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Türkei: Haftbefehl gegen Kaplan in Kraft

Der abgeschobene Islamistenführer Kaplan ist einem türkischen Gericht vorgeführt worden. Vor dem Gericht für schwere Strafsachen in Istanbul sollte der in seiner Abwesenheit ergangene Haftbefehl vollstreckt werden.

Ein Richter am Istanbuler Schwurgericht setzte nach einer mehrstündigen Befragung den Haftbefehl gegen Kaplan in Kraft und ließ ihn in ein Gefängnis bringen, wie der türkische Nachrichtensender NTV meldete. Nun wird sich der selbsternannte „Kalif von Köln“ bald in einem Prozess verantworten müssen.

Die türkischen Behörden werfen ihm einen gegen die verfassungsmäßige Ordnung gerichteten Umsturzversuch vor. Kaplan soll 1998 geplant haben, am Republikstag die türkische Staatsspitze mit einem Anschlag auf das Atatürk-Mausoleum zu töten. Bei einer Verurteilung droht ihm lebenslange Haft.

Nach jahrelangen juristischen Auseinandersetzungen war Kaplan am Dienstag aus Deutschland abgeschoben worden. Das Verwaltungsgericht Kölner hatte dies genehmigt. Eine neuerliche Beschwerde Kaplans hatte nach Gerichts-Angaben keine aufschiebende Wirkung.

Wegen eines Aufrufs zur Ermordung eines Rivalen hatte Kaplan in Deutschland vier Jahre in Haft gesessen. Gegen seine Abschiebung kämpfte er mit dem Argument, dass ihm in der Türkei ein nicht rechtsstaatlicher Prozess drohe. Kaplans inzwischen verbotener „Kalifatsstaat“ wollte einen islamischen Gottesstaat errichten.

Kaplan wurde in Istanbul einem Gericht für Terrorismus und organisierte Kriminalität vorgeführt. Seine erste Nacht in der Türkei hatte Kaplan im Polizeigewahrsam am Istanbuler Flughafen verbracht. In Deutschland löste die Ausweisung Kaplans Erleichterung aus. „Es ist ja auch höchste Zeit geworden“, sagte Bayerns Innenminister Günther Beckstein (CSU) im Bayerischen Rundfunk.

Der türkische Ministerpräsident Recep Tayyip Erdogan lehnte eine Stellungnahme ab. „Das ist ein Verfahren nach internationalem Recht“, sagte er in Istanbul. Es komme nicht in Frage, dass er „als Exekutive“ dazu etwas sage. Der Rechtsprozess habe begonnen und nehme seinen Verlauf.

Deutschlands Innenminister Otto Schily (SPD) hatte die Abschiebung ein „Symbol für die wehrhafte Demokratie“ genannt und sieht den Fall als „abgeschlossen“ an. Er sagte am Dienstagabend im ZDF, er gehe davon aus, dass Kaplan in der Türkei ein fairer Prozess gemacht werde. Dies habe Ankara der deutschen Bundesregierung garantiert.

Bis zu seiner Abschiebung wurde Kaplan in Köln pausenlos überwacht. „Wir wussten immer, wo er war“, sagte Stadtsprecherin Inge Schürmann am Mittwoch. Kaplan war am Dienstag in einem Internet-Cafe gefasst worden, nachdem ein Gericht grünes Licht für seine Abschiebung gegeben hatte. Die Behörden hätten von diesem Beschluss des Verwaltungsgerichts Köln, der schon vor einer Woche fiel, erst am Dienstag erfahren, sagte Schürmann. Familienmitglieder Kaplans wurden nicht abgeschoben.

Strafrechtliche Konsequenzen könnte der Widerstand von drei Anhängern Kaplans bei dessen Festnahme in Köln haben. Gegen die Männer wurde ein Ermittlungsverfahren wegen des Verdachts der versuchten Gefangenenbefreiung eingeleitet, berichtete ein Polizeisprecher am Mittwoch in Köln. Die Anhänger des in die Türkei abgeschobenen „Kalifen von Köln“ seien nach der Feststellung der Personalien wieder entlassen worden.

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