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Straßenumbenennungen in Hohenems im Frühjahr 2008

Hohenems - In Hohenems sind in nächster Zeit mehrere Straßen- und Plätze-Umbenenn­ungen vorgesehen. So soll einerseits ein Straßenname im jüdischen Viertel wieder hergestellt werden, andererseits mit dem „Aron-Tänzer-Platz“ vor dem Salomon-Sulzer-Saal erstmals ein Platz vorgesehen sein.

Umbenennungen der bislang mehrfach unterbrochenen „Schweizer Straße“ ermöglichen Ortsunkundigen weiters die Auffindbarkeit.

Seit dem Bau der Diepoldsauer Straße und der Auflassung des Bahnübergangs an der Schweizer Straße vor nun mehr als 20 Jahren fungiert die Schweizer Straße nicht mehr als durchgehende Verbindungslinie vom Kirchplatz bis zur Schweizer Grenze. Neben dieser Unterbrechung durch die Bahn ist die Schweizer Straße auch zwischen dem Hornbach-Kreisverkehr und Sport Mathis geteilt. Die Aufteilung der Schweizer Straße in drei Abschnitte führt vor allem bei Ortsunkundigen zu Verwirrung auf der Suche nach Firmen im Betriebsgebiet oder dem Jüdischen Museum.

Um mehr Klarheit und ein besseres Zusammenspiel zwischen der tatsächlichen Verkehrsführung und den Straßennamen zu erreichen sowie das Jüdische Viertel noch stärker als Ensemble zu definieren, sind folgende Umbenennungen von Straßen bzw. Straßenzügen vorgesehen:

1) Der innere Teil der bisherigen Schweizer Straße zwischen Marktstraße und Bahn erhält wieder den ursprünglichen Namen Brunnerstraße.
2) Der äußerste Teil der Schweizer Straße zwischen der Kreuzung mit der Diepoldsauer Straße (Sport Mathis) und Staatsgrenze wird – wie schon bisher in der Verkehrspraxis – zum Teil der Diepoldsauer Straße.
3) Der mittlere Teil der Schweizer Straße zwischen der Bahnlinie und Sport Mathis behält seinen Namen und auch die Hausnummern bleiben bestehen.
4) Um Verwechslungen zu vermeiden, soll der bisherige Brunnerweg in Federmannweg umbenannt werden.
5) Der bisher namenlose Vorplatz des Salomon-Sulzer-Saales (ehemalige Synagoge) wird nach dem Emser Gelehrten und Rabbiner Aron Tänzer benannt.

Bekenntnis zur jüdischen Geschichte von Hohenems Die Vergabe dieser Platz- und Straßennamen im Jüdischen Viertel stellt ein klares Bekenntnis zu einem wichtigen Bestandteil Hohenemser Identität dar. Die Umbenennungen von Teilbereichen der bislang mehrfach unterbrochenen Schweizer Straße dienen einerseits dem praktischen Zweck der besseren Auffindbarkeit. Gleichzeitig sollen die Benennungen auch klar das Jüdische Viertel als Ensemble mitdefinieren und seine vielgestaltige Geschichte bewusst machen. In einem Fall wurde die Entscheidung getroffen, einen bis 1938 bestehenden Straßennamen wieder im ursprünglichen Sinne anzuwenden.

„Brunnerstraße” – Familie Brunner

Der oberste Teil der heutigen Schweizer Straße, der zusammen mit der Marktstraße in den Schlossplatz mündet, trug bereits einmal den Namen „Brunnerstraße“. Mit der Umbenennung soll die Straße wieder den selben Namen erhalten, den sie bereits von 1909 bis 1938 hatte, und der durch die Nationalsozialisten abgeändert worden ist.

Die jüdische Familie Brunner war von Mitte des 18. bis Beginn des 20.Jahrhunderts in Hohenems ansässig und zunächst mit einer kleinen Metzgerei und einem Viehhandel erfolgreich. Besondere Bedeutung erlangte Marco Brunner mit einem Manufakturwarengeschäft und später als Bankier, der im „Brunnerhaus“ (heutige Schweizer Str. 33) wohnte; sein Engagement für Belange der Gemeinde wie auch seine Unterstützung sozial Bedürftiger machten ihn zu einem respektierten Bürger. Sein Sohn Lucius, ein Jurist, engagierte sich für eine direkte Bahnverbindung von Hohenems ins schweizerische Rheintal und leitete ein Wiener Bankhaus. Als Mitglied im Wiener Gemeinderat setzte er sich zur Zeit Bürgermeister Karl Luegers für die Rechte der Juden ein. Die Familie hat heute noch zahlreiche Nachkommen in den USA und Europa; zu Hohenems und dem Jüdischen Museum bestehen mehrere Kontakte.

„Federmannweg” – Moritz Federmann

Mit der Wiedereinführung der Straßenbezeichnung „Brunnerstraße“ muss der 1961 vergebene Name „Brunnerweg“ für den angrenzenden kurzen Weg abgeändert werden, um Verwechslungen zu vermeiden.

Der „Federmannweg“ verweist auf einen der bedeutendsten Pädagogen Vorarlbergs, Moritz Federmann, der in der in unmittelbarer Nähe gelegenen Jüdischen Schule wirkte. Federmann (geb. 1840 in Wscherau, gest. 1916 in Hohenems), ein Vertreter des liberalen, aufgeklärten Judentums im 19. Jahrhundert, gilt als der bedeutendste Lehrer an der Jüdischen Schule, an der er von 1862 bis zur Schließung 1913 unterrichtete. Der Schulmeister hatte sich als fortschrittlicher Pädagoge einen ausgezeichneten Ruf erworben und maßgeblich Anteil am Renommee der Bildungseinrichtung bei Juden wie Christen. Federmann war im Vorstand der Jüdischen Gemeinde Hohenems und im Landesmuseumsverein aktiv; er wurde vom Kaiser für seine Verdienste ausgezeichnet.

„Aron-Tänzer-Platz” – Aron Tänzer

Mit dem „Aron-Tänzer-Platz“ vor dem Salomon-Sulzer-Saal soll einer engagierten, historischen Persönlichkeit Tribut gezollt werden, die in wenigen Jahren deutliche und nachhaltige Spuren in Hohenems hinterlassen hat. Der Rabbiner Dr. Aron Tänzer (1871-1937), studierte Philosophie,

Germanistik und semitische Philologie in Berlin und trat 1896 eine Rabbinerstelle in Hohenems an, die er bis 1905 innehatte. Danach war Tänzer als Rabbiner in Göppingen tätig, für seine Arbeit als Seelsorger an den Fronten des 1. Weltkrieg wurde er hochdekoriert. Aron Tänzer, der u.a. das Hohenemser Stadtarchiv begründete, nimmt eine wichtige Rolle der Geschichtsforschung in Vorarlberg ein: Sein Band „Die Geschichte der Juden in Hohenems“ (1905) gilt als Standardwerk. Mittels zahlreicher Vorträge zu verschiedensten Themen, so beispielsweise im „Bildungsclub Hohenems“, war Tänzer überdies bestrebt, die Erwachsenenbildung zu kultivieren.

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