„Stephan, erzähl du, wie wir uns kennen gelernt haben“, lacht Neci und berührt dabei liebevoll die Hand ihres Freundes. Dass die beiden verliebt sind, ist auf den ersten Blick zu erkennen. „Neci und ich sind zusammen in dieselbe Hauptschule gegangen, damals haben wir aber nichts miteinander zu tun gehabt. Das war dann etwas später auf einer Party, als wir uns nach Jahren wieder sahen und ins Gespräch kamen. Da merkten wir ziemlich schnell, dass wir uns sehr gut verstehen“, schildert Stephan den Beginn der Liebesgeschichte, während er Neci verträumt ansieht. Seine Freundin wurde zwar nicht streng religiös erzogen, dennoch war es für sie wichtig, ihrer Familie Respekt zu zollen: „Bei uns ist es üblich, dass man der Familie seinen Freund rasch vorstellt. Meine Mutter ist in diesen Dingen sehr offen und hat nie ein schlechtes Wort verloren, dass ich jetzt mit einem Katholik zusammen bin.“
Begegnung der Eltern
Nach rund drei Monaten fand das erste Treffen mit Necis Eltern statt. Stephan kann sich daran noch sehr gut erinnern: „Es war ein sehr seltsames Gefühl. Wir haben uns in einem Restaurant getroffen. Ihre Mutter und die gesamte Familie haben mich herzlich aufgenommen!“ Auch Stephans Familie hatte keine Probleme mit der interkulturellen Beziehung der beiden. Stephan: „In meinem Umfeld haben die Leute geredet, dass hat man natürlich mitbekommen, aber angesprochen darauf hat mich nie jemand.“ Auch Neci hat damit Erfahrung: „Besonders für die türkischen Männer war es unverständlich, was ich mit einem Vorarlberger will. Wir sind beide bei der ÖVP und JVP, da haben wir nie etwas Negatives erlebt.“
Gemeinsame Zukunft mit zwei Religionen
„Ich habe schon sehr viel über den Islam gelernt und würde auch gerne einen türkischen Sprachkurs besuchen“, erzählt der 24-Jährige. „Das ist auch ein Grund, warum ich mich in Neci verliebt habe – für mich war eine andere Kultur sowie Religion wahnsinnig spannend und interessant.“ Die Feiertage verbringen die beiden meist gemeinsam. Neci: „Wir sind da sehr offen, ich gehe sogar manchmal mit in die Kirche. Dieses Jahr hatten wir einen Christbaum in der Wohnung.“ Bei der Kindererziehung sind sich die beiden jedoch noch uneinig. „Ich würde sagen, sie werden römisch-katholisch, besuchen aber den Islam-Unterricht“, stellt sich Stephan die Zukunft vor. Neci hat da aber eine andere Vorstellung: „Ich würde eher sagen, sie wachsen mit beiden Religionen auf und entscheiden dann, wenn sie alt genug sind.“ Das Thema scheint noch für Diskussionen offen zu sein. „Wir haben ja noch Zeit“, lacht Neci. Auch im Falle einer Hochzeit würden beide Religionen miteinbezogen werden: „Mir ist es wichtig, dass wir in einer Kirche heiraten, aber ich finde eine türkische Heirat auch wahnsinnig spannend – dann werden es eben zwei Trauungen“, erzählt Stephan. Auf die Frage, ob die beiden zur jeweiligen Religion konvertieren würden, kommt bei beiden, wie aus der Pistole geschossen, ein klares „Nein“.
„Die Leute sollen offener werden“
Für die beiden ist es unverständlich, dass es immer noch Menschen gibt, die ihre Beziehung nicht akzeptieren können. „Keine Liebe sollte Grenzen kennen. Nur allein der Mensch zählt, nicht seine Herkunft, nicht seine Religion. Wir sind beide völlig anders erzogen worden und trotzdem lieben wir uns!“, so Neci. Stephan ergänzt: „Die Leute sollen offener werden. Eine andere Kultur kann eine unglaublich große Bereicherung sein!“
Zur Person: Stephan Lutz
Alter: 24
Wohnort: Bregenz
Beruf: Hilti (Verkauf)
Hobbys: Reisen, Politik
Zur Person: Neci Gönay
Alter: 24
Wohnort: Bregenz
Beruf: JVP-Geschäftsführerin
Hobbys: Wandern, Reisen
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