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Verfahren um ÖVP-Wahlkampfkosten auf Herbst vertagt

Wirtschaftsprüfer nehmen die vorgelegte Wahlkampfkostenbilanz der ÖVP unter die Lupe.
Wirtschaftsprüfer nehmen die vorgelegte Wahlkampfkostenbilanz der ÖVP unter die Lupe. ©APA
Ob die ÖVP im Zuge des NR-Wahlkampfes 2019 tatsächlich unter der vorgeschriebenen Ausgabengrenze geblieben ist, müssen nun Wirtschaftsprüfer klären. Das Verfahren gegen den Falter wurde vorerst auf Herbst vertagt.
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Die ÖVP hat am Montag zu Beginn eines gegen die Wochenzeitung "Falter" angestrengten Verfahrens ihre Wahlkampfkostenabrechnung für 2019 vorgelegt. Diese weise rund 5,6 Mio. Euro aus und sei ein Beleg dafür, dass die 7-Millionen-Grenze eingehalten wurde, so der Parteianwalt. Von den Rechnungsprüfern bestätigt wurde die Summe, in der u.a. die Wahlkampfprämien für Mitarbeiter fehlen, aber noch nicht.

ÖVP legte Wahlkampfkostenbilanz vor: Prüfung folgt

Die Rechnung wird nun kommende Woche von vom Rechnungshof bestellten Wirtschaftsprüfern unter die Lupe genommen. Die Wirtschaftsprüfer müssen der Darstellung der ÖVP nicht folgen, sondern können einzelne Posten doch noch dem Wahlkampfbudget zurechnen. Dann müsste das korrigiert werden, wie einer der Zeugen am heutigen Verhandlungstag, ein Buchhalter der Bundes-ÖVP, einräumte.

Der Medienanwalt und ehemalige Liste-Jetzt-Abgeordnete Alfed Noll wiederum legte zu Verhandlungsbeginn seinerseits ein Gutachten der Medien-Sachverständigen Barbara Sommerer für den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat (UPTS) vor, das ein Überschreiten der gesetzlichen Wahlkampfkostengrenze von 7 Mio. Euro bei der Nationalratswahl 2019 vermutet und beantragte ihre Einvernahme. Für sein Gegenüber, Rechtsanwalt Werner Suppan, ist das Gutachten für die Beurteilung "unbrauchbar", weil "zahlenmäßig und sachlich falsch".

Nehammer erläuterte unterschiedliche Rechnungsposten

Innenminister Karl Nehammer (ÖVP), der wegen seiner Funktion als damaliger Generalsekretär geladen war, machte gleich zu Beginn klar, dass er weniger für den kaufmännischen Part denn für die interne und externe Kommunikation zuständig gewesen sei. Daher sei er auch "nicht im Detail" mit der Wahlkampfkostenrechnung befasst gewesen. In der Rückschau sei aber jedenfalls ein wesentliches Thema in der Wahlkampfplanung von 2019 gewesen, dass man die Kosten nicht wie 2017 überschreiten dürfe. Unterschiedliche Positionen in der Wahlkampfrechnung erklärte Nehammer damit, dass Ausgaben, die auch in Nicht-Wahlkampf-Jahren schlagend würden, eben gemäß Parteiengesetz nicht zu den Wahlausgaben zu rechnen sind. Sondern nur jene zwischen dem Stichtag (2019 war das der 9. Juli) und dem Wahltag, und da auch nur jene Kosten, die auch tatsächlich für den Wahlkampf verwendet wurden.

Genau das nahm Noll zum Anlass, einzelne Posten zu hinterfragen. Er wollte wissen, warum Luftballons und "Wahlkampfprämien" Budget nicht den Wahlkampfkoten zugerechnet wurden. Der ÖVP-Buchhalter erklärte das damit, dass die Prämie für die Mitarbeiter für das gesamte Jahr ausbezahlt werde - und es sich eben um ein Wahljahr gehandelt habe. Und wenn die Luftballons bereits vor Bekanntwerden der Neuwahl angeschafft wurden, dann könnten diese auch nicht dem Wahlbudget zugerechnet werden. Gleiches gelte auch für Kugelschreiber. Diese hatten kein Branding und konnten daher sowohl während als auch außerhalb des Wahlkampfes verwendet werden. In diesem Punkt musste der Buchhalter einräumen, dass er auch von einem Wirtschaftsprüfer letztlich korrigiert worden sei.

Wirtschaftsprüfer sollen Detailfragen klären

Auch die Sommer- bzw. Bergauftour des Bundeskanzlers finde in jedem Jahr statt und sei somit nach Argumentation der ÖVP daher auch nicht den Wahlkampfkosten zuzurechnen. Wie es denn mit den Sonnenbrillen und Shirts für die Sommertour gewesen sei, hatten diese nichts mit dem Wahlkampf zu tun, wollte Noll wissen. Diesbezüglich meinte der Buchhalter auch, dass der Abschluss 2019 eben noch nicht geprüft wurde. Wenn der Prüfer jetzt feststellt, dass die Sonnenbrillen doch Wahlaufwand sind, muss das korrigiert werden. Für die Detailfragen müsste die Prüfung daher abgewartet werden. Wie der Rechtsvertreter der ÖVP anmerkte, werden diese Posten aber "das Kraut nicht mehr fett machen". Schließlich sei man mit den rund 5,6 Mio. Euro deutlich unter der Obergrenze von 7 Mio. Euro.

