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Von Kriegsopfern und Spielautomaten

Bregenz – Klingt bizarr, ist aber Fakt: Nach dem Kriegsopferabgabengesetz kann das Land Vorarlberg seit Anfang März pro Spielapparat in Wettbüros 700 Euro monatlich kassieren.

Die betreffende Gemeinde kann weitere 700 Euro pro Automat einheben, in diesem Falle nach dem – etwas logischer klingenden – Gemeinde­vergnügungssteuergesetz. Macht unterm Strich 1400 Euro pro Automat und Monat, die der Betreiber solcher Wettbüros zu bezahlen hat.

Und der Vermieter haftet

„Und tief versteckt in der Novelle des Kriegsopferabgabengesetzes“, ärgert sich nun die Vorarlberger Eigentümervereinigung, „steckt eine finanzielle Bombe für die Vermieter.“ Ja, wie denn dieses? Ganz einfach: Das Land hat in dieser Novelle festgelegt, dass der Vermieter für die Abgaben eines eingemieteten Spieleapparat-Betreibers haftet. Und das in vollem Umfang. Zahlt der Mieter eines solchen Büros also nicht für seine Spielapparate, haftet der Vermieter. Zudem gelten diese Haftungen auch noch rückwirkend für bereits bestehende Mietverträge. Markus Hagen, der Präsident der Vorarlberger Eigentümervereinigung, ist verärgert. „Bei im Schnitt acht Spielapparaten pro Lokal macht allein die Landesabgabe monatlich 5600 Euro aus. Das sind 67.200 Euro pro Jahr.“ Zusätzlich könnten eben auch die Gemeinden ihre Abgabe einheben: „Damit beläuft sich die Abgabenlast bei unserem Beispiel dann auf satte 134.400 Euro.“ Hagen empört: „Es ist ungeheuerlich, dass Vermieter für die Abgabenschuld ihrer Mieter zur Kasse gebeten werden sollen.“ Zumal es einem Vermieter ja auch gar nicht möglich sei, zu überprüfen, ob ein Mieter diese Abgaben bezahlt habe oder nicht: „Keine Behörde darf Auskunft geben.“ Auch könne es einfach jeden Vermieter treffen: „Falls ein Mieter ohne sein Wissen solche Apparate aufstellt und die Abgabe nicht zahlt.“

Und ein negatives Gutachten

Die Eigentümervereinigung hat das Konstrukt vom Verfassungsjuristen Karl Weber prüfen lassen. Ergebnis? „Laut Weber ist diese Regelung gleichheitswidrig und unverhältnismäßig.“ Hagens Kritik: „Es ist ja in Ordnung, wenn der Gesetzgeber versucht, diese Spiel-Machenschaften zu unterbinden. Aber so geht das nicht.“ Und im Übrigen dürfe man sich „dann auch noch wundern, dass das alles im Kriegsopferabgabengesetz verankert ist.“

„Nur ganz eingeschränkt“

Landesrat Siegi Stemer hält dagegen – ihm zufolge könnte „diese Vermieterhaftung nur ganz eingeschränkt zur Anwendung“ kommen. „Vorher würden viele andere Schritte gesetzt, um den eigentlich Haftenden – und das ist der Betreiber dieser Spielapparate – zur Zahlung zu verpflichten, bevor so eine Vermieterhaftung überhaupt in Frage käme“. Ein Beispiel für einen solchen Schritt? „Etwa im Einzelfall prüfen, ob es für den Verpächter vorhersehbar war.“ Laut Stemer finden Gespräche statt: „Der Landeshauptmann und ich haben uns mit der Sache auseinandergesetzt, wir führten Gespräche mit dem Gemeindeverband und den Eigentümern.“ Ziel dieser Gespräche sei es, „aufzuklären, und falls nötig, eine Korrektur vorzunehmen. Wir schauen, dass die Kirche im Dorf bleibt und bemühen uns um eine für alle Seiten taugliche Lösung.“ Bleibt eine Frage. Was hat das mit der Kriegsopferabgabe zu tun? „Es ist seit Langem so, dass dort der Betrieb von Wett-Terminals geregelt ist“, sagt Stemer.

VN
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