BILD: Logo Vorarlberg Chronik
Zur Trefferliste

|Artikel|

Die Franzosenkriege 1792-1805

Die Französische Revolution hatte ab 1789 in Europa eine völlig neue Lage geschaffen. Frankreich, lange Zeit Vorbild für den Absolutismus in den europäischen Staaten, proklamierte 1792 die Republik und ließ 1793 König Ludwig XVI. hinrichten. Schon vorher hatten sich Österreich und Preußen im Hinblick auf die Expansion der revolutionären Bewegung zur Wahrung ihres Besitzstandes zu einem Defensivbündnis zusammengeschlossen, dem Russland und andere Staaten beitraten. In der Folge führten wechselnde Koalitionen, in denen sich die europäischen Monarchien gegen Frankreich zusammenschlossen, zu den Koalitionskriegen 1792–1797, 1799–1801 und 1805.

Der erste Koalitionskrieg (1792– 1797) vereinigte Österreich, Preußen, England, Spanien und andere europäische Staaten, nicht zuletzt auch den Kirchenstaat, gegen Frankreich. Für Österreich endete der Krieg mit dem Frieden von Campoformio am 17. Oktober 1797; es verlor seine Besitzungen in den Niederlanden und in der Lombardei. Für Vorarlberg wurde der Krieg besonders ab 1794 fühlbar (ständige militärische Besatzung durch österreichische Truppen, Ausfuhrsperre, Verbot der lebenswichtigen Saisonwanderung). Spannungen mit der vor den Franzosen flüchtenden Obrigkeit führten 1796 zur Ermordung des Kreishauptmanns Ignaz Anton von Indermauer. Die französischen Truppen konnten bei Götzis von den Vorarlberger Landesverteidigern aufgehalten und zurückgedrängt werden. Doch die Kriegsschäden wurden für die Bevölkerung zu einer drückenden Last; sie betrugen schon 1796 mehr als eine halbe Million Gulden.

Weitere Erfolge der Franzosen führten 1798 Österreich, England, Russland und andere Staaten zu einer zweiten Koalition. Die Besetzung der Schweiz durch die Franzosen 1798 verschärfte die Lage in Vorarlberg, besonders durch die Zuwanderung vieler französischer Emigranten (Adelige, Geistliche). Auch die militärische Bedrohung war gewachsen, da der Einfluss Frankreichs jetzt bis vor die Tore von Feldkirch reichte. Die Stadt wurde wegen ihrer strategischen Bedeutung stark befestigt, jedes Bürgerhaus musste Soldaten aufnehmen; es kam zu zahlreichen Übergriffen der Soldaten, insbesondere auch zu Requirierungen von – immer knapper werdenden – Lebensmitteln. Der von Liechtenstein her vordringende französische General Masséna mit seiner dreifachen Übermacht wurde am 22./23. März 1799 am Margarethen- und Veitskapf bei Feldkirch durch die Vorarlberger Landesverteidiger, geführt von Josef Sigmund Nachbauer und Bernhard Riedmiller, und den kroatischen General Jellachich vernichtend geschlagen. Doch das Kriegsglück wandte sich; im Oktober 1799 musste der russische Marschall Suworow vor den Franzosen aus Italien weichen; mit seinen 20.000 undisziplinierten Kosaken zog er zwei Wochen lang durch Vorarlberg, wo es in Altenstadt, Gisingen, Frastanz und Dornbirn zu zahlreichen Übergriffen kam. Allein durch diesen Durchzug verbündeter Truppen entstand dem Land ein Schaden von 100.000 Gulden.

Nach einem anfangs erfolgreichen Seekrieg auf dem Bodensee, den der englische Oberst Williams gemeinsam mit emigrierten französischen Offizieren glänzend organisiert hatte, mussten die österreichischen Truppen im Frühjahr 1800 vor den Franzosen aus Südwestdeutschland weichen. Am 11. Mai 1800 wurde Bregenz von den Franzosen besetzt, Feldkirch kapitulierte am 14. Juli 1800. Die Bevölkerung wurde entwaffnet. Eine weitere Million Gulden musste für den Unterhalt der französischen Truppen aufgebracht werden, die ein halbes Jahr im Land blieben. Requirierungen, Erpressungen und Plünderungen kamen hinzu. Der französische General Martial Thomas führte zahlreiche Bücher, wertvolle alte Handschriften und Gemälde als Kriegsbeute fort. Der Friede von Lunéville vom 9. Februar 1801 bestätigte die österreichischen Verluste des Friedens von Campoformio. Die schwer bedrängte Bevölkerung feierte den Frieden im festlichen Schmuck österreichischer und französischer Farben; es kam zu Verbrüderungsszenen mit den ehemaligen Feinden. Der Friede von Lunéville hatte auch den Reichsdeputationshauptschluss vorbereitet, der das Ende der geistlichen Fürstentümer und Reichsstädte brachte. Auch Österreich profitierte in Vorarlberg davon: Blumenegg, St. Gerold und Lindau wurden 1804 österreichisch. Am 24. August 1804 wurde Vorarlberg neuerlich verwaltungsmäßig von Tirol getrennt und der schwäbisch-österreichischen Regierung in Günzburg unterstellt.

