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Terror-Prozess gegen 18-jährige Wienerin

Am Dienstag ist im Wiener Straflandesgericht der Prozess gegen eine 18-Jährige eröffnet worden, der die Anklage Mitwirkung an einer terroristischen Vereinigung vorwirft. Die junge Frau war am 4. Juli 2014 an der rumänisch-bulgarischen Grenze aufgegriffen worden, als sie in einer größeren Gruppe in die Türkei reisen wollte. Endgültiges Ziel soll Syrien gewesen sein.


Die Angeklagte habe sich der Terror-Miliz “Islamischer Staat” anschließen wollen und sei “als Einzige dieser Gruppe nicht sehr weit gekommen”, erklärte Staatsanwalt Leopold Bien. Die gebürtige Tschetschenin – sie war sieben Jahre alt, als ihre Familie aufgrund der Bürgerkriegswirren in den Westen flüchtete – war damals noch minderjährig und wurde aufgrund dessen von den Grenzbeamten zurück nach Wien geschickt.

Chat-Protokolle und Zeugenaussagen sollen belegen, dass das Mädchen in Syrien einen IS-Kämpfer heiraten wollte. Ihr sei es darauf angekommen, die Ziele des IS mitzutragen, sagte Bien. Verteidiger Martin Mahrer widersprach heftig. Seine Mandantin, die in einem lachsrosa Kostüm und mit bis zur Hüfte reichendem schwarzen Haar auf der Anklagebank Platz nehmen, hätte in Istanbul einen Burschen treffen und heiraten wollen, in den sie sich verliebt hatte. “Sie lehnt terroristische, extremistische, islamistische Organisationen ab”, betonte Mahrer.

Das Mädchen selbst versicherte, sie sei “überhaupt nicht eine von denen”. Der IS interessiere sie nicht: “Was die machen, ist für den Islam schlecht. Das ist eine Katastrophe.” In weiterer Folge erzählte sie dem Schöffensenat, sie habe via Facebook einen jungen Mann kennengelernt, den sie “wegen seines guten Charakters” ehelichen hätte wollen. Ihre Eltern seien dagegen gewesen, also habe sie sich auf eigene Faust auf den Weg gemacht.

Der Staatsanwalt ist überzeugt, dass sich der angebliche Ehemann in spe entgegen der Behauptung der Angeklagten und ihrer als Zeugin vernommenen Mutter in Syrien und nicht in Istanbul befand. Bien stützt sich dabei auf Erkenntnisse der Sicherheitsbehörden, die das Telekommunikations-Verhalten der Angeklagten überwacht hatten. Außerdem konnte die 18-Jährige weder die Anschrift noch eine Telefonnummer des Mannes nennen.

Auch die Mutter, die behauptete, sie habe mit dessen Mutter telefoniert, konnte keine Nummer vorlegen. “Leider habe ich die nicht aufbewahrt”, bedauerte sie im Zeugenstand. Eine weitere Zeugin, die im Ermittlungsverfahren angeben hatte, die Angeklagte habe sich auf den Weg nach Syrien gemacht (“Ihr Freund wartet dort auf sie”), versicherte nun, sie habe das nie gesagt. Die Polizei habe falsch protokolliert. Zur weiteren Beweisaufnahme wurde das Verfahren schließlich vertagt.

Im Fall jener 17-jährigen Schwedin, die Anfang Dezember am Westbahnhof unter IS-Terrorverdacht festgenommen wurde, hat die Staatsanwaltschaft Wien unterdessen eine Anklage wegen terroristischer Vereinigung eingebracht. “Wir wollen das so rasch wie möglich über die Bühne bringen”, meinte Verteidiger Wolfgang Blaschitz am Dienstag im Gespräch mit der APA. Sein primäres Interesse bestehe darin, dass die Minderjährige möglichst bald in ihre Heimat zurückkehren kann. Er stehe in Kontakt mit Jugendwohlfahrtsträgern in Linköping, einer 140.000 Einwohner zählenden Industrie- und Universitätsstadt in der Provinz Östergötland, sagte Blaschitz.

Die schwedischen Behörden hatten nach der Festnahme des Mädchens kein Auslieferungsbegehren gestellt. Grund: Das, was die Wiener Justiz der Jugendlichen vorwirft, ist nach schwedischem Recht nicht strafbar. In Folge dessen wurde ein Inlandsverfahren eröffnet, und die 17-Jährige, die nicht den geringsten Bezug zu Österreich hat, wird sich nun Ende Februar vor einem Wiener Gericht verantworten müssen.

Dem Mädchen mit somalischen Wurzeln wird angelastet, sie habe über die sogenannte Balkanroute nach Syrien gelangen wollen, um sich dort dem IS anzuschließen. Auf einen Hinweis der schwedischen Behörden machte die Wiener Polizei allerdings ihre Reisepläne zunichte. Bei der Auswertung ihres Handys soll dem Vernehmen nach Belastungsmaterial in Form von Chat-Protokollen und abgespeichertem Propagandamaterial zutage getreten sein. Mit welcher Verantwortung er in die Hauptverhandlung gehen und ob sich die Angeklagte schuldig bekennen wird, wollte Verteidiger Blaschitz vorerst nicht beantworten. Ein auf ein konkretes Datum fixierter Verhandlungstermin ist noch ausständig. Richter Andreas Hautz, der den Prozess leiten wird, befindet sich derzeit im Urlaub.

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