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Volle Punkte für den Tanz: "Marilyn" im Salzburger Landestheater

Dem Ballett-Ensemble des Salzburger Landestheaters gelang bei der Premiere von "Marilyn" ein starkes Spektakel um die legendäre Frauenfigur. In der Salzburger Balletttruppe finden sich überdies hervorragende Neuzugänge.
Bilder der Ballett-Uraufführung "Marilyn"
Viele wollten Peter Breuer und seine Art, Ballett zu machen, in Salzburg nicht mehr sehen. Trotz vieler Erfolge im Laufe der vergangenen 18 Jahre als Ballettchef im Salzburger Landestheater schien seine Formensprache ein wenig verbraucht oder zumindest allzu bekannt in Salzburg. Der neue Intendant hielt dennoch an Breuer fest, und dieser hat es den Unkenrufern und Kritikern jetzt richtig gezeigt. Mit “Marilyn” gelang dem alten Fuchs ein überraschend frisches und kompaktes Tanz-Spektakel, in dem sich die rund zur Hälfte neuen Tänzer des Ensemble gleich zum Saison-Auftakt von ihrer Schokoladenseite präsentierten und für einen fulminanten Publikumserfolg sorgten.

Natürlich eignen sich Monroes Lebens-Szenen von Fotoshootings, Reigen der Männer, Psychiatern, Alkohol- und Tabletten-Exzessen, Glamourshows oder dem legendären Präsidenten-Geburtstag für bildreiches Umsetzen in Bewegung. Dieses thematisch gefundene Fressen in ein berührendes Stück über die tragisch-gespaltene Sexikone zu verwandeln und das Publikum damit zwei Stunden lang gespannt bei der Stange zu halten, das geht entscheidend auf das Konto von Dramaturg Andreas Geier. Er hat alles weggelassen, was die Geschichte nicht braucht und psychologisches Gespür bewiesen für die traurige Diva, die die Welt mit ihrem Sex-Appeal in Atem hielt.

Auch Choreograph Breuer scheinen starke Frauenfiguren immer wieder zu inspirieren. Auch wenn er zur Figur Marilyn Monroe nichts Neues beitragen konnte. Aber das ist schließlich nicht die Aufgabe von Tanztheater. Dafür hat Breuer Bewegungsmuster und choreographische Abläufe aus dem Hut gezaubert, die so in Salzburg noch nicht zu sehen waren. Die Tänzer agieren wie losgelassen, und die Gruppen-Choreographien funktionieren (fast) immer präzis, ein paar Details werden sich einschleifen. Zweifellos ist “Marilyn” Breuers originellste Choreographie seit vielen Jahren.

Ausstatter Dorin Gal ist nicht in die Falle der Opulenz gegangen und hat seine Bühne zurückhaltend und konzentriert gestaltet. Wenige Requisiten wie ein Vorhang, der die Tänzer aber nicht die Blicke passieren lässt, tun ihre Wirkung, auch wenn die Szene nicht immer optimal ausgeleuchtet wirkt. Hervorragend getimt und abgemischt hingegen die Videos von Thomas Zengerle, der Originalaufnahmen von Marilyn Monroe mit selbst produzierten Videos und Pin-Up-Fotos der Tänzer zu einer atmosphärisch dichten Kulisse mischt.

Und dann die Musik von Franz-Josef Grümmer. Natürlich fehlen die Klassiker wie “My heart belongs to Daddy” oder “I wanna be loved by you” nicht – ginge wohl nicht anders. Aber Grümmer bricht sie, wie Marilyn selbst gebrochen ist. Gnadenlos blendet er Maschinen-Beats ein, mischt kreischende Klangeffekte dazu und schafft einen illustrierenden Soundtrack, ohne den diese Figur optisch nicht so eindringlich darstellbar gewesen wäre.

Anna Yanchuk tanzt die Marilyn. Aber auch ihre Kolleginnen schlüpfen in die Rollen der Ikone, wenn Dramaturg Geier andere Aspekte von Monroes Persönlichkeit deutlich machen wollte. Vor allem der Konflikt des Hollywood-Kunstproduktes mit dem Menschen Norma Jeane Baker (hervorragend: Kristina Kantsel) taucht immer wieder auf und produziert viele Marilyns wie Sugar (Lilyia Markina), Gladys Baker aus Misfits (Cristina Uta) oder die diversen Showgirls aus Filmen und Konzerten (Katherine Watson, Maria Gruber und Carla Wieden Dobon). Auch bei den Männern überzeugen die Neuzugänge Daniel Asher Smith, Josef Vesely oder Junior Demitre und fordern die bekannten Ensembletänzer Marian Meszaros oder Alexander Korobko zu neuerlichen Höchstleistungen.

Unter dem Strich: Salzburg hat mit “Marilyn” einen Ballett-Reißer, der das Publikum auf hohem tänzerischen, musikalischen und dramaturgischen Niveau unterhält. Hut ab.

(Von Christoph Lindenbauer/APA)

“Marilyn”, Ballett-Uraufführung im Salzburger Landestheater. Idee und Choreographie: Peter Breuer. Buch und Dramaturgie: Andreas Geier. Musik: Franz-Josef Grümmer. Ausstattung: Dorin Gal. Videos: Thomas Zengerle. Die Tänzer: Anna Yanchuk, Kristina Kantsel, Josef Vesely, Cristina Uta, Katherine Watson, Carla Wieden Dobon, Lilyia Markina, Maria Gruber, Marian Meszaros, Junior Demitre, Alexander Korobko, Daniel Asher Smith und Sokol Bida. 0662 / 87 15 12-0 oder http://www.salzburger-landestheater.at

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