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Tagesvignette: Bürgermeister gegen Vorschlag

Infrastrukturminister Gorbach präsentierte Landes- und Kommunalpolitikern sowie den Bürgermeistern von Lindau und Bodolz im Bregenzer Rathaus seinen Tagesvignetten-Vorschlag, blitzte aber vorerst ab. Tagesvignette

Wie die „VN“ berichteten, könnten Gemeinden laut Gorbach ein gewisses Kontingent der 7,60 teuren Zehn-Tages-Vignetten kaufen und diese zu einem Stückpreis von zwei Euro an die Autofahrer abgeben. Die Differenz von 5,60 pro Vignette sollten sich Asfinag, Land und Gemeinden gleichberechtigt teilen, lautete Gorbachs Finanzierungsvorschlag für das Pilotprojekt. Und dagegen regt sich Widerstand. „Das ist für uns nicht akzeptabel“, sagte Bürgermeister Markus Linhart gestern; sein Hörbranzer Amtskollege Karl Hehle sekundierte: „Der Finanzminister will uns zum vollen Preis einer Zehn-Tages-Vignette eine Tagesvignette verkaufen.“

Und Xaver Sinz, Ortschef aus Lochau, legte nach: „Es kann doch wohl nicht sein, dass jene Gemeinden, die eh schon massiv unter der Verkehrsbelastung leiden und deswegen auch wirtschaftlichen Schaden leiden, der Asfinag noch den Ausgleich zahlen sollen.“ Auch, meinte Linhart später, sei „die Frage zu stellen, warum wir als Hauptbetroffene auch noch Urlaubern einen Tagesausflug nach Lech oder ins Montafon zahlen sollen?“

Es sei einfach nicht einzusehen, dass die hauptbetroffene Region die für ganz Österreich geltende Tagesvignette mitfinanziere, sagten die Bürgermeister. Denn der Erhalt des hochrangigen Straßennetzes sei eben per Verfassung Bundesaufgabe, sagte Linhart: „Und deswegen können und sollen Gemeinden nicht herangezogen werden, um Bundesaufgaben zu finanzieren.“

Bei aller Kritik an der Finanzierung selbst lobten die Kommunalpolitiker allerdings, dass endlich Bewegung in die Sache komme. „Zumindest konnte“, sagte Linhart, „das kategorische Nein des Bundes endlich aufgelockert werden.“

ARGE untersucht

In einem ersten Schritt soll nun eine Arbeitsgruppe, auch unter Einbeziehung von Experten des Finanzministeriums, die Sache genauer untersuchen. Gorbach widersprach den Bedenken der Bürgermeister nicht, meldete sich aber dennoch mit einem Appell: „In drei, vier Wochen müsste diese Arbeitsgruppe zu einem Ergebnis kommen“, sagte der Vizekanzler, „damit wir dann wirklich rasch, bereits ab Jänner nächsten Jahres, das Pilotprojekt starten können.“ In diesem Punkt war man sich dann wieder einig: Das 600.000 Euro teure Pilotprojekt könne, sollte denn die Finanzierungsfrage geklärt werden, entscheidende Erfahrungswerte bringen. Zudem gelte es für die Arbeitsgruppe, entscheidende organisatorische Fragen zu klären. Die da beispielsweise lauten: Wo wird die Vignette verkauft? Wie wird der Verkauf organisiert? Wird ein gewisses Kontingent auch Urlaubern in Lech, im Montafon angeboten?

Am Gespräch am Freitag beteiligten sich im Übrigen auch die Bürgermeister von Bodolz und Lindau, Stephan Bock und Petra Meier to Bernd-Seidl. Beide unterstrichen, dass die Region nur gemeinsam eine Lösung erzielen könne. Lindaus Stadtchefin richtete einen Appell an alle Verantwortlichen: „Seit langen Jahren wird diskutiert und diskutiert. Jetzt steht die Tür einen Spalt offen, nutzen wir diese Chance.“

Unverändert bleibt indes die Forderung der Bürgermeister nach einem generellen Ende der Vignette. „Weil diese Maßnahme wegen ihrer Nebeneffekte absolut ungeeignet ist“, sagte Linhart abschließend, „wie Bregenz leider tagtäglich beweisen muss.“

VN-UMFRAGE: Was halten Landespolitiker von Gorbachs Vorschlag?

