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Streit um Sinn von Tempo 100

Ab 1. November muss Vorarlberg auf Teilstücken der Rheintalautobahn auf die Bremse steigen. Experten der TU Graz: „Für Vorarlberg bringt Tempolimit auf Sechs-Kilometer-Teilstück kaum etwas."  | Feinstaub-Info

Zwischen Dornbirn Nord und -Süd wird das Tempo – die “VN” berichteten bereits ausführlich – auf 100 Stundenkilometer reduziert. Damit soll laut Landesregierung die Feinstaub-Belastung reduziert werden.

Fachleute relativieren

Nun melden sich die Experten der TU Graz zu Wort: „Das Tempolimit bringt nur einen Schadstoffrückgang von 15 Prozent für die direkten Anrainer. Für die Stadt Dornbirn ist die Wirkung bereits im Promillebereich anzusiedeln und für ganz Vorarlberg wird Tempo 100 auf einem 6-Kilometer-Teilstück gar nichts messbares bringen”, sagt Umwelt- und Verkehrsexperte Dr. Kurt Fallast von der Technischen Universität Graz.

Direkte Anrainer gibt es aber – bis auf einige Höfe, die Abwasserreinigungsanlage und das Tierheim – keine. Umweltlandesrat Erich Schwärzler verteidigt sein Versuchsprojekt: „Wir müssen den richtigen Weg für die Reduktion der Luftbelastung finden.” Deshalb gelte das Tempolimit ja nicht für die nächsten 50 Jahre, sondern derzeit ein Jahr. „Und dann bewerten wir die Situation neu”, so der Landesrat bestimmt.

Gar nicht messbar?

„Natürlich werden Schadstoffe über Kilometer verfrachtet – aber der Feinstaub hat dann kein Mascherl mehr. Die Herkunft von der Autobahn ist dann nicht mehr messbar”, ist Experte Fallast nicht sehr optimistisch, was wissenschaftlich aufschlußreiche Meßergebnisse betrifft.

Für Prof. Peter Sturm – ebenfalls von der Uni Graz – ist eine Tempo-Reglementierung dennoch grundsätzlich sinnvoll. „Der positive Effekt lässt sich nur noch nicht eindeutig messen”, so der Universitätsprofessor vom Institut für Verbrennungskraftmaschinen und Thermodynamik. Die Autobahnen seien ja nur für einen geringen Teil des Schadstoffausstoßes verantwortlich. Mehr als zwei Drittel der Emissionen enstammten der Industrie, würden durch Brände verursacht, oder entstammten auch Biomasse-Heizungen.

Umwelt oder Sicherheit Tempo 100 könnte ohnehin in kurzer Zeit dauerhaft auf dem fraglichen Teilstück kommen. Denn sowohl Dornbirn-Süd als auch Dornbirn-Nord werden derzeit als Verkehrsknotenpunkte weiter ausgebaut. Ist Schwärzlers Umweltargument also nur vorgeschoben?

„Ganz klar Nein. Die Fragen der Verkehrssicherheit sind bei den Planungen später zu beantworten, jetzt geht es nur um die Luftgüte und um die Einhaltung der Grenzwerte. Ich bin der Überzeugung, dass diese Temporeduktion aus Umweltgründen wichtig ist”, betont Erich Schwärzler. Er verweist darauf, dass die Temporeduzierung eine Einzelmaßnahme eines ganzen Pakets sei. So will Schwärzler den Feinstaub auch mit der Nachrüstung von öffentlichen Bussen, sparsamerem Einsatz von Streugut im Winter und einer Infooffensive für richtiges Heizen bekämpfen: „Es ist nicht einmal eine Minute, die wir bei Tempo 100 auf diese sechs Kilometer verlieren. Das sollte uns die gute Luft Wert sein.

  • 05|10|2005: Gorbach: Tempo 100 ist “Pseudoaktion”
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