Im Jahre 1805 schlossen England und Russland eine dritte Koalition, der auch Österreich beitrat. Es gelang  Napoleon jedoch, die Rheinbundstaaten Bayern, Baden und Württemberg für sich zu gewinnen. In der Dreikaiserschlacht bei Austerlitz am 2. Dezember 1805 wurden Österreich und Russland entscheidend besiegt. Österreich verlor im Preßburger Frieden weitere Besitzungen in Süddeutschland und in Italien; Vorarlberg und Tirol mussten an Bayern abgetreten werden.

Im Österreichisch-Französischen Krieg von 1809, der von den Volkserhebungen in Tirol unter Andreas Hofer und in Vorarlberg unter Dr. Anton Schneider begleitet war, musste sich Österreich ein weiteres Mal geschlagen geben und im Frieden von Schönbrunn am 14. Oktober 1809 eine neuerliche Demütigung hinnehmen. Bis zum Frühjahr 1810 erhielt Vorarlberg wiederum eine militärische Besatzung von französischen, bayerischen, badischen und württembergischen Truppen. 177 Vorarlberger Geiseln wurden nach Belgien deportiert. Erst der Sturz Napoleons in den ab dem Frühjahr 1813 ausgebrochenen Freiheitskriegen beendete das Zeitalter der Franzosenkriege. Bayern gab im Juni 1814 Vorarlberg und Tirol wieder zurück. Am 7. Juli 1814 wurde Vorarlberg in einem Festakt im Bregenzer Rathaus von Österreich wieder in Besitz genommen.

Obwohl die entscheidenden Schlachten in diesen Kriegen außerhalb Vorarlbergs geschlagen wurden, stürzte das Land doch in starke Kriegsnöte, insbesondere durch finanzielle Belastungen, Truppendurchmärsche, Einquartierungen, Plünderungen und Besatzungen. Auf der anderen Seite wurde das Landesbewusstsein durch die siegreiche Schlacht bei Feldkirch am 22./23. März 1799 in hervorragender Weise geäußert. Der Widerstand, den die konservativen Vorarlberger den kirchenfeindlichen Reformen Josephs II. entgegengesetzt hatten, erfuhr nachträglich eine Rechtfertigung. Auch im Aufstand von 1809 konnten die Vorarlberger Landesverteidiger anfangs einige glänzende Siege feiern, die zu einer weiteren Festigung des Landesbewusstseins führten. So standen enormen wirtschaftlichen Schäden und finanziellen Verlusten ein wachsendes Landesbewusstsein und ein glühender Patriotismus gegenüber. Die einst stark divergierenden Herrschaften vor dem Arlberg waren gerade in diesen Zeiten der Not zu einem einheitlichen Land Vorarlberg zusammengewachsen.   K.H.B.

ARTIKEL
Bild: Das Gefecht am Kapf bei Feldkirch 1779. Darstellung auf einer Schützenscheibe der Feldkircher Schützengesellschaft
Das Gefecht am Kapf bei Feldkirch 1779. Darstellung auf einer Schützenscheibe der Feldkircher Schützengesellschaft
Bild: Bregenz und die Bregenzer Bucht zur Zeit der Franzosenkriege. Aquarell von Martin von Molitor, 1803
Bregenz und die Bregenzer Bucht zur Zeit der Franzosenkriege. Aquarell von Martin von Molitor, 1803
Bild: Schrecken des Krieges: `Da komen 80 Husaren in grosser Wuth. Die wollen haben Gelt und Bluth.´ Französische Kavallerie in Bangs bei Feldkirch
Schrecken des Krieges: `Da komen 80 Husaren in grosser Wuth. Die wollen haben Gelt und Bluth.´ Französische Kavallerie in Bangs bei Feldkirch
Bild: Zwei gefangene Franzosen werden von den Vorarlberger Landesverteidigern eskortiert.
Zwei gefangene Franzosen werden von den Vorarlberger Landesverteidigern eskortiert.
Bild: 100-jähriges Gedenken an die Schlacht am Margarethen- und Veitskapf durch eine Postkarte
100-jähriges Gedenken an die Schlacht am Margarethen- und Veitskapf durch eine Postkarte