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Unzuständig: Richterin darf nicht allein urteilen

Schöffensenat muss entscheiden
Schöffensenat muss entscheiden ©Bilderbox
Feldkirch - Angeklagter Betrugsschaden beträgt mehr als 50.000 Euro: Richterin übersah, dass darüber nur ein Schöffengericht entscheiden darf.

Der Strafrichterin war bei der Vorbereitung zu dem Prozess ein Fehler unterlaufen. Deshalb dauerte die Strafverhandlung am Landesgericht Feldkirch nur wenige Sekunden. Die Richterin verkündete gleich zu Beginn des Betrugsprozesses ein Urteil: Sie sei nicht zuständig. Ein Schöffensenat müsse entscheiden.

Die Richterin hatte vor der Verhandlung eine seit Jahresbeginn neue Ausnahmebestimmung in der Strafprozessordnung (StPO) übersehen. Demnach müssen bei angeklagten Vermögensdelikten Schöffengerichte entscheiden, wenn der behauptete Schaden mehr als 50.000 Euro beträgt.

Damit wird die Richterin in dem Betrugsprozess nicht allein urteilen, sondern zusammen mit einem zweiten Berufsrichter und zwei Schöffen. Schöffen sind Bürger, die zu Laienrichtern bestellt werden.

Angeklagt ist eine Frau, die bereits im Jahr 2009 in Bregenz einen schweren Betrug begangen haben soll. Sie hat sich dabei nach Ansicht der Staatsanwaltschaft zu Unrecht um 118.000 Euro bereichert. Denn sie soll für eine Vereinbarung über Unterhaltszahlungen nicht angegeben haben, dass ihr Mann aus einer Unfallversicherung eine Million Euro erhalten hat.

Nur ein Vergehen

Ein angeklagter Betrugsschaden von 118.000 Euro wird seit heuer strafrechtlich nicht mehr als Verbrechen gewertet, sondern nur noch als Vergehen. Die mögliche Höchststrafe für einen schweren Betrug mit einem Schaden von bis zu 300.000 Euro beläuft sich seit 1.1.2016 bloß noch auf drei Jahre Gefängnis. Davor hatte ein Strafrahmen von ein bis zehn Jahren Haft schon bei einem Vermögensschaden von mehr als 50.000 Euro gegolten.

Schöffengerichte sind in der Regel für Verbrechen zuständig, für die die Strafdrohung mehr als fünf Jahre Gefängnis ausmacht. Zuweilen haben Schöffensenate aber eben auch über Vergehen zu befinden, wie im Betrugsprozess mit dem angeklagten Schaden von 118.000 Euro.

Der Gesetzgeber hat die sogenannten Wertgrenzen geändert: Ein Verbrechen liegt nicht schon bei einem 50.000 Euro übersteigenden Vermögensschaden vor, sondern erst ab einem über 300.000 Euro. Die Schöffen-Zuständigkeit ab einem 50.000 Euro übersteigenden Schaden wurde jedoch beibehalten.

Damit kann nach einem Feldkircher Urteil in einem solchen Verfahren weiterhin keine Berufung zur Frage von Schuld oder Unschuld beim Oberlandesgericht Innsbruck mehr erhoben werden, sondern nur eine Nichtigkeitsbeschwerde beim Obersten Gerichtshof wegen Verfahrensmängeln.

(Quelle: NEUE/Seff Dünser)

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