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"Tierhalter ließ Hühner verhungern!“

Schwere Tierquälerei erfolgt am häufigsten durch Vernachlässigung der Tiere. Wer selbst einen Vorfall beobachtet, kann dies bei der Tierschutzombudsstelle unter tierschutzombudsmann@vorarlberg.at oder telefonisch (05574 511-42070) melden.
Schwere Tierquälerei erfolgt am häufigsten durch Vernachlässigung der Tiere. Wer selbst einen Vorfall beobachtet, kann dies bei der Tierschutzombudsstelle unter tierschutzombudsmann@vorarlberg.at oder telefonisch (05574 511-42070) melden. ©AP, handout/Pius Fink
Geköpfte Katze, Giftköder, angeschossene Tiere: Tierquälerei ist auch in Vorarlberg keine Seltenheit. Im Gegenteil, die Anzahl der Fälle steigt, wie Tierschutzombudsmann Pius Fink im WANN & WO-Interview erklärt.

WANN & WO: Welche Fälle von Tierquälerei wurden in Vorarlberg im letzten Jahr und heuer gemeldet?

Pius Fink: Die Bandbreite ist riesig: Hund im Auto eingesperrt, Pferd ist angebunden im Stall, Tiere hinken und werden nicht versorgt, Tiere stehen tief in ihrem Mist, Tiere werden nach Umzug zurückgelassen, dubioser Hundewelpenhandel, u.v.m.

WANN & WO: Gibt es dazu Zahlen?

Pius Fink: Landesweit sind 2013 rund 140 Meldungen elektronisch erfasst worden, über die Tierschutzombudsstelle ist davon rund die Hälfte eingegangen. Einige Meldungen werden nicht elektronisch erfasst, u.a. da im Gespräch bereits abgeklärt werden kann, dass es sich vermutlich um keinen Tierschutzverstoß handelt. Heuer sind bereits gesamt 80 Meldungen elektronisch und damit aktenmäßig erfasst worden. Die Anzahl der eingehenden Meldungen ist steigend!

WANN & WO: Was sind bei uns die häufigsten Arten von Tierquälerei?

Pius Fink: Weitaus am häufigsten sind leichte Verstöße durch „Betriebsblindheit“, Unwissenheit und mangelndem Sachverstand – aber die Tiere leiden! Schwere Tierquälerei erfolgt am häufigsten durch Vernachlässigung von Tieren aufgrund von Überforderung und Sucht- oder psychischer Erkrankung des Tierhalters.

WANN & WO: Wie oft werden Vorfälle gemeldet, die sich schlussendlich nicht bewahrheiten?

Pius Fink: Bei rund 30 Prozent der Meldungen stellt sich heraus, dass kein Tierschutzverstoß besteht. Bei rund 60 Prozent aber schon. Der Tierhalter wird mündlich und schriftlich unter Fristsetzung aufgefordert, die Tierhaltung entsprechend den gesetzlichen Bestimmungen zu verbessern. Nachkontrollen werden durchgeführt, bis die Tierhaltung entspricht. Bei rund zehn Prozent der Meldungen wird ein derart schwer wiegender Tierschutzverstoß festgestellt, dass gleichzeitig ein Strafantrag bei der BH eingebracht wird. 2013 wurden rund 20 Strafverfahren gemäß Tierschutzgesetz bei den Bezirkshauptmannschaften geführt. In ein bis zwei Fällen pro Jahr wird eine grob fahrlässige und sehr schwere Tierquälerei festgestellt und Strafanzeige bei Gericht, eingebracht.

WANN & WO: Welches ist der schlimmste Fall, den Sie in Ihrer Amtszeit bis jetzt erleben musstest?

Pius Fink: Ein Mann hielt in seinem Haus über hundert Vögel, hauptsächlich Wellensittiche. Die Tierhaltung war echt schlimm: Tote und kranke Vögel, zu kleine Käfige und in freier Natur gefangene Vögel. Mehrere Strafverfahren und Nachkontrollen folgten. Es kam zur ersten Tierabnahme, zu einer zweiten, zu einem Tierhalteverbot – er hielt immer wieder Vögel. Gesamt wurden diesem Tierhalter über 200 Vögel abgenommen. In einem anderen Fall hat ein Tierhalter seine 30 Hühner in einem stockdunklen Stall einfach verhungern lassen.

WANN & WO: Wann nimmt man Besitzern die Tiere weg?

Pius Fink: Wenn zu erwarten ist, dass nur dadurch weitere schwere Tierquälerei verhindert werden kann oder ein Tierhalteverbot besteht. Dies kann die Bezirkshauptmannschaft aussprechen, wenn der Tierhalter mindestens zweimal von der BH wegen Tierquälerei bestraft oder vom Gericht wegen Tierquälerei mindestens einmal verurteilt wurde. Das erfolgt in Vorarlberg durchschnittlich zwei Mal pro Jahr.

WANN & WO: Wie wird das Tierhalteverbot dann überprüft?

Pius Fink: Die Überprüfung erfolgt unangemeldet durch die Bezirkshauptmannschaft sowie die Polizei oder wenn eine weitere Tierhaltung gemeldet wird. Tierhalteverbote können auf Lebenszeit des Tierquälers erlassen werden oder nur für einen begrenzten Zeitraum. Das Tierhalteverbot kann alle Tiere umfassen oder nur bestimmte Tiergruppen. Umfasst ein Tierhalteverbot beispielsweise alle landwirtschaftlichen Nutztiere, dann könnte der Betroffene noch eine Katze halten.

WANN & WO: Was für Strafen erwarten Tierquäler?

Pius Fink: Die gerichtliche Strafe für schwere Tierquälerei kann bis zu einem Jahr Freiheitsentzug oder eine Geldstrafe bis zu 360 Tagessätzen betragen. Die Höhe des einzelnen Tagessatzes bemisst sich nach der sozialen Lage und kann von vier Euro bis zu 5000 Euro betragen. Im Verwaltungsstrafverfahren bei der Bezirkshauptmannschaft kann die Geldstrafe bis zu 7500 Euro, im Wiederholungsfall bis zu 15.000 Euro betragen. Bei schwerer Tierquälerei muss die Strafe mindestens 2000 Euro hoch sein. Denn Tiere sind keine Sachen!

„Falsch und verantwortungslos ist, gleichgültig wegzuschauen!“

Laut Landespolizeidirektion Vorarlberg wurden 2012 31 Fälle von Tierquälerei angezeigt, davon konnten 17 aufgeklärt werden. Im Jahr 2013 waren es bereits 55, wovon 30 geklärt wurden. Für 2014 gibt es leider noch keine Zahlen. Tierschutzombudsmann Pius Fink: „Die Anzahl der Meldungen ist jedoch steigend. Wer eine schlechte Tierhaltung bei der BH oder bei der Tierschutzombudsstelle oder auch bei der Polizei meldet, macht keinen Fehler, auch wenn sich herausstellt, dass kein Tierschutzverstoß besteht. Falsch und verantwortungslos machen es jene, die gleichgültig wegschauen und denen das Wohlergehen von Tieren egal ist!“

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