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Testamente: „Das niedrige Motiv der Habgier“

Testamentsaffäre: Richterin Ratz wurde im zweiten Rechtsgang zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt.
Testamentsaffäre: Richterin Ratz wurde im zweiten Rechtsgang zu einer teilbedingten Haftstrafe verurteilt. ©VOL.AT/ Steurer
Salzburg, Dornbirn. Dieses Tatmotiv unterstellte das Landesgericht Salzburg in seinem zweiten Urteil der verurteilten Richterin Kornelia Ratz.
Schriftliche Urteile da
3 von 5 Urteilen rechtskräftig

Erschwerend“ wertete das Landesgericht Salzburg im Fall der Angeklagten Mag. Kornelia Ratz „das Vorliegen von verwerflichen Beweggründen“. Das hat Richterin Christina Rott als Vorsitzende des Schöffensenats in ihrem schriftlichen Urteil so festgehalten.

Denn die Richterin habe aus dem „niedrigen Motiv der Habgier“ im Jänner 2005 beim Bezirksgericht Dornbirn telefonisch ein gefälschtes Testament eines verstorbenen Verwandten mit einem Nachlass von einer halben Million Euro in Auftrag gegeben. „Da sie den Nachlass für ihre Tante und ihre Mutter und in Folge vermutlich auch für sich selbst gewinnen wollte“, heißt es dazu zur Begründung im auf 350 Seiten abgefassten Urteil.

Verwerflich sei zudem, dass die damalige Vorsteherin des Bezirksgerichts Feldkirch „im Zusammenhang mit der Ausnützung ihrer Funktion in der Justiz“ gehandelt habe.

Die angeklagte Richterin wurde im zweiten Rechtsgang zu einer teilbedingten Haftstrafe von 32 Monaten verurteilt. Davon beträgt der unbedingte Teil zehn Monate. Der Schuldspruch erfolgte wegen der Beteiligung am Amtsmissbrauch und an der Fälschung besonders geschützter Urkunden. Das Urteil ist nicht rechtskräftig.

Wegen der langen Verfahrensdauer hat das Gericht davon abgesehen, eine teilbedingte Gefängnisstrafe von drei Jahren über die 51-jährige Feldkircherin zu verhängen. Seit März 2010 ist die Vizepräsidentin des Landesgerichts Feldkirch suspendiert. Ihr auf zwei Drittel herabgesetztes monatliches Nettoeinkommen beträgt seither laut Urteil 2200 Euro.

Das Testament fälschen zu lassen war nach Ansicht des Schöffensenats „vermutlich nicht die Idee“ der angeklagten Richterin. Das Gericht vermutet, dass sich Ratz dazu von sich benachteiligt fühlenden Mitgliedern ihrer Familie überreden lassen hat.

Unvorstellbares Vorgehen

„Auf den ersten Blick wirkte es unvorstellbar“, dass eine Richterin ein gefälschtes Tes­tament erstellen lassen haben soll, schreibt Rott in ihrem Urteil. Letztlich sei das Gericht jedoch „aufgrund der Angaben des Jürgen H. vollends davon überzeugt, dass sie bei ihm die Herstellung eines Testaments ,bestellte‘“. Jürgen H. ist der rechtskräftig zu sechs Jahren Gefängnis verurteilte Haupttäter im Testamente-Justizskandel. „Es gibt keinen vernünftigen Grund, warum Jürgen H. Ratz verleumden sollte“, meint der Schöffensenat. Demgegenüber „vermochte ihre leugnende Verantwortung das Gericht nicht zu überzeugen“.

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