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Suizid – der frei gewählte Tod

An Depressionen erkrankte Menschen bilden die Hauptrisiko-Gruppe.
An Depressionen erkrankte Menschen bilden die Hauptrisiko-Gruppe. ©iStock
Zum 26. Mal zeigt der jährliche Vorarlberger Suizidbericht die untrüglichen Zahlen zu einer der bedrückendsten Todesarten. Primar Dr.

Reinhard Haller als Experte und Mitverfasser kennt die Hintergründe: „Hinter jedem vollendeten Suizid stehen individuelle Schicksale wie Verzweiflung, psychische Probleme, seelische Krankheiten, soziale Belastungen oder Vereinsamung.“ Prävention und Aufklärung sollen das oftmals tabuisierte Thema bewusst machen.

Fast jeder Selbstmordversuch ist ein Appell und Hilfeschrei eines in innere Not geratenen Menschen, der keinen Ausweg mehr sieht und um Verständnis sowie Zuwendung schreit. Bei sogenannten Bilanzselbstmorden scheint die Entscheidung wohl überlegt, passiert aber oft während nicht erkannten oder versteckten Depressionen. Die Forschung ist sich einig, dass die Zahl von Suiziden generell unterschätzt wird. Fakt ist: Weltweit tötet sich alle 30 Sekunden ein Mensch, und fünf Prozent aller Menschen unternehmen im Laufe ihres Lebens einen ernsthaften Suizidversuch. Durch den Freitod sterben weit mehr Menschen als im Straßenverkehr und erheblich mehr als durch Kriege oder Morde. Österreich hat mit einer Suizidzahl von etwa 15 pro 100.000 Personen im europäischen Vergleich eine insgesamt positive Entwicklung seit Beginn der Aufzeichnungen. Verbesserungen in der psychosozialen Versorgung sowie frühe Diagnostik und Therapie depressiver Erkrankungen begünstigen den Rückgang. Dennoch sterben in Österreich mehr Menschen am Freitod als durch Verkehrsunfälle, Mord und Totschlag sowie illegale Drogen und AIDS zusammen.

Suizid in Vorarlberg
Vorarlberg liegt im österreichweiten Vergleich deutlich unter dem Durchschnitt. Seit Beginn der Aufzeichnungen 1970 wird ersichtlich, dass sich die Anzahl in den letzten drei Jahren bei 40 bis 50 Fällen pro Jahr gesamt einpendelt. Das auffallendste Ergebnis für das Jahr 2013 ist die Verschiebung zu (Un)Gunsten der Frauen. Waren es über Jahre hinweg stets 3 bis 4:1, lag das Verhältnis letztes Jahr bei 1,5:1 – rund 40 Prozent mehr Frauen. Primar Dr. Reinhard Haller: „Diese Entwicklung ist schwer zu erklären, es könnte sich um einen „statistischen Ausreißer“ handeln. Ebenso könnte es in Verbindung mit der hohen Scheidungsrate, der Mehrfachbelastung oder dem wachsenden Frauenanteil im Suizid-Hauptrisikoalter jenseits des 70. Lebensjahrs stehen. Nach einem Jahr kann man jedenfalls nicht auf einen Trend schlussfolgern.“

Alterssuizid
Ausgehend von absoluten Zahlen ereignen sich die meisten Suizidfälle in der Gruppe der 35 bis 55-Jährigen und dann wieder ab dem 65. Lebensjahr. Die beiden Zahlen zeigen eine bemerkenswerte Parallelität mit Statistiken von depressiven Erkrankungen und psychischen Altersproblemen. „An Depressionen erkrankte Menschen bilden die Hauptrisiko-Gruppe für suizidales Verhalten und erreichen im Alter zwischen 40 und 50 Jahren ihren Höhepunkt.  2050 werden Depressionen die wichtigste und häufigste Erkrankung überhaupt sein“, verdeutlicht Haller. Je älter desto entschlossener wird ein Suizidplan durchgezogen. Vereinsamung, Verlust an Lebensqualität, mangelnde Zukunftsperspektiven, Überhandnehmen von körperlichen Erkrankungen, Altersdepressivität und beginnender Leistungsnachlass des Gehirns spielen dabei eine tragende Rolle.

Freitod bei Kindern und Jugendlichen
Speziell junge Menschen denken häufig an Selbstmord, dennoch ist der Suizidtod bei unter 14-jährigen ein seltenes Ereignis. Oftmals scheitern Selbstmordversuche in vielen Fällen nur an fehlender Entschlossenheit. Fast jedem Suizid gehen Signale voraus wie Verhaltensänderungen, Rückzug, Verschlossenheit, Kränkungsreaktionen oder Selbstzweifel. Neben emotionalen-, neurotischen- oder Belastungsstörungen sind Entwicklungsschwierigkeiten, Versagensängste und Überforderung (Schule) sowie Liebeskummer Hauptursache depressiver Phasen und suizidalem Verhalten. Es muss unterschieden werden zwischen Ursache, Motiv und Auslöser. Jedem Suizid liegt eine länger bestehende Ursache vor, welche sich dann bei einem oftmals nichtigen Anlass entlädt. Primar Haller: „Kinder und Jugendliche die einen Selbstmord begehen, wollen nicht sterben, sie können nur nicht mehr so weiterleben.“

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