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"VN"-Interview mit Minister Hahn

Schwarzach - Wissenschaftsminister Hahn im "VN"-Interview. Der Minister fühlt sich bei Studiengebühren an die Schwerarbeiterregelung erinnert. Lesen Sie mehr:

VN: Herr Minister, wie groß ist die Baustelle, die Sie mit den Universitäten übernommen haben?

Hahn: Von einer Baustelle will ich nicht reden, es gibt mehrere Herausforderungen, die so beschaffen sind, dass die 100 Tage Schonfrist nicht einmal 100 Minuten angedauert haben.

VN: Die dringlichsten Herausforderungen sind wohl Studiengebühren und Zugangsbeschränkungen zu den Medizin-Unis. Wie aber ist es um den Zustand der Hochschulen selbst bestellt?

Im Großen und Ganzen sind die Unis in einem guten Zustand. Natürlich gibt es Hörsäle, die überfüllt sind und in denen Studenten auch am Boden sitzen müssen; da brauchen wir gar nicht lange herumreden. Aber daran muss man arbeiten.

VN: Gibt es zu viele Studenten oder zu kleine Hörsäle?

Die Zahl der Studenten ist in den letzten sechs, sieben Jahren um 30 Prozent gestiegen. Das ist erfreulich. Das Problem ist, dass die Infrastruktur nicht mithalten konnte.

VN: Die EU stößt sich nun an den Quotenregelungen, die Österreich für in- und ausländische Studenten an den medizinischen Universitäten hat: ein Verfahren vor dem EuGH droht. Wie werden Sie vorgehen?

Mittlerweile haben mehrere Staaten dasselbe Problem; dass nämlich Studierende aus Nachbarländern an die Universitäten drängen. Ich werde mich daher um eine europäische Allianz bemühen.

VN: Heute werden Sie die deutsche Bildungsministerin Schavan treffen.

Vor einer Woche hat sie mir schon am Telefon bestätigt, dass sie mit der bestehenden Quotenregelung einverstanden ist. Der Punkt ist, dass das aus österreichischer Sicht ein vitales Thema ist: Wir müssen sicherstellen, dass der ärztliche Nachwuchs auch weiterhin vorhanden ist. Das bedeutet, dass wir pro Jahr 1000 bis 1200 Promoventen brauchen, die in Österreich als Ärztinnen und Ärzte tätig werden.

VN: Und die EU-Kommission, die nun mit einer Klage droht, soll das akzeptieren?

Gerade in politischen Belangen sollte man klug und weise sein: Es kann ja nicht das Interesse der EU sein, sich einen Schuss ins Knie zuzufügen. Die Stimmungslage in Österreich ist eindeutig: Wenn man uns verurteilt, dann ist das vor allem ein Imageproblem für die Europäische Union.

VN: Der Koalitionspakt sieht vor, dass man sich der Studiengebühren durch Sozialdienst entledigen kann. Soll auch Blasmusik spielen dazu zählen, wie es jetzt sogar gefordert wird?

Nein, das ist auch mit einem höheren Vergnügungsfaktor verbunden.

VN: Was soll man sich unter Sozialarbeit vorstellen?

Gemeint ist Freiwilligenarbeit; mein Verständnis davon ist, dass man das aus anderen Motiven macht als sich der Studiengebühren zu entledigen. Die Diskussion geht also in die falsche Richtung.

VN: Erinnerungen an die Schwerarbeiterregelung werden wach.

So ist es. Daher möchte ich den Beratungen über eine Regelung nicht vorweg greifen.

VN: Warum wurden die Studiengebühren für sozial Schwache nicht gleich abgeschafft? Das wäre einfacher.

Reden wir Tacheles: Wir von der Volkspartei haben die Studiengebühren eingeführt; wir sind überzeugt davon, dass das eine sinnvolle Maßnahme ist. Die Sozialdemokraten haben vor der Wahl versprochen, die Gebühren abzuschaffen; das haben sie nicht einhalten können. Jetzt ist es darum gegangen, eine Lösung zu finden, die es der SPÖ ermöglicht zu sagen, sie habe etwas eingebracht.

VN: Und Sie als ÖVP-Politiker müssen das umsetzen?

Das ist meine Aufgabe.

VN: Sie gelten als liberaler ÖVP-Vertreter. Sind Sie das?

Ich kann nur mein politisches Credo erklären: Aufgabe von Politikern ist es, Rahmenbedingungen zu schaffen, damit die Menschen ihr Leben so gestalten können, wie sie es möchten.

VN: Wären Sie auch in eine schwarz-blau-orange Regierung gegangen?

Ich glaube, dann hätte ich mich weiter auf Wien konzentriert.

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