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Vor Bösch - So stark setzte sich die Vorarlberger FPÖ für die gemeinsame Schule ein!

Landes-FP bislang klar auf Gesamtschul-Linie.
Landes-FP bislang klar auf Gesamtschul-Linie. ©APA
Vollzieht die Ländle-FPÖ einen Schwenk weg von der gemeinsamen Schule? Zumindest ging Landeschef Reinhard Bösch auf deutliche Distanz. Doch Landtags-Protokolle zeigen: Gerade die Landesblauen machten sich für die gemeinsame Schule in Vorarlberg stark! VOL.AT hat die Fakten.

Reinhard Bösch hat mit seinen Äußerungen zur gemeinsamen Schule eine Lawine losgetreten: Im Gespräch mit dem ORF verdeutlicht der FP-Landeschef, dass sich die Situation geändert habe. Er nimmt hierbei auf die Ergebnisse aus den Volksschulen und den neuen Mittelschulen Bezug, bei welchen es sich laut Bösch um “annähernd Mittelschulen” handeln würde: Es zeige sich, dass die Kinder nach “dieser Gesamtschule” nicht lesen, schreiben und rechnen können. Hier gelte es auch über die vom Landtag eingerichtete Task-Force neue Wege anzudenken.

Die Landes-FP als knallharte Opposition zum Schul-Kurs der restlichen Parteien? Landtagssitzungs-Protokolle sprechen eine ganz andere Sprache: War es doch gerade die Landes-FPÖ, die entgegen der Bundeslinie der Partei immer Vorreiter in Sachen Gemeinsame Schule war. Ein Überblick:

Sitzung des XXIX. Vorarlberger Landtags am 16. November 2011

VOL.AT/Steurer
VOL.AT/Steurer ©Pro Gesamtschule: FP-Benzer. VOL.AT/Steurer

LAbg. Silvia Benzer: Frau Präsidentin, Hoher Landtag! Zum Antrag der Grünen „Modellregion Gemeinsame Schule Vorarlberg“, dieser erhält unsere Unterstützung, und zwar aus folgenden Gründen. Wir sind der vollen Überzeugung, dass diese Gemeinsame Schule vor allem mehr Bildungs- und mehr Chancengerechtigkeit für die auszubildenden Schüler und Jugendlichen bietet als das herkömmliche System, und das vor allem aus sozialpolitischer Sicht.

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MiK ©Pro Gesamtschule: FP-Hagen. MiK

Landtagsvizepräsident Hagen: (…) Also die Wortmeldung von Dir, Kurt (Fischer), die hat mich wirklich darin bestärkt, dass ich als Bildungsreferent von Lustenau die Diskussion in Lustenau schon führen möchte, ob es nicht doch sinnvoll wäre, zumindest ein Pilotprojekt diesbezüglich, was die Gesamtschule in Lustenau anbelangt, zu initiieren.

2. Sitzung des XXIX. Vorarlberger Landtags am 5. März 2014

VOL.AT/Steurer
VOL.AT/Steurer ©Pro-Gesamtschule: FP-Egger. VOL.AT/Steurer

Klubobmann Dieter Egger: Und Sie haben vorher gesagt, wir reduzieren die Diskussion, also jetzt jedenfalls die Oppositionsparteien im Vorarlberg Landtag, die sich hier auf eine gemeinsame Form gefunden haben, reduzieren die Gemeinsame Schule auf die Organisationsform. Die Gemeinsame Schule hat im kleinsten Teil etwas mit Organisation zu tun, das ist eine Haltung. Das ist schlicht eine Haltung, wie wir uns Schule der Zukunft vorstellen, wie dort unterrichtet werden soll, wie man auf die einzelnen Fähigkeiten der Kinder eingeht, wie man begeistern kann. Wie Wissensvermittlung, aber auch Kreativität und Sozialverhalten gelehrt wird, was heute wesentlich wichtiger ist, als Kinder mit Wissen vollzustopfen. Also bei der Gemeinsamen Schule geht es weniger um die Organisation (Zwischenruf LR Dr. Mennel), Frau Kollegin Mennel, es geht um eine Grundhaltung, wie Schule in der Zukunft auszuschauen hat.

