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Steve Reich und "Rosas" bei Salzburg Biennale

Die frühen Werke von Steve Reich erinnern an Konzerte von Zikaden in südlicher Mittagshitze. Auch die Rhythmik, die in fahrenden Zügen manchmal entsteht, dürfte den Minimal-Pionier inspiriert haben oder spärliches Regenwasser, das in Pfützen tröpfelt. Interview mit Steve Reich

In seinen vier Stücken “Piano Phase”, “Come out”, “Violin Phase” und “Clapping Music” hat Reich derartige Muster in musikalische Form gebracht. Und die Choreographin Anne Teresa De Keersmaeker hat sie von Klang in Bewegung transformiert. Die Salzburg Biennale präsentierte “Fase – four movements to the music of Steve Reich” am Donnerstabend im republic.

De Keersmaeker und ihre kongeniale Partnerin in Alltags-Klamotten der 80er Jahre (im Programmheft wird die zweite, nicht weniger virtuose Tänzerin namentlich nirgends erwähnt). Karges weißes Licht wirft raffinierte Schatten auf eine Leinwand: Simple aber energiegeladene Motive aus den Lautsprechern und dazu die synchronisierten Schritte, Handbewegungen und Drehungen. Immer weiter dreht sich das Rad der Wiederholungen, scheinbar ohne sich zu verändern. Doch Rhythmus und Bewegung verschieben sich minimal. Fast beiläufig kommt ein Akzent dazu, mischt sich zum alten Muster, und verändert es so, wie eine Pflanze wächst.

Und dann geht Reich einen Schritt zu weit. Sein Muster scheint zu stolpern, die Akzente heben sich gegenseitig auf, der Fluss bricht. Ein Ball zu viel im hochdynamischen Spiel mit Ungenauigkeiten. Doch bald gleiten die dichten, meditativ-saugenden Klanggeflechte wieder auf Schiene, und sowohl die akustischen als auch die optischen Wellenreiter haben eine Turbulenz überstanden.

Reichs Musik kreist um ein (in den 60er Jahren verpöntes) tonales Zentrum, das sich nur schleichend in kleinst möglichen Schritten ein wenig verändert. Wiederholung statt Veränderung. De Keersmaeker wiederum hat ihre Weltkarriere auf diesem kompositorischen Tabubruch aufgebaut und 1982 mit dieser Arbeit ihren Durchbruch als Choreographin geschafft. Tatsächlich sind ihre Körper meist ganz knapp dran an der Musik und dadurch konkret. Auch wenn natürlich keine Geschichte erzählt wird in dieser Formstudie von Synchronität und ihren Abweichungen. Großer Applaus im republic für die beiden Tänzerinnen von “Rosas”, die Choreographin und den Komponisten, der an diesem Wochenende im Zentrum der Salzburg Biennale stehen wird.

(Von Christoph Lindenbauer/APA)

 

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