Verfahren gegen Falter wird im Oktober fortgesetzt

Das von der ÖVP gegen den Falter angestrengte Verfahren findet im Herbst eine Fortsetzung. Dann sollen weitere Zeugen gehört werden, unter anderem der ehemalige Pressesprecher, ein Wirtschaftsprüfer und die Medien-Sachverständige Barbara Sommerer, die für den Unabhängigen Parteien-Transparenz-Senat ein Gutachten erstellt hat. Das nächste Mal treffen die Streitparteien einander am 22. Oktober.

Falter-Redakteur Josef Redl, der in der heutigen Verhandlung als Zeuge befragt wurde, erklärte, dass die Wochenzeitung die Unterlagen anonym zugespielt bekommen habe. Insgesamt habe der Datensatz rund 15.000 Dokumente enthalten. Man habe daraufhin ein Recherche-Team gebildet und zu recherchieren begonnen, "ob diese auch plausibel sind". Auch habe man die eigene IT-Abteilung mit einer Analyse beauftragt. Teilweise gingen die Daten aus den Bereichen Personal, Budget und Finanzen bis in die 1990er-Jahre zurück. Zum Teil habe man die Dokumente daher auch mit schon erfolgten Veröffentlichungen verglichen und auf ihre Plausibilität hin geprüft. Auch habe man darauf Rücksicht genommen, dass nicht alles von öffentlichem Interesse ist. Vor der Veröffentlichung habe man auch eine Anfrage an die ÖVP über ihren Pressesprecher gestellt.

Im Zentrum der Recherche stand dann eine Datei mit dem Titel "Budget NR-Wahl19-Ausgaben". Darin habe sich eine Tabelle mit den Spalten "Betrag Soll Wahlkampf" und "Betrag Soll-nicht Wahlkampf" befunden. Das habe er so "gelesen", dass es sich dabei um eine Budgetplanung für den Nationalratswahlkampf handle, offensichtlich teils mit Mitteln, die im Rahmen des Wahlkampfes zum Einsatz kommen, aber nicht zum Wahlkampfbudget gezählt wurden. Zudem habe man mehrere korrespondierende Unterlagen in den Daten gefunden, die dies untermauert hätten, so Redl. Darunter war etwa auch ein Rechnungseingangsbuch oder eine korrespondierende Finanzplanung, wonach die Bundespartei mit 7,6 Mio. Euro plane, exklusive der Länder und Bünde, schilderte der Falter-Redakteur. Der Schluss des inkriminierten Artikels, dass die ÖVP plane, die Wahlkampfkostenobergrenze zu überschreiten, sei deswegen nahe liegend gewesen. Eine Rolle habe auch gespielt, dass dies in den Jahren 2013 und 2017 der Fall war.

"Berichterstattung hat uns wirklich hart getroffen"

Der aktuelle Generalsekretär Axel Melchior hatte im Zuge seiner Aussage zuvor betont, dass der klare Auftrag des Bundesparteiobmannes an ihn gewesen sei, die Wahlkampfkostengrenze nicht zu überschreiten. "Ich hätte auch gar nicht mehr Geld ausgeben können, weil wir nicht mehr zur Verfügung hatten." Daher habe man auch aus der "Not eine Tugend" gemacht und einen "kostengünstigen und sparsamen Wahlkampf" organisiert, einen sogenannten "Grassroots-Wahlkampf". Folglich habe man auch auf aufwendige Radio- und Fernsehspots verzichtet. Auch Melchior betonte, dass der Posten "Luftballons" quasi zum "laufenden Betrieb, zur Grundausstattung" gehörte. Die Sonnenbrillen wiederum seien bei der Sommertour zum Einsatz gekommen, die nicht dem Wahlkampf zuzurechnen sei. Melchior betonte, dass er überzeugt sei, dass die vom Rechnungshof bestellten Wirtschaftsprüfer die heute vorgelegte Wahlkostenabrechnung bestätigen werden.

Zudem hielt er fest, dass es "nicht die Art der ÖVP" sei, Medien wegen deren Berichterstattung zu klagen, dass man sich aber in diesem Fall ungerecht behandelt gefühlt habe. Schließlich habe man "alles unternommen, um die Wahlkampfkosten einzuhalten", so Melchior: "Die Berichterstattung hat uns damals wirklich hart getroffen." Wenn der Falter damals die Dokumente vorgelegt hätte, "hätten wir das in kürzester Zeit aufklären können", meinte Melchior. Das sei aber unterblieben.

(APA/Red)

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