4. Sitzung des XXX. Vorarlberger Landtags am 13. Mai 2015

VOL.AT/Hofmeister
VOL.AT/Hofmeister ©Pro-Gesamtschule: FP-Waibel. VOL.AT/Hofmeister

LAbg. Christoph Waibel: Aber ich habe eine große Angst – das sage ich Ihnen ganz ehrlich -, dass das immer Hintertürchen öffnet, dass man schon irgendwie wieder wartet, ‚na, da kommt noch ein Forschungsprojekt und das kann man vielleicht dann auch in eine andere Richtung einmal interpretieren‘. Und ich möchte ganz klare Bekenntnisse, dass wir nur noch in eine Richtung interpretieren und argumentieren, und das ist: Wir haben ein gemeinsames Ziel und das ist die Gemeinsame Schule der Zehn- bis 14-Jährigen.
(…)Strache, kümmern Sie sich nicht um den Strache! Sie werden sich noch wundern, was wir in Vorarlberg, weil wir uns dazu bekennen; Sie werden sich noch wundern, was wir in Vorarlberg hinbekommen. Sie werden sich noch wundern! Ich bin gespannt, ob Ihre Leute dann in Wien, im Bund und im Nationalrat, dem auch so zustimmen, wie Sie vielleicht dann von uns überrascht werden.

Klubobmann Dieter Egger: Was man jetzt sagen kann, meine Damen und Herren, es gibt keine Ausreden mehr. Es gibt keine politischen Ausreden mehr, das nicht umzusetzen, was wir eigentlich in diesem Hause wollen, nämlich die Gemeinsame Schule.

Zadra: Argumente zur Kehrtwende vollkommen unglaubwürdig

Besonders heftig fiel die Reaktion der Grünen auf die Äußerungen Böschs aus: Die Argumente der Kehrtwende seien vollkommen unglaubwürdig. Der entsprechende Landtagsbeschluss in dieser Frage sei erst ein Jahr alt – und von den FP-Abgeordneten einstimmig und vollinhaltlich mitgetragen worden, wie die Grünen in einer neuerlichen Aussendung am Donnerstag betonen.

Grünen-Zadra mit heftiger Kritik an Bösch.
Grünen-Zadra mit heftiger Kritik an Bösch. ©Zadra mit heftiger Kritik an Bösch. VOL.AT/Hartinger

Im Gespräch mit VOL.AT weist Grünen-Bildungssprecher Daniel Zadra darauf hin, dass dem Beschluss zur gemeinsamen Schule ein umfangreiches Forschungsprojekt von anerkannten Experten vorausgegangen sei, die eine klare Empfehlung zur gemeinsamen Schule in Vorarlberg abgegeben hätten. 37.000 befragte Eltern hätten sich zudem für die gemeinsame Schule ausgesprochen. FP-Abgeordnete Cornelia Michalke habe vor kurzem sogar noch darauf hingewiesen, dass man zu langsam bei der Umsetzung der gemeinsamen Schule sei. Es hätten sich keinerlei neue Fakten ergeben, die nun aufkeimende Debatte habe allein mit dem Neo-Obmann der FPÖ, Reinhard E. Bösch, zu tun.

VP-Frühstück erneuert Kritik an FPÖ

Im Gespräch mit VOL.AT verdeutlicht auch VP-Klubchef Roland Frühstück – er sprach bezugnehmend auf die Äußerungen Böschs ja davon, dass dieser die Landes-FPÖ in die bildungspolitische Steinzeit katapultiere – seine Sicht der Dinge. Zwar beantwortete er auf Nachfrage nicht direkt, ob denn Unterstufengymnasien generell steinzeitlich seien – es gelte aber summa summarum, in allen Bereichen besser zu werden, so Frühstück. Hierzu sind seiner Meinung nach mehrere Verbesserungen nötig, was etwa auch die Defizite in der Volks- oder Vorschule anbelange. Hier gebe er – in der grundsätzlichen Analyse – den Freiheitlichen recht. Allerdings werde seiner Meinung nach von Nationalrat Bösch Bundespolitik ins Land hereingetragen. Das Ziel einer gemeinsamen Schule bestehe, so Frühstück, auf landespolitischer Ebene fort. Zuerst müssten aber die bundespolitischen Rahmenbedingungen stimmen.

Task Force ab Herbst

VOL.AT/Hofmeister
VOL.AT/Hofmeister ©Frühstück: Verbesserungen notwendig. VOL.AT/Hofmeister

Frühstück verweist weiters darauf, dass die Task Force mit den Klubobleuten im Herbst ihre Arbeit aufnehmen werde. Was am Ende des Prozesses herausschauen werde, sei momentan noch in die Kategorie “Kaffeesudlesen” einzuordnen. Jedenfalls hält auch er den Freiheitlichen vor, vom bisherigen landespolitischen Kurs abzuweichen: So hätten Dieter Egger, Silvia Benzer und Christoph Waibel klare Bekenntnisse zur gemeinsamen Schule abgegeben. Von dem von Kritikern des derzeitigen Schul-Diskurses eingebrachten Einwurf, Vorarlberg brauche keine gemeinsame Schule – sondern im Gegenteil, sogar weitere Unterstufengymnasien – hält Frühstück in der gegenwärtigen Phase nichts. Bevor der Prozess überhaupt in Gang gekommen sei, seien diese Diskussionen nicht zielführend.

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