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VN-Gespräch mit Dr. Annemarie Pieper

Rund 200 Lehrerinnen und Lehrer treffen sich heute im Kulturhaus Dornbirn. Im Mittelpunkt steht die Berufs-orientierung, die das BIFO an den Schulen verstärken will.

Philosophisch geht Dr. Annemarie Pieper das Thema
an. Denn Arbeit ist bekanntlich nur das halbe Leben.

VN: Was ist für Sie Lebenskunst?

Pieper: In jeder Situation, ganz gleich wie überraschend oder auch unangenehm sie sein mag, so zu reagieren, dass es weder übers Ziel hinausschießt noch in bloßes Nichtstun mündet. Also eine Art Gelassenheit.

VN: Um es mit einem Ihrer Buchtitel zu sagen: ist es Glückssache, ein
Lebenskünstler zu sein?

Pieper: Es kommt darauf an, was man unter Glückssache versteht. Wenn es das Glück ist, das unter Zufallsglück fällt, würde ich eher sagen nein. Es geht mehr darum, dass jeder seines eigenen Glückes Schmied ist.

VN: Sie referieren heute vor Pädagogen. Glauben Sie, Ihre Botschaft kommt da an?

Pieper: Ich denke, der Stress, den Lehrpersonen haben, wird häufig unterschätzt. Kinder sind heute nicht mehr so leicht zu erziehen. Dass man das jetzt alles den Pädagogen aufhalst, ist schon ein ziemlicher Brocken. Von daher glaube ich, dass diese Leute für ihre Freizeit etwas brauchen, das gegensteuert. Und es bringt auch etwas, wenn man beginnt darüber nachzudenken, was man selbst tun kann, um
sich das Leben zu erleichtern.

VN: Wie findet ein Pädagoge zu mehr Genuss und Entspannung?

Pieper: Das muss jeder für sich herausfinden. In unserer Kultur wird Individualität groß geschrieben. Entsprechend unterschiedlich sind wir. Da gibt es kein Patentrezept. Aber es gibt kleine Dinge, und wenn’s beim Essen und Trinken anfängt. Dass man sich etwas gönnt. Etwas, worauf man Lust hat.

VN: Sie loben auch die Faulheit.

Pieper: Zugegeben, Faulheit ist ein Wort, das negativ besetzt ist. Aber sich auf Faulheit zu trainieren ist wahnsinnig schwer. Wir sind ja alle mehr oder weniger Workaholics. Uns fehlt die Muße. Heraustreten aus der Zeit, die einen hetzt, finde jedoch ich ungeheuer wichtig. Und das muss man wieder lernen.

Zur Person:

Prof. Dr. Annemarie Pieper

Jahrgang: 1941

Wohnort: Rheinfelden, CH

Ausbildung: Studium der Philosophie, Anglistik und Germanistik, 1967 Promotion in Philosophie, 1972 Habilitation in München

Lehrgebiete: Ethik in philosophischer und systemischer Hinsicht, Klassische Existenzphilosophie, Utopien, zahlreiche Publikationen

Lebensmotto: Morgen ist auch noch ein Tag

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