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Vergesst Rendi-Wagner

©APA/MICHAEL GRUBER
Gastkommentar von Johannes Huber. Ohne einen besseren Ludwig an der Spitze ist die Sozialdemokratie verloren, darf Sebastian Kurz auf eine lange Kanzlerschaft hoffen.

Die SPÖ-Führungsfrage polarisiert: Die einen behaupten, Pamela Rendi-Wagner könne es nicht, die anderen, von Genossen wie Hans Peter Doskozil und den 25 feigen Prozent, die ihr auf dem Parteitag ihre Stimme vorenthalten haben, ohne sich zu outen, werde ihr der Job unmöglich gemacht.

Die Wirklichkeit ist komplizierter: Als Gesundheitsministerin galt Rendi-Wagner einst als Hoffnungsträgerin. Diejenigen, die sie als Nachfolgerin von Christian Kern schließlich zur SPÖ-Vorsitzenden machten, gingen jedoch ein Risiko ein: Sie hatte keine „Hausmacht“ in der Partei, wie man so sagt. Sie verfügte über null Erfahrung auf parlamentarischer Ebene bzw. in der politischen Auseinandersetzung mit Vollprofis wie Sebastian Kurz. Und so weiter und so fort. Umso bemerkenswerter ist, dass man sie allein und immer wieder scheitern ließ.

Und dass entscheidende Leute wie Wiens Bürgermeister Michael Ludwig und Kärntens Landeshauptmann Peter Kaiser nach der historischen Niederlage bei der Nationalratswahl 2019 genauso wenig Konsequenzen zogen wie beim bescheidenen Ausgang der Vertrauensabstimmung über Rendi-Wagner vor einem Jahr: Sie hätten zumindest auf die Pauke hauen und alle Funktionäre vom Boden- bis zum Neusiedlersee dazu auffordern müssen, das zu zeigen, was die Sozialdemokratie einst auszeichnete: Geschlossenheit.

Anhänger von Rendi-Wagner weisen gerne darauf hin, dass sie aus Überzeugung das Beste für Österreich und seine Menschen wolle, ohne dabei Eigeninteressen zu verfolgen. Das Problem ist, dass das nicht reicht: Nötig wäre zusätzlich die Gabe, im Wettstreit unter anderem gegen die türkise ÖVP von Sebastian Kurz zu gewinnen und eine relative Mehrheit für die SPÖ zu erzielen. Das wiederum setzt flächendeckende Unterstützung aus den eigenen Reihen voraus. Ohne eine solche gibt es keinen Wahlsieg.

Vor diesem Hintergrund hat es keinen Sinn, dass sich Rendi-Wagner hinstellt und sagt, sie werde weiterkämpfen. Sie sollte vielmehr einsehen, dass es zu viele Genossinnen und Genossen gibt, die die Sozialdemokratie lieber untergehen als in ihren Händen sehen.

Und dann? SPÖ-Chef Doskozil? Woher: Der gute Mann ist mit türkis-blauer Politik im Burgenland erfolgreich, weil ÖVP und FPÖ ebendort schwächer sind. Auf Bundesebene wäre er damit zweiter oder dritter. Michael Ludwig? Schon eher: Er ist einer der wenigen Sozialdemokraten, die sowohl nach links als auch nach rechts Signale aussenden können, die ankommen. In der Coronakrise hat er sich zuletzt in ganz Österreich sehr viel Respekt verschafft mit seinem bedächtigen Kurs. Den Bürgermeister-Posten wird er jedoch kaum aufgeben. Und überhaupt: Auch seine Möglichkeiten sind begrenzt. Bei der Gemeinderatswahl hat die Partei unter seiner Führung nur zwei Prozentpunkte gewonnen, obwohl die Freiheitlichen fast 24 verloren haben. Von daher war das mager.

Das Drama der SPÖ ist, dass sich kein Kandidat, keine Kandidatin für die Rendi-Wagner-Nachfolge aufdrängt. In ihrer Not muss sie daher wohl wieder ein Risiko eingehen. Auch Finanzstadtrat Peter Hanke, der immer wieder genannt wird dafür, wäre ein solches: Ob er außerhalb Wiens nicht nur passable Bekanntheits-, sondern auch Beliebtheitswerte erreichen könnte, kann ebenso wenig vorhergesehen werden wie die Frage, ob er sich als Sebastian-Kurz-Herausforderer behaupten könnte.

Johannes Huber betreibt den Blog dieSubstanz.at – Analysen und Hintergründe zur Politik.

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