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Theater an der Wien mit satter Ladung Beethoven

Sie waren das Alpha und Omega zu Beginn einer neuen Saison: Ein gebrochener aber trotziger Tobias Moretti und eine vor Unschuld triefende Annette Dasch begeisterten Mittwochabend im Theater an der Wien bei Beethovens „Egmont“-Vertonung.

Der Start in die neue Saison ist unfallfrei über die Bühne gegangen, das Eröffnungskonzert wurde begeistert aufgenommen. Viel Applaus gab es auch für das Radio-Symphonieorchester Wien und Bertrand de Billy, der es bei Beethovens „Fünfter“ allerdings schon etwas eilig hatte.

Auch Moretti zählt ja nicht gerade zu den verschlafenen Geistern und so war es ein kleines Wunder, dass der Schauspieler nur wenige Wochen nach seinem Motorradunfall auf der Bühne stand. Bei der Planung des Abends hätte man sich allerdings mehr Einfallsreichtum gönnen sollen. Mittlerweile weiß es jeder: Das Theater an der Wien und die Person Beethovens pflegen eine enge historische Verbindung. Reminiszenzen an das zeitgenössische Programm, mit dem recht oft hier auch überrascht wird, gab es wieder keine.

Dass der Abend trotzdem nicht der Monotonie zum Opfer fiel, lag an den „Solisten“ und der besonderen abwechslungsreichen Dramaturgie dieses „Egmont“. Denn Beethovens Musik zu Goethes Trauerspiel wurde mit Rezitationen Morettis gespickt, der sich so ins Zeug legte, als wäre die Heilige Inquisition ihm persönlich hinter den Fersen. Dasch bewies, dass der kurze Hype rund um ihren Auftritt bei den Salzburger Festspielen berechtigt war. Bei ihren zwei Clärchen-Liedern bestach sie nicht nur durch technische Mühelosigkeit, sondern auch mit Sinn fürs Süße – ohne klebrig zu werden. Die Entscheidung fiel im Zweifelsfall für himmelhoch jauchzend als für zu Tode betrübt.

De Billy dachte im Gegensatz dazu nicht daran, auch nur ein Zuckerkorn in die Partitur rieseln zu lassen. Er und das RSO packten das Publikum ab der Ouvertüre an der Gurgel und ließen bis zum Ende nicht mehr los. Strenge kurze Akzente ließen keinen Zweifel daran aufkommen, dass hier nicht zum Tanz aufgefordert wurde, sondern Krieg tobte und Verfolgung drohte. Aber auch der Siegessymphonie wurde jeglicher Pathos entzogen und ein gewisser Zweifel eingepflanzt. Vielen Stellen wurde auch so die Sinnlichkeit wiedergegeben.

Damit war es beim „Tatatata“-Teil des Programms aus. De Billy dirigierte im zweiten Teil des Abends plötzlich, als hätte er nach diesem Engagement Besseres zu tun und hetzte das RSO durch den Abend. Noch immer gekonnt aber zunehmend patzig wurde so die „Fünfte“ abgespult, ohne Höhepunkte zu erleben. Wieder ein Abend der Gegensätze, denn so kam die erste Hälfte nochmals zu besonderen Ehren.

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