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Strategien und Chancen unserer Landwirtschaft im Globalisierungswettbewerb

"Die Bereitstellung hochwertiger Nahrungsmittel ist die Hauptaufgabe unserer Landwirtschaft", so StR Josef Moosbrugger.
"Die Bereitstellung hochwertiger Nahrungsmittel ist die Hauptaufgabe unserer Landwirtschaft", so StR Josef Moosbrugger. ©PRIVAT

Dornbirn. Im VN-Interview spricht Stadtrat Josef Moosbrugger über die Zukunft der EU-Agrarpolitik und die Perspektiven der heimischen Landwirtschaft.

Wie würden Sie den Beruf Bauer umschreiben?

Moosbrugger: Der Beruf Bauer ist heute ein vielseitiger Managerjob rund um die Uhr. Es reicht schon lange nicht mehr, sich mit Tier und Natur auszukennen. Heute muss man als Bäuerin und Bauer genauso ein Profi in Buchhaltung, Marketing, Vermarktung, Landtechnik und vieles mehr sein. Es braucht dafür nicht nur Fleiß und entsprechendes Wissen, sondern auch große Begeisterung.

Wie steht es um die Chancen der Landwirtschaft in Zeiten der Globalisierung und des erweiterten Europa?

Moosbrugger: Der Wettbewerb wird härter. Für die heimische Landwirtschaft steht die Massenproduktion nicht zur Diskussion. Unsere Chancen liegen in der Produktion hochwertiger Lebensmittel und dem Erhalt unserer Landschaft. Diese zwei Vorarlberger Spezialitäten aus Bauernhand kann niemand in einer Fabrik kopieren.

Die weltweite Finanz- und Wirtschaftskrise hält nun schon ein Jahr an. Ist davon auch unsere Landwirtschaft betroffen?

Moosbrugger: Ja. Wir hatten massive Absatz- und Preisrückgänge. Im Zuge der Rezession ist auf der ganzen Welt die Nachfrage nach Butter, Käse und Fleisch zurückgegangen. Der Preis für Milch fiel extrem tief. Österreichweit ging das bäuerliche Einkommen im Jahr 2009 im Durchschnitt um 28% zurück. Das muss man sich einmal vor Augen führen.

Wird die Krise den Strukturwandel noch beschleunigen?

Moosbrugger: Jedenfalls nicht bremsen. Es gibt immer strukturelle Veränderungen. Die Anzahl der Betriebe geht zurück, die Tieranzahl im Gesamten steigt leicht. Das größte Problem liegt aber im Bereich der Flächen. Ein Großteil der Flächen ist nicht in bäuerlicher Hand und das macht eine wirtschaftliche Planung schwierig.

Wie kann die Landwirtschaftskammer die Bauern am besten unterstützen?

Moosbrugger: Jeder Landwirt muss sich seinen persönlichen Weg suchen. Es gilt die eigenen Stärken und Möglichkeiten zu erkennen, entsprechend zu nutzen und auszubauen. Dafür gibt es ein breites Beratungs- und Bildungsangebot für die einzelnen Produktionssparten. Außerdem bietet das Ländle Marketing Hilfe bei der Vermarktung bäuerlicher Spezialitäten. Als Präsident ist es die mir anvertraute Aufgabe, Stimme der Bäuerinnen und Bauern auf regionaler, nationaler und auch europäischer Ebene zu sein. Und wie steht es um die Wettbewerbsfähigkeit unserer Bauern? Moosbrugger: Man ist mit dem erfolgreich, was man besser kann als andere. Das beweisen z.B. unsere großen und kleinen Milchverarbeiter nicht nur im Land, sondern auch weit über die Grenzen hinaus. Weiters gibt es auch unverzichtbare Partner wie beispielsweise Rupp oder efef. Ansonsten funktioniert die Vermarktung vom Hof zum Konsumenten in Form von Bauernmärkten, Hof- und Sennereiläden, aber auch in Zusammenarbeit mit den regionalen Handelspartnern sehr gut.

Die im Rahmen der letzten EU-Agrarreform beschlossenen Direktzahlungen sind bis 2013 befristet. Wie schätzen Sie die Chancen ein, dass es diese auch weiterhin geben wird?

Moosbrugger: Ich setze mich dafür ein, dass die Landwirte auch in Zukunft Planungssicherheit haben. Direktzahlungen sind ein unverzichtbares Instrument, um Risiken wie Marktschwankungen auszugleichen und die gesellschaftlichen Leistungen der Landwirte zu honorieren. Gerade für die Berglandwirtschaft ist diese Leistungsabgeltung eine wichtige Grundlage für den Weiterbestand. Unser Ziel ist, mehr regionalen Gestaltungsspielraum zu bekommen. Wir wissen vor Ort am besten, was unsere Betriebe können und brauchen.

Wo sind Einschnitte zu befürchten?

Moosbrugger: Offen ist, wie viele Mittel künftig überhaupt für die Ausgleichszahlungen zur Verfügung stehen. Hier gibt es noch viel zu verhandeln. Man sollte dabei auch nicht vergessen, dass die Ausgleichszahlungen an die Bauern uns allen in Form gepflegter Landschaften und leistbarer und hochwertiger Lebensmittel zugute kommen. Das ist auch die Grundlage für unseren erfolgreichen Tourismus und unsere exzellente Gastronomie.

ZUR PERSON: Landes- und Stadtrat Josef Moosbrugger
Jahrgang: 1966
Wohnort: Dornbirn
Familienstand: Verheiratet, drei Kinder
Beruf: Landwirt, LK-Präsident (seit 1999) Stadtrat (seit 1995)
Lebensmotto: “Nid lugg lo”

Text: Bernhard Tost

 

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