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"Täter ohne Fluchthintergrund"

Die 71-Jährige wurde im Lift Opfer des Angriffs.
Die 71-Jährige wurde im Lift Opfer des Angriffs. ©VN (Archiv)
Am Dienstag verletzte ein psychisch Kranker im Krankenhaus Dornbirn mehrere Personen. WANN & WO besuchte ein Opfer im Spital.
Dornbirn: Angriff im Krankenhaus

Durch ein Facebook-Posting wurde die Öffentlichkeit darauf aufmerksam, dass am Dienstagabend im Krankenhaus Dornbirn eine 71-jährige Frau von einem Mann attackiert und verletzt wurde. Auch ihr Sohn, der sich dazwischen stellen wollte, wurde von dem Angreifer niedergeschlagen. Da von dem Vorfall nichts in den Medien erschien, beschloss die Familie, über das Soziale Netzwerk Facebook auf den Fall aufmerksam zu machen. Ein entsprechendes Posting auf der Facebookseite der Enkelin wurde binnen weniger Tage über 800 Mal geteilt, die Spekulationen über mögliche Hintergründe der Tat gingen in verschiedenste Richtungen. „Wir sind erschrocken, was für Krei­­se das auf Facebook zieht, und haben deshalb beschlossen, hier schnell einige Fakten klarzustellen“, erklärt Ralf Hämmerle von der Stadtkommunikation Dornbirn. Der Mann habe einen akuten Psychose gelitten, was offenbar der Auslöser für die unbegreifliche Tat am vergangenen Dienstag war.

„Fühle mich nicht sicher“

Körperlich gehe es der älteren Dame den Umständen entsprechend gut, sagte sie gegenüber WANN & WO beim Besuch im Krankenhaus. Dennoch habe sie seit den Geschehnissen kaum ein Auge zugetan und ständig ein beklemmendes Gefühl: „Ich war ja in einem Rollstuhl in dem Lift, konnte überhaupt nicht weg, als der Mann uns angegriffen hat. Wenn jetzt jemand auf mich zukommt, den ich nicht kenne, verkrampft sich alles in mir. Ich fühle mich hier im Krankenhaus nicht wirklich sicher, aber die Stationsärzte und Pfleger kümmern sich sehr gut um mich. Dass einem so etwas gerade im Krankenhaus passiert, damit rechnet man ja niemals“, sagt sie über ihren seelischen Zustand wenige Tage nach den traumatischen Erlebnissen im Dornbirner Krankenhaus.

„Wahrheit ist zumutbar“

Wie lange über den Vorfall geschwiegen wurde, kritisiert der Landtagsabgeordnete Christoph Waibel (FPÖ), der sich der Sache annahm und W&W so auch den Besuch im Krankenhaus ermöglichen konnte. „So eine gezielte Nicht-Information lässt viel Raum für Spekulationen. In unserer heutigen Medienwelt ist das genau der falsche Weg“, sagt Waibel. „Die Wahrheit ist den Menschen zumut­bar! Man sieht an den Reaktionen auf Facebook, wie sich so etwas verselbständigen kann und wie sich die Leute in so einem Fall dann ihre eigene Wahrheit zurechtlegen.“

„Opfer- und Täterschutz“

Susanne Dilp von der Landespolizeidirektion erklärt: „Wenn psychische Erkrankungen oder Suizid im Spiel sind, verzichten wir meist aufgrund des Opfer- bzw. Täterschutzes auf die Berichterstattung. Über den Täter können wir derzeit sagen, dass es sich um einen 34-jährigen Mann aus Schwarzach handelt, der keinen Fluchthintergrund hat“, so Susanne Dilp.

Hetze auf Facebook

Die Enkelin der 71-Jährigen berichtete auf Facebook mit einem Foto von ihrer verletzten Oma über den Vorfall: „Einfach mal, dass alle informiert sind.“ Der von ihr unkommentiert zitierte Wortlaut des psychisch kranken Angreifers („Alle Kopf ab“) führte schnell zu Spekulationen, es würde sich um einen Flüchtling handeln. „Meine Familie wollte via Facebook auf das Geschehene aufmerksam machen“, erklärt die Enkelin. „Zu diesem Zeitpunkt hatten wir keine Informationen über den Täter und wussten nur, was meine Oma und mein Onkel erzählt haben. Uns hat aber gewundert, dass es offenbar unter den Teppich gekehrt werden sollte – man hat uns ja nicht gesagt, warum nicht darüber berichtet wird. Die Anteilnahme und Unterstützung für die Familie war sehr groß. Ich hätte aber nie damit gerechnet, dass dieses Posting solch eine Eigendynamik entwickelt und die Spekulationen so weit auseinander gehen. Ich war regelrecht schockiert von dem Hass im Netz, aber wir sind auch sehr dankbar für die vielen warmen Worte.“ W&W respektiert den Wunsch der Familie und verzichtet darauf, an dieser Stelle erneut Namen oder Bilder der Angehörigen zu veröffentlichen. Die Enkelin hat das Posting mittlerweile gelöscht, denn viele der Kommentare richteten sich offen gegen sie und ihre Familie.

Warum keine Security?

In den Kommentaren und von Christoph Waibel, der auch in der Dornbirner Stadtvertretung sitzt, wird aber auch gefragt, warum es am Krankenhaus kein Sicherheitspersonal gebe. Ralf Hämmerle erklärt: „Derzeit gibt es keinen Bedarf für Securitys im Krankenhaus. Fallweise werden welche eingesetzt, aber in der letzten Zeit hat es keine Vorfälle gegeben, die eine Notwendigkeit gezeigt hätten. Der Bahnhof Dornbirn ist im Vergleich dazu viel höher frequentiert und dort sind auch andere Personen unterwegs. Dort macht mehr Sicherheitspersonal durchaus Sinn.“ Auch den Vorwurf, die Polizei sei nicht rasch genug vor Ort gewesen, lässt Hämmerle nicht gelten: „Das Krankenhauspersonal hat rasch und genau richtig gehandelt“, betont der Stadtsprecher und fügt hinzu: „Auch die Polizei ist innerhalb weniger Minuten am Krankenhaus eingetroffen, nahm den Täter fest und überstellte ihn nach kurzer Einvernahme ins Landeskrankenhaus Rankweil.“

(WANN & WO)

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