Der Bund kann sich mit diesem unausgegorenen Vorschlag nicht aus der Verantwortung stehlen. So würden Land und Gemeinden finanziell für ein vom Bund verursachtes Problem bluten.
DIETER EGGER, CHEF DER FREIHEITLICHEN

Es kann nicht sein, dass aus Steuergeld von Vorarlbergern die Tagesvignette für deutsche Touristen finanziert wird. Man muss sich überlegen, die Vignette komplett abzuschaffen.
MICHAEL RITSCH, SPÖ-ABGEORDNETER

Ein Murks ist das: Es ist fraglich, ob die Abwicklung überhaupt mit vertretbarem Aufwand machbar ist. Außerdem: Wieso sollen Land und Gemeinden die Tagesvignette mitfinanzieren?
JOHANNES RAUCH, CHEF DER GRÜNEN

Die Bürgermeister lehnen den Tagesvignetten-Finanzierungsvorschlag ab und betreiben da eine Vogel-Strauß-Politik. Denn eine Verkehrsentlastung wird es zum Nulltarif eben nicht geben.
ANDREAS BLUM, BZÖ-LANDESKOORDINATOR

KOMMENTAR VON MARIANNE MATHIS: “Ausprobieren statt streiten”

Die Tagesvignette wird kommen, nur nicht so rasch, wie es sich Vizekanzler Gorbach vorgestellt hat. Landesrat Rein gibt dem jüngsten Vorschlag erstmals eine Chance auf Umsetzung. Die Finanzierung ist gar nicht das Hauptproblem: Grasser hat signalisiert, dass er über die Aufteilung gerne mit sich reden lässt. Der Gemeindeanteil kann auf ein Minimum sinken. Und das heißt schon was. Dass die drei Bürgermeister sich auf diese Nebenfront konzentrieren, ist eher erstaunlich, zumal die Landes-ÖVP bis zu 170.000 Euro beizusteuern bereit ist. Ein paar zerquetschte Euro mehr werden das Modell auch nicht zum Scheitern bringen.

Der Teufel liegt wie fast immer im Detail: Viele Fragen der operativen Umsetzung müssen noch geklärt werden, deshalb wurde eine Arbeitsgruppe installiert, die bereits kommende Woche erstmals zusammentritt.

Dass die Gemeinden im Großraum Bregenz zumindest einen kleinen Obulus beizutragen haben, erscheint gerechtfertigt. Das Geld soll auch nicht in das tiefe Schuldenloch der Asfinag fließen, sondern im Land bleiben. Kirchturmdenken und Kleinhäuslerei sollten endlich der Vergangenheit angehören.

Die Autobahnvignette war von Anfang an eine Missgeburt. Denn sie erzeugt, ähnlich wie bei der Lkw-Maut auf Autobahnen und Schnellstraßen, immer „Fluchtverkehr“.

Man kann nicht jeden Lösungsansatz blockieren, gleichzeitig aber gebetsmühlenartig eine Tagesvignette fordern, das wirkt auf Dauer wenig glaubwürdig. Denn zum gegenwärtigen Zeitpunkt muss selbst ein Prophet die Antwort auf die Frage verweigern, wieviele Autofahrer tatsächlich das Angebot eines Tagestickets um zwei Euro nutzen, um durch das lange Loch zu fahren. Jetzt sollte die Tagesvignette mit vereinten Kräften einfach probiert werden. Das geht bekanntlich über Studieren und endlose Streitereien.

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