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"Stabile" EU-Skepsis der Österreicher

Die "Insel der Seligen" ist trotz der EU eine geblieben - und so soll es auch bleiben. So könnte eine komprimierte und pointierte Kurzfassung dessen lauten, was die Österreicher von ihrer politischen und wirtschaftlichen Situation sowie ihrer EU-Mitgliedschaft halten.

Konkret lautet eine der Schlussfolgerungen der jüngsten “Eurobarometer”-Umfrage, die am Freitag von EU-Außenkommissarin Benita Ferrero-Waldner in Wien vorgestellt wurde: “Die EU-Skepsis bleibt in Österreich offenbar stabil.” Allerdings können sich selbst die EU-skeptischen Österreicher einem EU-weitem Trend zur positiveren Betrachtung der Union nicht völlig entziehen.

Auf die Frage, ob sie die heimische EU-Mitgliedschaft generell für “eine gute Sache” halten, antworteten diesmal immerhin 38 Prozent der 1.015 Befragten mit einem “Ja”, beim letzten der halbjährlich durchgeführten “Eurobarometer” waren es noch 36. “Damit kommt der europaweit positive Trend langsam auch nach Österreich”, freut sich die EU-Kommissarin. Im Durchschnitt aller EU-Staaten kam es diesmal nur zu einer Zufriedenheits-Steigerung von einem Prozentpunkt – allerdings auf nun 58 Prozent. “Hier hat Österreich noch eine große Lücke zu schließen”, konstatiert Ferrero-Waldner. Sie führt die kaum gebrochene EU-Skepsis hierzulande auch auf die “schwierigen Themen” zurück, mit denen speziell Österreich in der jüngeren Vergangenheit aus Brüssel konfrontiert gewesen sei – von den Sanktionen gegen die schwarzblaue Regierung – der Ferrero-Waldner als Außenministerin angehörte – über die schwierigen Transitverhandlungen bis zum Streit über den Uni-Zugang in Österreich.

Was die Kommissarin wieder fröhlicher stimmt, ist die Betrachtung der demografischen Struktur der Haltung zur EU, vor allem in Bezug auf die Altersgruppe der Befragten: Sind doch wenigstens bereits 63 Prozent der 15-24-jährigen der Meinung, dass die EU-Mitgliedschaft schon in Ordnung ist, 66 Prozent unter ihnen orten Vorteile dadurch. Kein Wunder, meint Ferrero-Waldner, sei doch die Jugend Hauptnutznießer etwa der EU-weiten Reisefreiheit oder von Stipendienprogrammen wie “Leonardo” und “Erasmus”. Mit zunehmendem Alter der Befragten nimmt die Zustimmung dann aber wieder kontinuierlich ab.

Wie die Österreicher an sich laut “Eurobarometer” mit sich und ihrem Land deutlich zufriedener sind als mit dem gemeinsamen Projekt Europa in seiner gegenwärtigen Form. Bei genauerer Betrachtung der einzelnen Ergebnisse zeigen sich allerdings deutliche Ambivalenzen, wenn die Befragten sich einerseits voll großem Vertrauen in die heimischen, aber auch durchaus in die europäischen demokratischen Institutionen zeigen, gleichzeitig aber ihre EU-Skepsis vorwiegend damit argumentieren, dass in der Union ohnehin die Großen das Sagen hätten (85 Prozent) und die österreichischen Interessen in Brüssel zu kurz kämen (57). Verbunden mit dem europaweit inferioren Vertrauen in die politischen Parteien (18), das in Österreich (30) sogar noch überdurchschnittlich ist, kommt Berichts-Autorin Heike Hausensteiner fast zwangsläufig zur Conclusio: “Es scheint an den verantwortlichen Personen zu liegen.” Und präzisiert: “PolitikerInnen mögen, wiewohl freiwillig, eine schwierige Tätigkeit ausüben, aber sie haben anscheinend Verbesserungsbedarf.”

Klare Meinungen haben die Österreicher dazu, was sie von der EU wollen – und was ganz sicher nicht: Der Euro (68 Prozent), die gemeinsame Außenpolitik (66) und eine gemeinsame Sicherheits- und Verteidigungspolitik (65) werden überwiegend befürwortet, während weitere Erweiterungen der Union mit nur 24 Prozent Zustimmung ein klares Minderheitenprojekt sind.

Dass die Ergebnisse der “Eurobarometer”-Umfrage allerdings nicht immer auf restlos nachvollziehbare Haltungen zurückgeführt werden können, zeigt ein Klassiker der Fragestellung nach der Haltung zur Einwanderungspolitik: Fast die Hälfte der Befragten (46) findet, dass die EU in der Zuwanderungsfrage eine negative Rolle spielt. Folgerichtig antworten die Österreicher – aus dem EU-weiten Trend deutlich ausscherend – dass in Immigrationsfragen nationale (57) und nicht gemeinsame EU-Maßnahmen (41) das Mittel ihrer Wahl sind. Gleichzeitig stimmen aber 68 Prozent derselben Befragten der Aussage zu: “Die EU sollte eine gemeinsame Einwanderungspolitik gegenüber Menschen aus Ländern außerhalb der EU haben.”

Was jedenfalls den heimischen Journalisten zur Freude gereichen wird: Viel Vertrauen genießt bei den Österreichern die EU-Berichterstattung von Printmedien (62), Radio (71) und TV (72), wohingegen das Internet als Informationsmedium nur von 40 Prozent als vertrauenswürdige Quelle betrachtet wird.

Erste europaweite Ergebnisse der neuen “Eurobarometer”-Studie
http://ec.europa.eu/public_opinion/archives/eb/eb68/eb68_first_de.pdf

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