Präsident Donald Trump und andere Politiker beider Parteien würdigten Ginsburg. "Sie führte ein erstaunliches Leben", sagte Trump. "Sie war eine erstaunliche Frau." Sofort nach der Bekanntgabe ihres Todes brach zwischen Republikanern und Demokraten ein Streit über einen Nachfolger aus. Da dieser vom Präsidenten nominiert und vom Senat bestätigt wird, könnten die Republikaner die konservative Ausrichtung des Verfassungsgerichts auf Jahrzehnte zementieren.
Ikone liberaler Amerikaner
Ginsburg war die älteste Richterin am Supreme Court und eine Ikone liberaler Amerikaner. Sie wurde 1993 vom demokratischen Präsidenten Bill Clinton an das mit Abstand wichtigste Gericht des Landes berufen. Dort machte sie sich insbesondere als Verfechterin von Frauenrechten einen Namen. Sie war auch maßgeblich an Entscheidungen zu Fragen der Rechte von Homosexuellen sowie dem Abtreibungsrecht beteiligt. "Richterin Ginsburg ebnete den Weg für so viele Frauen, auch für mich", schrieb die frühere demokratische Präsidentschaftskandidatin Hillary Clinton auf Twitter.
Ein konkreter Vorschlag für die Nachfolge wurde zunächst nicht bekannt. Trump hatte vor einigen Tagen eine Liste mit 20 potenziellen Kandidaten veröffentlicht. Viele Experten erwarten, dass er eine Frau nominieren wird, möglicherweise die konservative Bundesberufungsrichterin Amy Coney Barrett.
Hochpolitischer Prozess
Die Ernennung von Verfassungsrichtern ist in den USA ein hochpolitischer Prozess. Die neun auf Lebenszeit ernannten Richter werden offen politischen Flügeln zugeordnet. Bis zum Tod von Ginsburg galten fünf von ihnen als konservativ. Zwei von diesen wurden von Trump nominiert - Neil Gorsuch 2017 und Brett Kavanaugh 2018. Ein Kandidat muss vom Senat bestätigt werden, wo die Republikaner eine knappe Mehrheit haben. Sollten sie erneut einen vergleichsweise jungen Kandidat durchbringen - Gorsuch ist heute 53 Jahre alt, Kavanaugh 55 Jahre - könnte das auf Jahrzehnte hinaus zu einer soliden konservativen Mehrheit von sechs zu drei Stimmen im Supreme Court führen.
Entsprechend forderten führende Demokraten am Freitag, den Nominierungsprozess bis nach der Präsidenten- und Kongresswahl Anfang November zu verschieben. Sie können sich Umfragen zufolge Hoffnungen machen, das Weiße Haus und den Senat zu übernehmen. Der nächste Präsident solle den Nachfolger bestimmen, forderte auch der demokratische Präsidentschaftskandidat Joe Biden. Der Sender NRP berichtete, Ginsburg selbst habe vor ihrem Tod ihrer Urenkelin eine Erklärung diktiert, wonach sie eine Ernennung ihres Nachfolgers durch den nächsten Präsidenten befürworte. Dies sei ihr "innigster Wunsch".
Warten auf den neuen Präsidenten?
"Ohne Zweifel sollten die Wähler den Präsidenten aussuchen, und der Präsident sollte den Richter dem Senat vorschlagen", sagte Biden über die Reihenfolge der zu treffenden Entscheidungen. Das sei die Position, die der Senat einnehmen müsse. Ähnlich äußerte sich der Anführer der Demokraten im Senat, Chuck Schumer: "Die amerikanische Bevölkerung sollte eine Stimme bei der Auswahl ihres nächsten Supreme-Court-Richters haben. Deshalb sollte diese freie Stelle nicht nachbesetzt werden, bis wir einen neuen Präsidenten haben", twitterte er.
Auch der frühere US-Präsident Barack Obama hat sich Forderungen angeschlossen, die Position der verstorbenen Justizlegende Ruth Bader Ginsburg im Obersten Gericht der USA nicht in der aktuellen Amtszeit seines Nachfolgers Donald Trump nachzubesetzen. Gleichzeitig würdigte der Ex-Präsident Ginsburg als "eine Kriegerin für die Gleichberechtigung der Geschlechter". Sie habe daran geglaubt, dass Gleichheit vor dem Gesetz für jeden Amerikaner gelten müsse.
Der Mehrheitsführer im Senat, Mitch McConnell, erteilte dem eine Absage. Die Kongresskammer werde über einen von Trump nominierten Kandidaten abstimmen, erklärte er. Vor vier Jahren hatte McConnell in einer ähnlichen Situation genau umgekehrt entschieden: Damals weigerte er sich, noch vor der Wahl 2016 einen gemäßigten Kandidaten des demokratischen Präsidenten Obama zur Abstimmung zuzulassen. Einige Demokraten haben vorgeschlagen, im Falle eines Wahlsiegs im November die Zahl der Richter am Supreme Court aufzustocken, um so die konservative Mehrheit zu brechen.
(APA/ag./dpa)
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