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Trotz Koalitionsbruch: Vorarlberger Sonntagsdemos gehen weiter

Etwa 900 Menschen sollen sich laut "uns reicht's" am Sonntag versammelt haben.
Etwa 900 Menschen sollen sich laut "uns reicht's" am Sonntag versammelt haben. ©Verein "Uns reicht's"
"Ein Europa für alle - Grenzen weiten" – das war das Thema der Sonntagsdemo am Feldkircher Montfortplatz eine Woche vor der Europawahl.
Sonntagsdemo in Bregenz
Sonntagsdemo in Dornbirn
1200 Menschen bei Sonntagsdemo

Organisiert wurde die in Feldkirch der Verein “Frohbotschaft.heute” gemeinsam mit “uns reicht’s” und der Plattform “#aufstehn”. Gekommen waren laut “uns reicht’s” an die 900 Menschen. Neben der Europapolitik wurde auch das politische Erdbeben rund um Vizekanzler Strache und das Zerbrechen der Regierungskoalition zwischen FPÖ und ÖVP kommentiert. Der Leiter des jüdischen Museums Hohenems, Hanno Loewy, zeigte sich fassungslos.

“Größte politische Katastrophe”

Fassungslos nicht nur über das, was plötzlich so öffentlich sichtbar wurde an kriminellem Denken und Verabreden, über “das ungeschminkte Gesicht derer, die noch heute alles in Österreich unter ihrem Kommando haben, was eine Uniform trägt”, sondern auch fassungslos angesichts der Unverfrorenheit, mit der Bundeskanzler Kurz, “der Österreich in die größte politische Katastrophe seit Bestehen dieser Republik geführt hat”, nun keine Verantwortung übernimmt, sondern sich als Opfer ohne Alternative darstellt und sofort wieder Wahlwerbung für sich als Person macht. Besonders erschreckend für Loewy ist, dass Kurz dabei alte fatale Stereotypen und Verschwörungstheorien wieder aufwärmen würde: “Die Juden und die Sozialdemokraten sind’s gewesen. So einfach ist das schon wieder.”

“Wir und die anderen”

Der Soziologe Simon Burtscher-Mathis zeigte, wie Grenzen und Abgrenzungen dazu benutzt wurden und werden, die eigene Identität zu stärken. Dieses Spiel von “wir und die anderen”, sagte Simon Burtscher-Mathis, das auch in Vorarlberg schon mehrfach gespielt wurde, sei gefährlich und bewirke einen ungleichen, ungerechten Zugang zu Macht und Ressourcen. Den Preis dafür zahlen die Ausgegrenzten, auch die Kinder, über mehrere Generationen hinweg. Burtscher-Mathis ist sich sicher: Wir brauchen in einem vereinten Europa und einer global vernetzten Welt keine Menschen, die andere ausgrenzen und diskriminieren. Kinder sollen andere Kinder, die mit ihnen in die Schule gehen, selbstverständlich als zugehörig empfinden – “unabhängig davon, ob sie Burtscher, Häfele, Ekici, Öczelik, Popov oder Stankovic heißen”.

Redebeitrag des Architekten, Lehrer und Autor Aly El Ghoubashy

El Ghoubashi sprach als jemand, der buchstäblich selbst zum Grenzüberwinder geworden ist: Vor bald 40 Jahren kam er als Architekturstudent aus Ägypten nach Mitteleuropa. Aly El Ghoubashy zeigt in seinen Texten, wie Menschen, die zu uns gekommen sind, unsere Gesellschaft wahrnehmen: Wie eigenartig und überheblich wir oft wirken und sind, und mit wie vielen Vorurteilen wir fremden Menschen begegnen. Er macht aber auch deutlich, was er als kostbar erlebt hat, als hilfreicher als in seiner Herkunftskultur, und wo er von dieser neuen, anderen Kultur gelernt hat.

Zur nächsten Sonntagsdemo unter dem Motto “Menschenrechte verteidigen” trifft man sich am 16.06.2019 um 16.00 Uhr beim Dornbirner Bahnhof. Dort startet ein Demozug zum Dornbirner Marktplatz. Diese Demo wird organisiert von der Vorarlberger Plattform für Menschenrechte und der Bewegung “uns reicht’s”.

(Red.)

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