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Starkstrom unter die Erde

Aargau, Gaschurn - Schweizer Höchstrichter: Unterirdische Leitungen können Strom und Geld sparen. Montafoner Initiative fühlt sich bestätigt.

Strom verschwindet, bevor er überhaupt ankommt: durch die Transportverluste, wenn er oberirdisch durch Hochspannungsleitungen fließt. Einiges an Energie ließe sich also sparen, wenn Strom nicht über, sondern unter der Erde transportiert wird. Zu diesem Schluss kommt das Schweizer Bundesgericht in Lausanne in einem kürzlichen Urteil. Die Gemeinde Riniken im Kanton Aargau und ihre Bürger wehrten sich gegen neue Hochspannungsfreileitungen des Stromkonzerns Axpo und bekamen vorerst Recht: Für eine Teilstrecke sprach sich das Höchstgericht jetzt für eine Erdverkabelung aus.

Unnötige Stromverluste

„Für die Verkabelung spricht das gewichtige energiepolitische Interesse an der Vermeidung unnötiger Stromverluste“, steht im Urteil. Stromkonzerne – wie auch die illwerke vkw in Vorarlberg – wehren sich gegen unterirdische Lösungen. Das Hauptargument ist ein finanzielles: eine drastische Erhöhung der Netznutzungsgebühren für Vorarlberger Haushalte und Wirtschaft wäre die Folge, wie zuletzt Landeshauptmann Herbert Sausgruber 2009 in einer Anfragebeantwortung an die Grünen schrieb. Die Schweizer Höchstrichter kommen in ihren Rechnungen zu anderen Ergebnissen: Bei einem Neubau könnten Erdkabel langfristig gesehen sogar billiger sein. Zwar würden die Investitionskosten für die unterirdische Lösung ein Mehrfaches als für Oberleitungen betragen. „Bei der Gesamtkostenrechnung müssen aber auch die erheblich größeren Energieverlustkosten der Freileitung mitberücksichtigt werden.“ Bei einer Betriebsdauer von 80 Jahren würden sich die Gesamtkosten von Erdkabel und Freileitung beim Projekt im Aargau annähern, bei steigenden Energiekosten sei die unterirdische Variante sogar noch günstiger. Im Urteil steht aber auch, dass der Kostenvergleich nur auf diese eine Strecke anwendbar ist. Bei ungünstigeren topographischen Verhältnissen könnte es anders aussehen.

Montafoner Initiative

Im Montafon hatte sich die Bürgerinitiative „Pro Nofatnom“ jahrelang für Erdkabel eingesetzt und Vorteile aufgezeigt: weniger Landschaftsverbrauch, Transportverluste und Elektrosmog. Erfolglos. Durch das Schweizer Urteil fühlt sich Thomas Bergauer, Sprecher der Initiative, jetzt bestätigt. „Wir wurden jahrelang als Spinner bezeichnet. Der politische Wille im Land ist aber einfach nicht vorhanden. Die Schweizer sind uns wieder einmal voraus.“ Er verweist aber auch auf Gesetzesbeschlüsse in anderen Ländern: In Dänemark etwa müssen alle Hochspannungsleitungen unterirdisch verlegt werden. Auch die bestehenden Trassen müssen bis 2040 unter der Erde verschwinden.

„Kein Bedarf“

Auf Vorarlberg sei das Schweizer Beispiel nicht anwendbar, da es derzeit keinen Bedarf an neuen Starkstromleitungen gebe, sagt Ludwig Summer, Vorstandsvorsitzender der illwerke vkw. Er rechnet jedoch damit, dass durch den Fortschritt das Thema auch in Vorarlberg beim Neubau von Leitungen aktuell werden könnte: „Wenn Deutschland den Ausstieg aus der Kernenergie forciert, sind Tausende Kilometer neue Leitungen nötig. Dadurch wird sich die Erdkabeltechnik weiterentwickeln. Größere Mengen wirken sich auch auf den Preis aus.“ Man müsse warten, wie sich die Technologie in der Praxis bewährt. (VN)

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