lösung hat uns gerettet“

Am 1. Dezember 2018 erfolgte der Start der neuen Kooperation in der Behandlung von an hämatologisch-onkologischen Erkrankungen (Leukämien oder Lymphome) betroffenen Kindern mit dem Ostschweizer Kinderspital St. Gallen. In diesem kurzen Zeitraum wurden an der Universitätsklinik Innsbruck fünf Vorarlberger Eltern mit dieser Diagnose ihres Kindes konfrontiert. Eine lebensbedrohliche und akute Krankheit, die eine sofortige Behandlung erfordert. Nach dem ersten medikamentösen Chemotherapie-Block in Innsbruck, haben sich drei Eltern für eine weitere Behandlung in St. Gallen entschieden.

Jetzt ziehen die Verantwortlichen aus St. Gallen und Dornbirn eine erste positive Zwischenbilanz. Im Gespräch sind Primaria Edda Haberlandt und DKGP Daniela Bechter vom Krankenhaus Dornbirn gemeinsam mit der Kinderonkologin Dr. Greiner-Lang aus St. Gallen.

Wie haben Sie die Zusammenarbeit in den letzten drei Monaten erfahren?

Dr. Greiner-Lang: Es hat auf Anhieb gepasst. Im Krankenhaus Dornbirn gibt es viel Know-How. Daran konnten wir gleich anknüpfen und uns ergänzen. Wir teilen die gleiche Haltung wie auch die selben Standards und Richtlinien. Das gibt allen Beteiligten die notwendige Sicherheit.

Primaria Edda Haberlandt: Es ist eine vertrauensvolle Zusammenarbeit. Alle Beteiligten sind motiviert und engagiert, das neue Projekt gemeinsam weiterzuentwickeln. Wir im Team sehen die Kooperation als Chance.

DGKP Daniela Bechter: Dabei schätzen wir den Austausch und das wertschätzende Miteinander. Vor kurzem haben drei Kolleginnen von uns die onkologische Pflegefortbildungen in Zürich besucht und konnten dort bereits erste Kontakte mit Kolleginnen und Kollegen in St. Gallen knüpfen. Die Vernetzung und den Austausch mit dem Team in St. Gallen erleben wir als sehr positiv.

Primaria Edda Haberlandt: Gemeinsam mit St. Gallen möchten wir unsere Vorstellungen und Ideen Schritt für Schritt umsetzen.

Dr. Greiner-Lang: Das ist ein Weg, den wir gemeinsam gehen. Das hat viel mit euch zu tun. Mit dem Pflegefachpersonal wie auch mit den Ärztinnen und Ärzten am Krankenhaus Dornbirn. Das ist wirklich ganz entscheidend für uns.

Kürzlich wurde über eine Häufung von Neuerkrankungen berichtet. Wie ist nun der Behandlungsweg dieser Kinder?

Primaria Edda Haberlandt: Seit vergangenen Dezember sind zehn Kinder an Krebs erkrankt oder haben ein Rezidiv erlitten. Bei fünf wurde ein solider Tumor diagnostiziert, bei weiteren fünf eine Leukämie oder Lymphome. Alle wurden nach einem aufklärenden Erstgespräch in Dornbirn an das Kooperationszentrum der pädiatrischen Universitätsklinik Innsbruck überwiesen. Bei Kindern mit hämatologisch-onkologischer Erkrankung informieren wir im Diagnosegespräch über die alternative Behandlungsmöglichkeit am KISPI St. Gallen. Besteht der Wunsch der Eltern, kann nach der ersten Entlassung aus der Klinik die weitere Behandlung in St. Gallen erfolgen. Das haben vier Eltern in unterschiedlichen Behandlungsstadien in Anspruch genommen.

Dr. Greiner-Lang: Das Krankenhaus Dornbirn ist die Drehscheibe und pflegt eine onkologische Zusammenarbeit mit dem Ostschweizer Kinderspital St. Gallen wie mit der Universitätsklinik Innsbruck. Wo die weitere Therapie durchgeführt wird, ist für die Betroffenen eine Entweder-Oder-Entscheidung und das ist richtig so. Welche Rolle wir übernehmen, ist im Kooperationsvertrag detailliert geregelt und wir halten uns an die vertragliche Regelung.

Primaria Edda Haberlandt: Von den betroffenen Eltern haben wir positive Rückmeldungen. Von jenen, die sich in Innsbruck bestens betreut fühlen, genauso wie in St. Gallen.

Ein öffentlicher Kritikpunkt war, dass Sie, Frau Dr. Geiner-Lang, nicht alle onkologisch erkrankten Kinder bei der Sprechstunde fachlich behandeln.

Dr. Greiner-Lang: Im Kooperationsvertrag ist festgehalten, dass wir in St. Gallen die volle Verantwortung nur für jene Patientinnen und Patienten mit einer Leukämie oder einem Lymphom tragen, die sich für die Behandlung in St. Gallen entschieden haben. Die Familien, die sich für Innsbruck entschieden haben, werden dort onkologisch behandelt und betreut. Unser Bestreben ist ganz klar, so viel wie möglich in Dornbirn zu machen. Die Verabreichung von Chemotherapien am Standort Dornbirn ist nicht möglich, aber es gibt darüber hinaus ganz viel, was das Krankenhaus Dornbirn für eine umfassende Behandlung anbietet. Hier können wir uns auf das Krankenhaus Dornbirn als starken Partner verlassen.

