Ein Obsorgestreit hat am Dienstag in Graz mit einer dramatischen Kindesentziehung seinen vorläufigen Höhepunkt gefunden: Ein fünfjähriger Bub wurde auf dem Weg in den Kindergarten von seinem Vater, der von einem Begleiter unterstützt wurde, der Mutter entrissen und in ein Auto gezerrt. Die Polizei vermutete, dass sich der 40-jährige dänische Staatsbürger in seine Heimat absetzen will, wo er die alleinige Obsorge besitzt.
Die Fahndung wurde eingeleitet, verlief aber zunächst ergebnislos.Während die Mutter die Polizei verständigte, rief deren Schwester bei Medien an und bat um Hinweise zum Fluchtfahrzeug, einen schwarzen Volvo mit Wiener Kennzeichen. Das Fahrzeug war, wie sich herausstellte, gemietet worden, die Flucht mit vermutlichem Fahrzeugwechsel, dürfte genau geplant worden sein.
Jahrelanger Obsorgestreit
Wie die Anwältin der Grazerin, Britta Schönhart, einen Bericht des ORF Steiermark bestätigte, ist ein jahrelanger Obsorgestreit Hintergrund der Tat: Dieser Tage habe das Landesgericht für Zivilrechtssachen in Graz den Vollzug des Obsorge-Entscheids eines dänischen Gerichts zugunsten des Mannes in zweiter Instanz abgelehnt. Die verlangte Rückführung des Buben zum Vater berge die Gefahr einer Traumatisierung, besagte ein Gutachten, auf das sich der Spruch laut Anwältin stützte. Der Vater hatte nur ein begleitetes Besuchsrecht erhalten.
Die Situation ist verworren: Die Grazerin, die mit dem Kindsvater in Dänemark zusammenlebte, aber nicht mit ihm verheiratet war, entschloss sich nach der Trennung 2010, mit dem Buben nach Österreich zurückzukehren. Zu diesem Zeitpunkt hatte sie die alleinige Obsorge, der Vater ein Besuchsrecht. Später leitete der Mann in Dänemark ein Verfahren auf Übertragung der alleinigen Obsorge ein – und gewann in allen Instanzen. Gegen die ehemalige Partnerin und Kindsmutter wurde hingegen ein Haftbefehl ausgestellt, der noch immer gültig ist.
Während sich die Polizei unter Hinweis auf das Kindeswohl mit Informationen zurückhaltend zeigte und lediglich bestätigte, dass die Fahndung eingeleitet wurde, ist für Anwältin Schönhart klar: “Wenn sie Dänemark erreichen, können wir nichts mehr tun.”(APA)
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