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Studie zu Bildungsstandards: Wien schnitt mit am schlechtesten ab

Volksschüler brachten bessere Werte
Volksschüler brachten bessere Werte ©APA
Kaum Unterschiede zwischen den Bundesländern gibt es offenbar in Sachen Bildungsstandards. Wien und Vorarlberg schneiden am schwächsten ab - das Burgenland liegt außer beim Hörverstehen meist vorne.
Bildungsreform stagniert
Bildungsstand nach Bezirken

Die regionalen Unterschiede bei den Ergebnissen der Bildungsstandards sind laut Ergebnisberichten nur “moderat” und haben “praktisch geringe Bedeutsamkeit”. Tendenziell schneiden in den einzelnen Testbereichen Wien und Vorarlberg am schlechtesten und das Burgenland (außer beim Hörverstehen), Salzburg sowie Nieder- und Oberösterreich am besten ab.

Geringe Bundesländerunterschiede bei Bildung

Die geringen Bundesländerunterschiede sind für die Studienautoren nicht überraschend: “Substanzielle Unterschiede sind aufgrund der zentralen Steuerung (bundesweit gültiger Lehrplan, bundesweit einheitliche Bildungsstandards, bundesweit gesteuerte Lehrerausbildung) auch nicht zu erwarten.” Dennoch waren die Voraussetzungen durchaus unterschiedlich. So hatten etwa 44 Prozent der Schüler in Wien einen Migrationshintergrund (Deutsche herausgerechnet), aber nur zehn Prozent in Kärnten.

Im zentralen Bereich Leseverständnis erreichten die Schüler im Österreich-Schnitt 523 Punkte. Nur 16 Punkte trennten dabei Salzburg (530) als bestes von Wien als schwächstem Land (514). Dazwischen liegen das Burgenland (529), Nieder- und Oberösterreich (je 527), die Steiermark (524), Kärnten (522), Tirol (521) sowie Vorarlberg (516).

Textproduktion: Größere Unterschiede

Etwas größer waren die Unterschiede bei der Textproduktion: Hier lagen 22 Punkte zwischen bestem Bundesland (Burgenland: 511) und den beiden schlechtesten (Wien und Vorarlberg mit je 489). 17 Punkte betrug der Unterschied bei der Sprachbetrachtung (Burgenland, NÖ: 532, Wien: 515), mit 26 Punkten am höchsten war er bei der Rechtschreibung (Burgenland: 518, Wien, Vorarlberg je 492). Besonders homogen fielen die Ergebnisse im Hörverstehen aus: Niederösterreich und Salzburg kamen auf je 506 Punkte, das Burgenland auf 492).

Bildungsstandards: In Wien beste und schlechteste Leser

Betrachtet man allerdings anstatt des Mittelwerts die beiden Extrempole (Bildungsstandards übertroffen bzw. nicht erreicht), sind schon eher Unterschiede auszumachen. So gibt es im Burgenland und in Salzburg besonders wenige Risikoleser (je zehn Prozent), während in Wien 18 Prozent mangelnde Lesekompetenz aufweisen. Umgekehrt sticht Wien mit einem Anteil von sieben Prozent bei den Spitzenlesern am anderen Ende des Leistungsspektrums ebenso hervor. Dies sei auf die “heterogen zusammengesetzte Schülerpopulation in Wien zurückzuführen”. Ähnlich sieht es bei der Sprachbetrachtung aus, wobei hier Niederösterreich besonders viele leistungsstarke Schüler aufweist.

Große soziale Unterschiede bei Bildung

Bei den Leistungen der Volksschüler zeigten sich je nach Gruppenzugehörigkeit große Unterschiede. Am größten waren sie im sozialen Bereich: Kinder aus Akademikerhaushalten erreichten zwischen rund 100 und 120 Punkten mehr als Kinder von Eltern mit maximal Pflichtschulabschluss. Das entspreche in etwa (in der vierten Volksschulklasse) drei Lernjahren, so Claudia Schreiner.Etwas geringer war der Unterschied zwischen Kindern mit bzw. ohne Migrationshintergrund: Hier lagen die Unterschiede zwischen 39 (Rechtschreiben) und 77 Punkten (Hörverstehen). Deutsche wurden dabei aufgrund der gleichen Sprache nicht zu den Migranten gezählt. Vergleicht man nur Migrantenkinder aus der gleichen sozialen Schicht, reduzierten sich die Unterschiede auf 15 (Rechtschreiben) bis 51 Punkte (Hören). Beim Teilbereich Lesen gehören zehn Prozent der “einheimischen” Kinder (insgesamt 6.000) zur Risikogruppe (Bildungsstandards nicht erreicht), aber 27 Prozent der Kinder mit Migrationshintergrund (insgesamt 4.000).

