Jedes Haus soll zur Festung werden, an dem etwaige Angriffsversuche unserer Feinde zerschellen müssen! Der unerschütterliche Widerstandswille des deutschen Volkes kommt in dem Eifer, mit dem allerorts an dem Ausbau der Luftschutzbereitschaft der Häuser gearbeitet wird, zum Ausdruck.
So posaunte es damals, am 16. September 1939, knapp zwei Wochen nach Ausbruch des Zweiten Weltkriegs, aus dem Vorarlberger Tagblatt . Die Wirklichkeit sieht freilich anders aus. Bereits in der Nacht vom 2. auf den 3. Jänner 1940 wirft ein britisches Flugzeug über Vorarlberg Flugzettel ab – nicht nur die lokalen Nazi-Behörden reagieren nervös. Drei Jahre später heulen die Fliegeralarmsirenen im Ländle immer häufiger. Am 1. Oktober 1943 machen die Alliierten Ernst: Bei einem schweren Luftangriff auf ein Reservelazarett und die Lehrerbildungsanstalt in Feldkirch kommen 200 Schüler, Lehrer
und Soldaten ums Leben. Die als Propagandaveranstaltung inszenierte Totenfeier muss wegen Fliegeralarm vorzeitig abgebrochen werden.
Ständige Bedrohung
Bis zum Kriegsende ist jetzt der Himmel über dem Rheintal in regelmäßigen Abständen mit Bombern der Briten und Amerikaner bedeckt. Die gewaltigen Verbände mit über 100 Maschinen fliegen aber meist nach München, Stuttgart – und Friedrichshafen, einem Zentrum der Rüstungsindustrie. Den Ostmärkern am gegenüberliegenden Ufer des Bodensees sind diese nächtlichen Angriffe in schauriger Erinnerung.
Lina Cantin (82) aus Bregenz: Sirenen heulten. Aber die Bomber flogen in einer Schleife über Bregenz weg. Plötzlich zuckten Geschosse wie Blitze durch die Luft. Das war die deutsche Flak. Der Himmel war hell erleuchtet. Dann sah man grelle Feuerscheine am Horizont und wusste: Friedrichshafen wird wieder bombardiert. Die armen Leute! Die Stadt wurde dem Erdboden gleichgemacht.
Für die Vorarlberger Bodenseeanrainer hatte der Bombenhagel eine angenehme Begleiterscheinung. Manche Bomben explodierten im Bodensee , erklärt Cantin: Am nächsten Tag konnte man am Seeufer angeschwemmte tote Fische einsammeln, die durch die heftigen Druckwellen verendet sind.
Im April 1945, wenige Wochen vor Kriegsende, verstärken die Alliierten ihre Luftangriffe auf Vorarlberg. Zum einen, weil Wehrmachtseinheiten immer noch sinnlosen Widerstand leisten, zum anderen, um den Einmarsch der französischen Einheiten vorzubereiten und die Bewohner einzuschüchtern.
Wälderbahn attackiert
So sterben bei einem Tieffliegerangriff auf die einfahrende Wälderbahn in Bregenz zwölf Menschen. Auch die Attacke auf einen getarnten Munitionszug im Lauter acher Bahnhof fordert zahlreiche Opfer.
Am schwersten erwischte es Bregenz. Das Stadtzentrum wurde am 29. April bombardiert, weil Wehrmachtsgeneräle und SS-Einheiten die Stadt nicht kampflos übergeben wollten. Vier Bewohner bezahlten den Wahnsinn mit ihrem Leben. Viele Menschen wollen nur noch eins: Friede!
Lesen Sie morgen: Widerstand in Vorarlberg
Literaturtipp: Thomas Albrich, Arno Gisinger, Im Bombenkrieg. Tirol und Vorarlberg 1943Ö1945, Haymon-Verlag 1992.
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