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U-Ausschuss: Pilz ortet "Darabos-Malus" von 312 Mio. Euro

Pilz glaubt, Darabos wurde über den Tisch "gestoßen"
Pilz glaubt, Darabos wurde über den Tisch "gestoßen" ©APA (Archiv/Jäger)
Der Grüne Sicherheitssprecher Peter Pilz ortet beim 2007 gezogenen Vergleich mit Eurofighter zur Reduzierung der Jet-Anzahl "Geschenke" in dreistelliger Millionenhöhe in Richtung des Flugzeugherstellers.

Die Republik Österreich habe durch den Vergleich unter dem damaligen Verteidigungsminister Norbert Darabos (SPÖ) auf Ansprüche von in Summe 312 Mio. Euro verzichtet, sagte Pilz am Montag.

Der damalige Minister und heutige burgenländische Landesrat Darabos zog 2007 einen Vergleich mit dem Kampfflugzeug-Hersteller, um die Kosten zu reduzieren; u.a. wurde die Zahl der bestellten Jets von 18 auf 15 reduziert. Pilz wirft Darabos nun vor, er habe sich bei den Verhandlungen entweder über den Tisch ziehen lassen, oder er sei von hinten über ebendiesen “gestoßen” worden. “Wenn er gestoßen worden ist, ist irgendwer hinter ihm gestanden – ich hänge der Stoß-Theorie an”, orakelt Pilz bei einer Pressekonferenz, ohne konkrete Verdächtigungen auszusprechen.

Insgesamt machte der Grüne Sicherheitssprecher “vier Geschenke” seitens Darabos an das Eurofighter-Konsortium aus: Erstens habe der Ex-Minister auf die Wertminderung, die durch die Anschaffung von sechs gebrauchten Jets entstanden sei, verzichtet. Diese mache pro Flugzeug zehn Mio. Euro aus, in Summe also 60 Mio. Euro – dies hätten Berechnungen von Beamten des Verteidigungsministeriums ergeben, so Pilz.

Zweitens habe sich Eurofighter die Aufrüstung der Maschinen von Tranche 1 auf Tranche 2 erspart. Diese wäre für alle 15 Maschinen mit je zwölf Mio. Euro zu veranschlagen gewesen, womit hier 180 Mio. Euro verloren gegangen seien. Weitere rund 62 Mio. Euro sei durch den Verzicht auf die Lieferverzugs-Pönale in Höhe von rund fünf Mio. Euro und eine bezahlte “Abbestellungs-Pönale” in Höhe von 57 Mio. Euro an Eurofighter verloren gegangen.

Nur 240 statt 552 Millionen gezahlt?

Darüber hinaus habe die Republik Österreich auch anfallende Gebühren, die eigentlich der Jet-Hersteller hätte zahlen müssen, übernommen. Kostenpunkt laut Pilz: Zehn Mio. Euro plus 300.000 Euro Verzugszinsen. Daraus ergibt sich laut der Rechnung des grünen Abgeordneten ein “Darabos-Malus” in Höhe von 312 Millionen Euro. Denn eigentlich hätte Österreich nach der Vertragsänderung Anspruch auf 552 Mio. Euro gehabt, gezahlt wurden aber nur knapp 240 Millionen, so Pilz.

Die Gründe für dieses Vorgehen will Pilz im Eurofighter-Untersuchungsausschuss beleuchtet wissen: Die Frage sei, ob Darabos alleine vorgegangen sei – oder ob er “schlicht und einfach politische Befehle umgesetzt” habe, so Pilz.

Persönliche Vereinbarung mit Strache

Die Abhandlung dieses Beweisthemas werde sich sicher bis zum festgesetzten Ende des Ausschusses am 12. Juli ausgehen, meinte der Abgeordnete. Und man werde auch tief in das zweite Beweisthema hineinkommen. Dabei soll es um Zahlungsflüsse gehen, Pilz will dabei “Schmiergeldnetzwerke” aufdecken.

Darüber hinaus verwies der Grüne Mandatar darauf, dass er mit FPÖ-Chef Heinz-Christian Strache eine “persönliche Vereinbarung” getroffen habe, dass am Tag der Konstituierung des Nationalrates nach der Neuwahl der Ausschuss wieder eingesetzt wird. Damit könnte das Untersuchungsgremium spätestens im Dezember seine Arbeit wieder aufnehmen.

Begleitende Maßnahmen zum Eurofighter-Untersuchungsausschuss haben sich die NEOS überlegt: In der kommenden Woche soll im Nationalrat ein Anti-Korruptions-Paket eingebracht werden, kündigte Abgeordneter Michael Bernhard am Montag in einer Pressekonferenz an. Zudem will er via Facebook Fragen der Bevölkerung sammeln und der Öffentlichkeit auf der Plattform NEOSleaks Dokumente bereitstellen.

NEOS kritisieren Grüne

Auch die NEOS wollen die kurze Zeit für den Untersuchungsausschuss bis Mitte Juli so gut wie möglich nutzen. Immerhin könnten die wichtigsten Fragekomplexe, wie etwa jener zur Finanzierung intensiv behandelt werden, zeigte sich Bernhard zuversichtlich. Allerdings werde es sicher schwierig, in der kurzen Zeit alle bis dahin geladenen Auskunftspersonen tatsächlich ins Parlament zu bringen.

Kritik der NEOS gab es an den Grünen-Abgeordneten Gabriela Moser und Peter Pilz, die den Ausschuss bereits für ihre Wiederwahl nutzen wollten. Durch das angebliche Zurückhalten von Geheimdokumenten würden diese der Republik “Schaden zufügen”, wie Bernhard meinte. “Die Dokumente müssen sofort auf den Tisch”, forderte der pinke Vertreter im Ausschuss.

NEOSleaks für Bevölkerung

Transparenter wollen die NEOS mit Information umgehen, wie Bernhard beteuerte. Dazu soll die parteieigene Whistleblower-Plattform NEOSleaks nicht nur dem Parlament, sondern auch der Bevölkerung zur Verfügung gestellt werden. Via Facebook will Bernhard zudem Fragen von allen Seiten sammeln, um diese dann auch im Untersuchungsausschuss zu stellen.

Nicht zuletzt wollen die NEOS den Ausschuss auch legislativ begleiten: Ihr Anti-Korruptionspaket sieht eine weisungsfreie Staatsanwaltschaft vor, die Korruptions-Staatsanwaltschaft solle zudem aufgestockt werden. Strafrechtlich fordert die Oppositionspartei erstmals Mindeststrafen für Bestechung von einem halben Jahr Haft. Das Maximum solle zehn Jahre betragen, so Bernhard.

Bei den gesetzlichen Maßnahmen hofft Bernhard auf das freie Spiel der Kräfte im Parlament, konkret auf Stimmen von SPÖ und ÖVP. Gespräche mit anderen Fraktionen gebe es bereits.

Zeichnung Eurofighter und technische Daten; Eurofighter-Beschaffung des Bundesheers, ursprŸnglich bestellte StŸckzahl und gelieferte Maschine GRAFIK 0176-17, 88 x 176 mm
Zeichnung Eurofighter und technische Daten; Eurofighter-Beschaffung des Bundesheers, ursprŸnglich bestellte StŸckzahl und gelieferte Maschine GRAFIK 0176-17, 88 x 176 mm ©Zeichnung Eurofighter und technische Daten; Eurofighter-Beschaffung des Bundesheers, ursprŸnglich bestellte StŸckzahl und gelieferte Maschine GRAFIK 0176-17, 88 x 176 mm

(APA)

 

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