Leistungsunterschiede bei den Schülern

Die Leistungsdifferenz zwischen Buben und Mädchen betrug 31 Punkte. Beim Lesen gehören zehn Prozent der Mädchen, aber 16 Prozent der Burschen zur Risikogruppe. Umgekehrt fallen vier Prozent der Burschen und acht Prozent der Mädchen in die Gruppe der Spitzenleser. Auffällig dabei: Die Leistungsunterschiede gab es zwar in allen Kompetenzbereichen – sie waren aber in den Schreib-Disziplinen höher als beim Hören (und dem stichprobenartig abgetesteten Sprechen).

Alle Schüler bzw. deren Eltern erhalten in den kommenden Tagen “ihre” Ergebnisse. Die Lehrer bekommen die Resultate ihrer Klasse, die Direktoren jene ihrer Schule.

Heinisch-Hosek für Schul-Sozialindex

Bildungsministerin Gabriele Heinisch-Hosek (SPÖ) will die Ergebnisse der Bildungsstandard-Erhebungen zum Anlass nehmen, beim Finanzausgleich eine Neuverteilung der Ressourcen für die Schulen anzustreben. “Wir sollten über eine Sozialindexierung sprechen”, so die Ministerin bei einer Pressekonferenz am Donnerstagnachmittag.

Derzeit seien im Finanzausgleich zwar zusätzliche Mittel für Schulen etwa für Sprachförderung oder muttersprachlichen Unterricht vorgesehen. Die Situation habe sich aber seit dessen Abschluss Mitte der 2000er-Jahre in vielen Punkten geändert. Eine Sozialindexierung würde bedeuten, dass etwa Schulen mit vielen Kindern aus benachteiligten Schichten mehr Mittel bekommen.

Heinisch-Hosek zur Bildungsreform

Generell zeige sich aber, dass man mit den im Zuge der Bildungsreform angedachten Maßnahmen auf dem “absolut richtigen Weg” sei – etwa mit dem Ziel eines zweiten verpflichtenden Kindergartenjahrs und dem Bildungskompass, so Heinisch-Hosek. Zufrieden zeigte sie sich mit dem nur geringen Leistungsunterschied zwischen den Ländern. Das zeige, dass trotz der heterogenen Voraussetzungen das System funktioniere.

Der Kärntner Landesschulratspräsident Rudolf Altersberger (SPÖ) nannte die Bildungsstandard-Erhebungen einen “pädagogischen Jackpot”: Noch nie habe man so gute Daten über jeden Schüler bzw. jede Klasse erhalten. Auch er zeigte sich als Fan einer Sozialindexierung in Verbindung mit einer Autonomie an den Standorten, um über den Einsatz zusätzlicher Mittel zu entscheiden.

Mittel für die Schulen: Wer vergibt sie?

Die Schulaufsicht in den Mittelpunkt rückte dagegen sein oberösterreichischer Kollege Fritz Enzenhofer (ÖVP): Diese sollte mehr Möglichkeiten erhalten. Logischerweise sei jede Schule der Ansicht, dass sie mehr Mittel brauche.. Der Schulinspektor vor Ort, der mit der Lage am besten vertraut sei, habe wiederum wenig davon, wenn der Landesschulrat oder der Bund direkt Mittel vergebe. Er plädierte auch dafür, dass auch anhand der Standard-Ergebnisse der Landesschulrat stärker die Lehrerfortbildung steuern können solle. Notfalls müssten Lehrer dazu auch verpflichtet werden.

>>Bildungsstand nach Bezirken: Höchste Bildung in Wien-Innere Stadt

(apa/red)

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