Primaria Edda Haberlandt: Und wir uns auf das Team in St. Gallen. Wir pflegen einen Austausch und ein Abstimmen auf mehreren Ebenen. Bei der wöchentlichen Sprechstunde sind alle Beteiligten in einem Behandlungsraum. Hier wird sichtbar, dass wir ein gemeinsames Ziel haben: Die bestmögliche Versorgung der Kinder.

Dr. Greiner-Lang: Dabei funktioniert Austausch immer nur gegenseitig. Um immer den gleichen Wissenstand über unsere Patientinnen und Patienten zu haben, wurden zum Beispiel neue Formulare entwickelt. Dieser einfache Dokumenten- und Informationsaustausch ist für unseren Alltag eine wichtige Erleichterung.

Primaria Edda Haberlandt: Zudem steht rund um die Uhr über das Fachdiensttelefon ein Ansprechpartner in St. Gallen für unsere Ärztinnen und Ärzte wie auch das Pflegefachpersonal zu Verfügung. Diese konsequente Erreichbarkeit schafft Sicherheit.

DGKP Daniela Bechter: Wie gut die Kommunikation funktioniert, das erleben auch die betroffenen Eltern. Ob in unseren Staff-Meetings, in der Onkoambulanz oder in der wöchentlichen Onkosprechstunde mit St. Gallen. Genau durch dieses Miteinander, das An-einem-Strang-ziehen aller Beteiligten macht die sensible Aufgabe der Betreuung von unseren besonderen Patientinnen und Patienten bewältigbar. Und zwar so, dass sie sich gut aufgehoben fühlen.

Primaria Edda Haberlandt: Es ist gelebte Kooperation, die spürbar ist.

Dr. Greiner-Lang: Und wir können unsere Patientinnen und Patienten sagen, wir sehen uns in Dornbirn.

Die Diagnose ist ein Schock. Wenn ein Kind an Krebs erkrankt, gehört das zu dem Schlimmsten, was Eltern passieren kann. Alle wollen, dass es diesen Kindern so schnell wie möglich gut geht. Wie gut sind die Chancen?

Primaria Edda Haberlandt: Onkologie ist bei Kindern kein Selbstläufer. Es ist eine lebenbedrohliche Krankheit, aber es gibt hohe Chancen auf Heilung. Wesentlich ist aber: Jede Therapie verläuft anders. Bei der häufigsten Form, der Leukämie, gibt es zahlreiche Varianten. Hier braucht es viel Erfahrung und Feingefühl, um so radikal wie nötig und zugleich so sanft wie möglich gegen die Krebszellen vorzugehen.

Dr. Greiner-Lang: Klares Ziel ist „back to normal“, also so schnell wie möglich zurück in die Normalität. Geheilt zurück ins Leben.

DGKP Daniela Bechter: Die Therapie ist für die Kinder schon sehr anstrengend. Gerade deshalb ist die Aufklärung bezüglich der Wirkung der Therapie und der Nebenwirkungen besonders wichtig. In der Onkosprechstunde am Mittwoch ist dann auch die Möglichkeit gemeinsam im Gespräch mit den Eltern und den Kindern mögliche Fragen und Sorgen zu besprechen.

Dr. Greiner-Lang: Familien müssen sich in der neuen und sehr bedrohlichen Situation erst zurecht finden. Hier ist es wichtig, sie zu informieren und zu begleiten. Alle Zentren arbeiten europaweit nach den gleichen vereinbarten Therapiekonzepten. Dabei sind Deutschland, Österreich und die Schweiz Teil der wissenschafltichen Arbeitsgruppe. Die Behandlung erfolgt daher nach genau festgelegten Therapieschemata. Es wird alles sehr gut dokumentiert. So können die Vorarlberger Patientinnen und Patienten in den in Innsbruck begonnenen Studien bleiben. Auf diesem Wege bleibt Wissen erhalten und austauschbar. Und trotzdem muss die Behandlung im Ablauf individuell angepasst werden. Es gibt keine Pauschaltherapie.

Primaria Edda Haberlandt: Es gibt markante Tage in der Therapie, die über weitere Maßnahmen entscheiden. Der Tag acht ist der Erste in der Weichenstellung der weiteren Behandlung. An Tag fünfzehn werden die Werte mittels Knochenmarkpunktion überprüft. Sind hier noch Krebszellen, sogenannte Blasten vorhanden, kommt die Einstufung in eine Hochrisikogruppe. Entscheidend sind daher die fristgerechten Tests und deren Ergebnisse.

Bei der Option St. Gallen – welche Behandlungen erfolgen konkret am Krankenhaus Dornbirn?

Primaria Edda Haberlandt: Wir übernehmen in den Wochen der Therapiepause die Betreuung mit Blutabnahmen, klinischen Kontrollen und Erstbeurteilung von Komplikationen. Bei der wöchentlichen Sprechstunde werden die betreuten Patientinnen und Patienten zu den ambulanten Visiten einbestellt und gemeinsam besprochen. Hier ist ein Onkologe vor Ort und wir können die Untersuchung als Ausbildung für die Assistenten nutzen.

Dr. Greiner-Lang: Es ist ein Wissenstransfer über die Grenze. Die Kooperation ist für beide Teams eindeutig eine Win-Win-Situation. Die größten Gewinner sind die Kinder, und das ist das Wichtigste für uns alle.

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